Pörksen Judith

Kolumne: Beim Namen nennnen

Was würde ich tun, wenn ich in der Ukraine leben würde und wüsste, dass die feindlichen Panzer immer näherkommen? Was würde ich tun, wenn ich als Frau in Afghanistan unter dem Taliban-Regime leben müsste? Ich denke, dass ich fliehen würde, zusammen mit meiner Familie. Allerdings müssen in der Ukraine die Frauen ihren Männern «Adieu» sagen; wer weiss, vielleicht für immer.
Am bevorstehenden Flüchtlingstag werden vom Samstag, 18. Juni um 12 Uhr bis Sonntag, 19. Juni um 12 Uhr in der Berner Heiliggeistkirche 24 Stunden lang ununterbrochen Namen gelesen. Es sind die Namen derer, die auf der Flucht gestorben sind. Wer mithelfen will, die Namen zu lesen, ist willkommen. Die Namen werden auf Stoffstreifen geschrieben und hängen an der Fassade der Heiliggeistkirche.
Um die tödliche Gefahr der Flucht abzuwenden, wären sichere Fluchtwege nötig. Um darauf hinzuweisen, wurde eine Holzbrücke vom Bahnhofplatz durch ein Kirchenfenster in die Heiliggeistkirche gebaut.
Das bedeutet nicht, dass wir unbegrenzt Geflüchtete aufnehmen können. Es bedeutet aber, nach Wegen zu suchen, das Elend von Geflüchteten zu verringern.
Die Holzbrücke wird auch am Stadtfest noch stehen. Sie steht auch für die Brücken von Mensch zu Mensch. Es ist ermutigend zu erleben, wie viele Menschen unter uns hilfsbereit sind und füreinander da sind – von Mensch zu Mensch.

Judith Pörksen Roder
Synodalratspräsidentin der Ref. Kirchen Bern-Jura-Solothurn

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