Wie viele Menschen habe ich eigentlich keine Angst vor dem Tod. Aber es beschäftigt mich, dass es für viele Dinge in meinem Leben zu spät sein könnte: zu spät, um noch einmal neu anzufangen; zu spät, um sich nach einem Streit zu versöhnen; zu spät, um viel Zeit mit meinen Kindern oder meiner Partnerin zu verbringen; zu spät, um alle Träume zu verwirklichen. Die Zeit läuft für wichtige Entscheidungen und Taten ab. Gut möglich, dass ich in meinem Leben etwas verpasse! Das macht mir Angst.
Noch ängstlicher werde ich, wenn ich daran denke, dass wir alle als Menschheit wesentliche Entscheidungen verpassen könnten. Die Zeit läuft ab – auch für Veränderungen in unserer Lebensweise als Menschheit. Das ist keine Einbildung einer schwedischen jungen Frau, sondern wissenschaftlich gesehen wahrscheinlich.
Natürlich könnte ich als religiöser Mensch sagen: Wenn es für eine Zukunft im Diesseits zu spät ist, gibt es wenigstens noch das Jenseits, einen besseren himmlischen Ort. Irgendwie will mich das nicht von meiner Angst befreien. Während ich in einer anderen Dimension im «Himmel» wäre, müssten andere in einer zerstörten und ungeniessbaren Erde weiterleben. Da müsste ich schon betäubt oder bewusstlos sein, um in einem solchen Himmel leben zu wollen.
Deshalb sehe ich nur einen Umgang mit meiner Angst vor dem «zu spät»: nicht verdrängen oder wegschieben, sondern möglichst gelassen akzeptieren. Die Angst ist angemessen, aber sie soll nicht lähmen, sondern zum Handeln motivieren. Es gibt keinen besseren Zeitpunkt, etwas zu tun als jetzt. Meine Handlungsmöglichkeiten werden mit jedem Augenblick weniger gross. Vielleicht treibt meine Angst vor dem «zu spät» mich an, mit meinem Verhalten mehr «Himmel» in diese Welt zu bringen. Dann fehlt eigentlich nur noch, dass ich nicht der Einzige bin, der das so sieht. Bei aller angemessenen Panik sollten wir realistisch bleiben und zusammen etwas unternehmen.