Kolumne Christian Walti Pulli (1) (1)

Kolumne: Christian Walti, «Jenseits»

«Das ist jenseits», sagte Oli, «die hätten sich ja kaum etwas Komplizierteres einfallen lassen können als Himmel und Hölle, Engeli und Tüfeli, in einer Parallelwelt und wir nach dem Tod da drin, zwischen Wolken oder Feuerflammen.» Oli und ich reden schon lange über den Tod, im Death Café alle paar Monate in der Zar Bar, so auch an diesem Abend vor zwei Jahren.
Ich finde diese klischeemässigen Bilder von Himmel und Hölle ja auch ziemlich «jenseits» – weit weg von dem, was ich als Pfarrer glauben kann. Wenn wir im Death Café mit den unterschiedlichsten Menschen darüber reden, was der Tod bedeutet, sprechen wir in ganz anderen Bildern. Ein Mitdiskutierender warf ein, dass er sich den Tod als eine grosse Auflösung vorstellt: Die Atome finden neue Formen. Er wird Teil des grossen Ganzen. Alles ohne Angst und Schmerzen, denn er würde das ja gar nicht mehr mitbekommen. Das fanden viele andere spannend. Und trotzdem musste es doch etwas geben, das nach dem Tod bleibt. Ein Geist? Eine Erinnerung? Eine Stimme, die sich im Unterbewusstsein unserer Angehörigen meldet?
«Wenn etwas bleibt, dann soll es eine gute Eigenschaft von uns sein», meinte eine jüngere Frau. «Jenseits verwandeln wir uns in ein Lächeln, einen weisen Ratschlag oder ein ermutigendes Wort für unsere Nachwelt. Den Rest vergessen wir.» Allgemeines Nicken. Wir waren uns selten so einig im Death Café. «Wenn uns das nur schon im Diesseits gelingen würde», seufzte einer der Stammgäste. Und ich begann irgendetwas über Auferstehung und Ostern zu erklären und dass schon Jesus gewollt hätte, dass wir uns weniger um das Leben nach dem Tod und mehr um das Leben vor dem Tod kümmern sollten. In seinen Worten: «Der Himmel ist mitten unter euch.» Das war den meisten dann aber doch etwas zu jenseits.

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