Sonntagabend, 20 Uhr, «Tatort»-Zeit im TV. Ich mache es mir auf dem Sofa gemütlich und bin gespannt, wie die Ermittlerinnen den Fall lösen. Die Folgen sind Kult und ich gehöre zur treuen Anhängerschaft. Wiederkehrende Charaktere, attraktive Schauplätze in grossen Städten, spannungsgeladene Musik. Die unvermeidliche Friedhof-Szene mit Pfarrperson, Bestatterin und Trauergesellschaft interessiert mich besonders. Manchmal muss ich schmunzeln, weil die Szenen realitätsfremd daherkommen. Doch bestimmt geht es Polizistinnen und Polizisten auch so. Ein Krimi ist Fiktion, hat mit der Realität nicht viel zu tun. Ich gehe jedoch davon aus, dass Bestattungsszenen in Filmen und Serien das Bild von «Gottes Bodenpersonal» ebenso prägen wie reale Begegnungen. Kürzlich sah ich eine groteske Szene in einer Netflix-Serie. Eine Trauergesellschaft stand neben einem offenen Grab, daneben ein riesiger Erdwall mit eingesteckter Schaufel. Der Pfarrer verschwindet fast daneben und redet geschwollen und unpersönlich über die Köpfe der Trauernden hinweg. Wenige Minuten später ist der Fall gelöst, der Abspann läuft, ich schalte den Fernseher aus. Das Böse ist für heute gebannt. Ich bin als Zuschauerin «erlöst». In der Realität frage ich mich manchmal, was das bedeutet, erlöst zu sein. Eine gewisse Grundspannung scheint im Leben immer dabei zu sein. Doch zuweilen geschieht es, dass sich knifflige Fälle und ausweglose Situationen lösen. Das ist dann Gott sei Dank sehr real
