Ich bin wirklich nicht ungelenk mit Ritualen. Aber welche Rituale passen zum Muttertag? Ich mag den Tag nicht. Vor ein paar Jahren ist die Eröffnung des Freibades mit dem Muttertag zusammengefallen. Ich machte mich also auf zum ersten Schwumm im kühlen Nass. Das Ziel: Untertauchen und alle Rollen für einen Moment hinter mir lassen. Da an diesem Tag nur die hartgesottenen Badegäste fürs Wasser parat waren, fiel das Bad sehr entspannend aus. Kein Pulk im Kleinkinderbecken, keine sich selbst inszenierenden Jugendlichen auf dem Sprungbrett. Mutters Seele konnte entspannen. Die Antennen waren nicht ständig auf Empfang wie sonst. Ob ich dieses Jahr wieder zu solcherlei Vergnügen aufbreche? Mutter muss zuerst den Wetterbericht konsultieren. Oder dann vielleicht doch besser die BEA besuchen? Mutter könnte sich über die vielen Geschenke freuen, die sich die Kinder raffgierig in die Taschen und in den Mund stecken. Das obligate Selfie mit Familie auf dem Riesenrad wäre Pflicht. Doch halt: Jetzt wird es richtig kompliziert. Mutter ist auch noch Tochter und Schwiegertochter! Reicht der Platz in der Gondel für einen Generationenausflug? Der Arm für das Selfie müsste sehr lang sein. Und die Liste unausgesprochener Erwartungen, die seltsam in der Luft hängt, ist wohl nicht kürzer. Dann doch lieber den Schausteller fragen, ob er uns ablichten kann. Für wen ist dieser Tag eigentlich da? Mutter schafft es, selbst daraus eine Pflicht zu machen. Die Pflicht, sich gefälligst etwas zu gönnen und auch zu schauen, dass die anderen es gut haben dabei. So nicht! Ich möchte ein neues Ritual einführen. Das Ritual des Lassens. Und somit wäre vielleicht ein würziger Mango-Lassi das richtige Getränk für den Start in den Muttertag.