Junge senden mündliche E-Mails. Ja, sie sprechen Sprachnachrichten aufs Telefon und der oder die Angerufene muss etwas zum Notieren parat haben beim Abhören, damit nichts vergessen geht. Eine Telefonscheu scheint bei Jüngeren verbreitet zu sein, und das, obwohl noch nie so viele ein Telefon besessen haben. Statt sich schnell zu verabreden, senden Jugendliche immer wieder Sprachnachrichten hin und her, bis sie schlussendlich vielleicht verabreden, später mal spontan zu schauen.
Eine Generation verlernt gerade das Telefonieren, denn viele Dienste und Firmen sind online erreichbar.
Früher gab es eine Telefon-Anleitung: laut und deutlich sprechen, auch zum Fräulein vom Amt – zum Hundertelfi – freundlich sein. Die PTT gab Kurse im korrekten Fernsprechen. Damals hatte der Akt des Telefonierens einen offiziellen Charakter: das Telephon, schwarz und bakelitig, hing im Eingang und alle konnten mithören. Über die Jahrzehnte hat sich der Apparat «intimisiert». Mit dem schnurlosen Telefon zog man sich ins Zimmer zurück.
Telefonieren ist eine sehr direkte Kommunikation, eine, die unter Umständen Reaktionen und Emotionen auslöst und spürbar macht. Auch Unangenehmes.
Die Zeitansage wird noch angerufen, um zu üben oder weil sich am anderen Ende niemand Lebendiges meldet?
Am Neujahrsmorgen 2017 rief mich um 6.30 Uhr das Inselspital an, um den Hinschied meiner Mutter mitzuteilen.
Marc P. Sahli, Mitarbeiter, ref. Gesamtkirchgemeinde Bern