Die australische Palliative-Pflegefachperson Bronnie Ware hat vor einigen Jahren ein Buch geschrieben, das ziemlich Furore gemacht hat: «Fünf Dinge, die Sterbende am meisten bedauern». Das sind die fünf Dinge:
• «Ich wünschte, ich hätte den Mut gehabt, mein eigenes Leben zu leben.»
• «Ich wünschte, ich hätte nicht so viel gearbeitet.»
• «Ich wünschte, ich hätte den Mut gehabt, meine Gefühle auszudrücken.»
• «Ich wünschte mir, ich hätte den Kontakt zu meinen Freunden aufrechterhalten.»
• «Ich wünschte, ich hätte mir erlaubt, glücklicher zu sein.»
Es sind Wünsche, die mir, als ich sie zum ersten Mal las, sofort eingeleuchtet haben und mich zugleich auch nachdenklich stimmten. Mache ich das alles in meinem Leben? Sollte ich etwas anderes tun, damit ich am Lebensende weniger zu bedauern habe? Also beispielsweise sofort weniger arbeiten? Dazu eine kleine jüdische Geschichte voller Witz und Esprit: Der alte Moshe Teitelbaum liegt im Sterbebett: «Sarah, mein geliebtes Weib, bist du hier?» «Ja Moshe, ich werde nicht von deiner Seite weichen.» «Und Isaak, mein einziger Sohn, bist auch du bei mir?» «Ja, Dade, ich bin auch hier.» «Und Hanna, meine Tochter, mein Augenstern, bist auch du hier?» «Natürlich bin ich hier, Dade.» Da bäumt sich der Alte auf und brüllt: «UND WER ZUM TEIFEL NOCH MAL IST DANN IM LADEN?!» Die inspirierende Liste von Bronnie Ware hat eine Schattenseite. Sie kann sich unter der Hand in ein Programm verwandeln, wie das Leben sein sollte. Doch wie wäre es, das eigene nicht mit dem (kritischen) Blick des Bedauerns anzusehen, sondern liebevoller und entspannter, einverstanden mit allem, was wir gelebt haben, mit dem Unglück und dem Glück, dem Mut und der Feigheit, der Nähe zu anderen und der Distanz, mit allem, was darin war, einfach weil es unser Leben war?