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RATGEBER: Und plötzlich bin ich ganz allein

Herr Brunner, 67 Jahre alt, ist seit einem Jahr Wittwer. Seine Frau Erna ist nach kurzer Krankheit verstorben. Gemeinsame Pläne im Alter hatten sie viele: eine Reise in den Norden, den Garten geniessen, mit den Enkelkindern die Aare entdecken. Nun ist Herr Brunner allein. Tagein, tagaus. Alles erinnert an Erna. Die Stille ist erdrückend. Im viel zu grossen Haus breitet sich eine Leere aus. Und doch fühlt er sich ihr gerade hier nahe. Nach 40 gemeinsamen Jahren mit gemeinsamen Träumen, gemeinsamen Wünschen und auch gemeinsamen Hürden, die es zu meistern gab, sitzt Herr Brunner allein am Küchentisch. Stunden fühlen sich wie Tage an und selbst Minuten erscheinen ihm endlos lange zu sein. Über die Welt von Herr Brunner, die vorher leicht und bunt war, hat sich ein grauer Schleier gelegt. Ein zäher Nebel, den es nun zu durchbrechen gibt. Seine Kinder und Enkelkinder kommen ihn regelmässig besuchen und bescheren ihm unbekümmertere Momente. Wenn man ihn draussen auf der Strasse trifft, erkennt man ein Lächeln auf seinem Gesicht. Seinen Seelenschmerz sieht man nicht. Doch Herr Brunner ist einsam. Und mit jedem Tag nimmt die Einsamkeit weiter zu.

Wie gelingt der Schritt aus der Einsamkeit?
Wichtig ist, sich bewusst zu werden, dass im Fall wie dem von Herrn Brunner ein neuer Lebensabschnitt beginnt. Die Stütze, welche die Partnerin war, ist weggebrochen. Der Alltag definiert sich neu, Beziehungen und Freundschaften verändern sich und der Fokus liegt nicht mehr auf dem «Wir», sondern auf dem «Ich». Das ist ein Prozess, der seine Zeit braucht und von Person zu Person unterschiedlich lange dauert. Gefühle der Einsamkeit gehören dazu. Oftmals schämen sich Betroffene dafür und ziehen sich zurück, was mit der Zeit zu psychischen Problemen und Verbitterung führen kann. Frühzeitig darüber zu reden hilft. Mit jemandem aus der Familie, dem Umfeld oder auch mit der Dargebotenen Hand. Ein Gespräch kann ein erster Schritt aus der Einsamkeit sein und neue Impulse geben. Herr Brunner hat sich einer Nachbarin anvertraut und ist nun Teil einer Wandergruppe. Er ist froh, dass er den Mut gefasst hat, über seine Einsamkeit zu sprechen.

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