Im Winter wird François Loeb 79. Der legendäre Berner Unternehmer geniesst sein Alter – stören tut es ihn nur in Ausnahmefällen.
Wo erreiche ich Sie gerade?
Im Schwarzwald, genauer gesagt im Hexental, wo ich meinen Alterssitz habe. Ich sitze im Garten und geniesse die Sonne.
Sind Sie Bern überdrüssig geworden?
Oh nein, gar nicht. Doch meine Frau hat eine Musikprofessur in Freiburg und konnte ihre Studentinnen und Studenten natürlich kaum einfach so nach Bern verlegen. (lächelt)
Wie häufig sind Sie denn noch in unserer Hauptstadt?
Etwa alle 10 bis 14 Tage, vor allem auch wegen meiner Familie und der Enkelinnen. Dazu besuche ich ab und zu Zürich und Luzern, Basel finde ich kulturell sehr interessant. Von hier aus ist man ja in etwa einer halben Stunde in der Schweiz und sehr schnell in Frankreich.
Gehen Sie selbst noch in Ihrem eigenen Warenhaus einkaufen?
Wenn ich da bin und etwas brauche: sicher. Ich kenne nach wie vor viele Angestellte, jedoch immer weniger. Was ich sehr gerne mache: mit meiner Tochter Nicole oder einer meiner Enkelinnen im Tibits einen Kaffee trinken.
Geben Sie Ihrer Tochter eigentlich berufliche Tipps?
Nein, das ist ein Tabuthema. Nicole macht das hervorragend – so wie ich das selbst nicht gekonnt hätte. Als Gegenpol zu Amazon und Co. «metzget» sie sich mit einem verhältnismässig eher kleinen Warenhaus in einem schwierigen Markt hervorragend.
Im Dezember werden Sie 79. Was bedeutet Ihnen diese Zahl?
Nicht viel. Es ist wie so oft: Im Kopf fühle ich mich viel jünger. Ich habe mich darauf eingestellt, dass am Körper ab und zu etwas knackt und ich etwas mehr tun muss, um fit zu bleiben. Ich merke mein Alter daran, dass im Tram oder Bus ab und zu eine junge Frau für mich aufsteht – das versetzt mir dann jeweils einen Stich ins Herz. (schmunzelt)
Wie reagieren Sie?
Ich sage dann immer, dass ich ganz gerne stehe, bedanke mich aber höflich. Ich gleiche solche Situationen damit aus, dass ich für andere ältere Menschen ebenfalls aufstehe. (lacht)
Stören Sie sich am Begriff «alt»?
Nur, wenn es despektierlich gemeint ist. Insgesamt aber gibt mir das Alter mehr Gelassenheit und Lebenserfahrung. Zudem sollte man jeden Tag als Geschenk betrachten und immer die positive Seite der Medaille sehen. Ich lächle oft und Lächeln verändert die Welt. Das beobachte ich häufig, wenn ich mit meinem Twike unterwegs bin und mir Mütter mit ihren Kindern zulächeln.
Hand aufs Herz: Nennen Sie uns die Schattenseiten des Älterwerdens.
Dass ich von Menschen Abschied nehmen muss, die ich mochte und bewundert habe. Je älter man wird, desto häufiger passiert das. Deswegen ist der soziale Kontakt zu jungen Menschen wichtig, sonst wird man einsam.
Sie sassen zwölf Jahre lang für die FDP im Nationalrat. Verfolgen Sie die Politik noch?
Ich habe noch immer Kontakt zu damaligen Kollegen, aktiv mische ich mich hingegen überhaupt nicht mehr ein. Allerdings macht mir der Rechtsrutsch in Deutschland – Stichwort: AfD – Sorgen. Ich bewundere die direkte Schweizer Demokratie und das Milizparlament: Hier in Deutschland fehlt den Berufspolitikern oft die Nähe zu den Bürgerinnen und Bürgern. Sie kümmern sich erst kurz vor einer Wahl wieder um sie.
Ein Wort zum Wurmplakat der SVP.
Das ist typisch für diese Partei. Provozieren um des Provozierens willen! Ganzheitlich betrachtet hat die Bevölkerung aber immer wieder gezeigt, dass sie auf solche Sujets nicht reinfällt.
Im Bärnerbär publizieren Sie ab sofort viele der kurzen, süffisanten Geschichten aus Ihrem 2017 erschienenen Buch «Klein-Anzeigen».
Ja, ich suche Themen, die mit Emotionen verbunden sind. Kleinanzeigen sind für mich eine Art Roman, ich frage mich dann immer: Was steckt dahinter? Die Geschichten fangen stets ganz normal an und enden in einer Überraschung. Die Erzählungen sollen auch die Bärnerbär-Leserinnen und Leser dazu anregen, was mit jenen Kleinanzeigen in dieser Zeitung wohl ausgesagt werden könnte. Fantasie und Kreativität sind der Schlüssel des Lebens.
Welchen Wunsch würden Sie sich gern noch erfüllen?
Gesundheit für meine Familie. Dass ich Projekte wie mein Buch, in dem ich 140 Museen besuche und erkläre, warum man diese besuchen soll, weiterverfolgen kann. Und dass es der Schweiz weiterhin gutgeht.
Was gönnen Sie sich?
An einem Tag wie heute? Ein gutes Zmorge, dann werde ich schreiben, einige Pendenzen erledigen und dann, nach dem Zmittag, eine schöne Siesta machen.
Yves Schott.