Die Idee, die Stadt mit wechselnden Blumentrögen zu schmücken, ist nicht neu. Die Berner Schale genannte Pflanzentrog wird in der ganzen Stadt aufgestellt, über hundert Mal, meist auf öffentlichen Plätzen.
Dieses Jahr fanden die Schalen besondere Aufmerksamkeit, nicht nur bei Touristen, sondern auch bei der heimischen Bevölkerung. In der Elfenau haben wir die Initianten von Stadtgrün, Lukas Zurbuchen und Barbara Jörg, nach dem Echo zu dieser Aktion gefragt:
Es war überraschend und durchwegs positiv bis begeistert! Wir wollten nicht nur auffällige Blumenpracht bieten, sondern auch etwas für die Insekten tun. So gibt es nicht nur bunte Nektarpflanzen, sondern auch Fenchel und Dill als Futterpflanzen für die Schwalbenschwanz-Raupen. Viele Leute haben das erstaunt und erfreut beobachtet.
Was war im Jahr zuvor in den Blumenschalen?
2020 hat Corona das Produzieren und Aufstellen der Blumenschalen verhindert. Wir hatten schon damals die Idee, insektenfreundliche Duft- und Blütenpflanzen zu einem vielfarbigen Blumenarrangement zu kombinieren. Das wurde jetzt realisiert.
Und nächstes Jahr? Welche Blumen können wir erwarten?
Wir werden mit unseren Schalen noch einmal die Menschen in der Stadt anregen, nicht nur die Farbenpracht der Blumen zu bestaunen, sondern auch die Vielfalt der Insekten zu entdecken. Diesmal jedoch ohne Futterpflanzen für die Raupen.
Welche Insekten haben die Berner Schalen besucht?
Überraschend viele. Aber da müssen Sie Papa Papillon, den Berner Schmetterlingszüchter, fragen, der die Aktion begleitet hat.
Papa Papillon, was konnten Sie beobachten auf den hundert Berner Schalen?
Man könnte meinen, dass sich der regenreiche Sommer negativ auf die Fauna der Kleintiere ausgewirkt hätte. Dem war aber nicht so. Schon früh begannen Honig- und Wildbienen an den Nektarblüten zu saugen. Ebenso sah ich an sonnigen Plätzen Tagfalter, die überwintert hatten: Kleiner Fuchs, Tagpfauenauge, Admiral und C-Falter waren die häufigsten.
Und diese Schmetterlinge legten Eier?
Nein, nein. Das machen sie auf den Brennnesseln, und davon gibt es im Stadtgebiet leider nur wenige. Erst sehr spät kamen die ersten Schwalbenschwanz-Weibchen, angezogen vom Duft und vom Blütenstaub des Gewürzfenchels. Ich denke, dass sie in der Stadt Bern während dem ganzen Sommer über mehrere tausend Eier gelegt haben. Wie das so ist, kamen viele Eier und Raupen in die natürliche Nahrungskette. Vögel, Fledermäuse, Igel, Käfer, Spinnen, Wespen und andere Fressfeinde vertilgten einen grossen Teil davon, auch auf den Blumentrögen.
Jetzt verpuppen sich die überlebenden Raupen?
Längst nicht alle. Zum Verpuppen und Überwintern brauchen sie einen geeigneten Platz, wo sie sich an Seidenfäden aufhängen können – manchmal an trockenen Pflanzenstängeln. Meist verlassen sie die Blumenschalen und suchen Holz, einen Baumstamm, Busch oder auch einen Zaun, einen Balken oder eine Wand. Bei dieser Suche werden sie oft Beute von Vögeln oder kommen im Stadtverkehr unter die Räder.
Wie können sie gerettet werden?
Stadtgrün räumt die Blumentröge im Oktober weg und kompostiert die verblühten Pflanzen. Puppen würden dort nicht überleben. Deshalb wurden die Raupen sorgfältig entfernt und in die Zuchtanlage von Papa Papillon gebracht. Hier überwintern sie als Puppe artgerecht während der Kälte, bis dann im Frühling die Schmetterlinge schlüpfen.
Sollte Stadtgrün diese Aktion nicht im nächsten Jahr wiederholen, damit es wieder mehr Schmetterlinge in unserer Stadt gibt?
Nein, diese Förderung ist zwar der beste Anschauungsunterricht, trägt aber nicht zur langfristigen Vermehrung dieser Tierart bei. Früher gab es in jedem Garten Rüebli oder Fenchel. Deshalb heisst die Raupe auch Rüebliraupe. In diese Richtung müssen wir zurück, in dem wir in unseren Gärten schmetterlingsgerechte einheimische Wildblumen pflanzen. Am besten den Fenchel an sonniger Lage setzen, vorzugsweise den mehrjährigen Gewürzfenchel. Wer dort eine Raupe entdeckt, kann sie in einen geeigneten Netzbehälter, einem Aerarium, auf einem zweiten Fenchel im Topf grossziehen. So ist die Raupe vor Fressfeinden geschützt.Mit etwas Geduld kommt man so zu einer eigenen treuen Population.
Also rechtzeitig einen Fenchel pflanzen, denn im Frühling fliegen die Stadtschmetterlinge los und werden ihre Eier legen. Auch in Ihrem Garten, bitte schön!
Wie viele Schmetterlinge werden fliegen? Wann und wo?
Es sind etwas über 200 Falter. Der Zeitpunkt des Schlüpfens wird von der Natur bestimmt.
Vielleicht lassen wir sie quartierweise fliegen oder machen in der Elfenau einen fröhlichen Flugtag. Der Bärnerbär wird rechtzeitig berichten, wenn es so weit ist.
Marc de Roche





