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Mehrmals pro Jahr birgt er Ertrunkene

Boot statt Polizeiauto, Öl- statt Strassensperre: Der Job von Seepolizist Marco Krummen ist vielseitig. Oft schön, manchmal tragisch.

Strahlend blau fliesst die Aare heute dahin, kleine Fische tummeln sich im Wasser, am Rand des Bootshauses brüten Blasshühner. Idyllischer kann ein Arbeitsplatz kaum sein.

Kein Wunder tritt Seepolizist Marco Krummen seinen Dienst meistens mit einem Lächeln an. Sein Revier ist der Wohlensee, sein Arbeitsgerät ein Boot mit 150 PS. Im Sommer ist Krummen fast täglich auf dem See unterwegs, meistens im Team. «Die Seepolizei ist für die Sicherheit und Ordnung auf dem Gewässer zuständig», erklärt er. «Wir sind mit drei Hauptaufgaben unterwegs, nämlich verkehrs-, sicherheits- und gerichtspolizeilich.» Verkehrskontrollen, wie man sie auch aus dem Strassenverkehr kennt, gibt es auf dem Wohlensee ebenso. Neben der minimalen Schutzausrüstung und Wartung, überprüfen die Polizisten auch die Papiere. «Hier sind viele mit kleinen Booten unterwegs. Wenn jemand aber einen grösseren Motor hat, muss er eine Schiffsprüfung haben.»

Erwischt Krummen denn viele Temposünder und Betrunkene? Er schüttelt den Kopf und lächelt: «Nein, auf dem Wohlensee sind die Leute sehr ordentlich. Alle wissen von den regelmässigen Kontrollen und wir müssen selten jemanden verzeigen. Viel weniger als im Strassenverkehr. Und dank der Temporeduktion ist man hier gemütlicher unterwegs.»

Das Augenmerk der Seepolizei liegt auf Prävention und Aufklärung. So hat sie unlängst damit begonnen, am Aareufer aktiv Tipps weiterzugeben und Fragen rund um Wassersicherheit zu beantworten. Ein Service, der bei den Aareböötlern gut ankam. «Wir sind immer glücklich, wenn wir jemandem helfen können.»

Herrenlose Boote machen der Seepolizei zu schaffen
Der Schutzauftrag der Berner Seepolizei gilt ganzjährig, in der maritimen Saison zwischen April und Ende September sind Marco Krummen und seine Kolleginnen und Kollegen am aktivsten. «Die Saison mit Wasser-
aktivitäten wird immer länger», stellt er fest. «2022 hatten wir schon im März die ersten Gummiböötler. Wenn das Wetter gut ist, sind die Leute gerne im Oktober noch auf dem Wasser.»

Im Winter fahren die Seepolizisten ebenfalls Einsätze, kümmern sich um Wartungen und Training. «Wir müssen jährlich einen Schwimmtest bestehen und verschiedene Situationen trainieren.»

Krummen ist seit 18 Jahren bei der Uniformpolizei und wechselte 2016 zur Seepolizei. Für den wassersportbegeisterten Berner ein Traumjob. Am Job gefällt ihm vor allem die Vielfältigkeit. Einen durchschnittlichen Tagesablauf gibt es kaum, je nach dem, was die Aare der Seepolizei gerade vor die Füsse beziehungsweise vor den Bug spült.

Um den See für alle sicher zu machen und sauber zu halten, entfernen die Seepolizisten Treibholz und Unrat. Herunterhängende Seile oder angeschwemmte Bäume können gefährliche Hindernisse sein. Zudem schleppen sie manövrierunfähige Boote ab und sammelt herrenlose Gummiboote ein.

Gerade letztere machen der Seepolizei immer wieder zu schaffen. «Oft ist es so, dass die Leute aus dem Boot fallen und es leer weitertreibt. Wenn es dann in einer Sperre oder einem Wehr hängen bleibt, wissen wir nicht, ob jemand vermisst wird.»

Damit keine unnötige Suchaktion ausgelöst wird, rät die Seepolizei dazu, neben der obligatorischen Adresse auch eine Natelnummer auf dem Gummiboot zu notieren. «Dann können wir schnell anrufen und uns vergewissern, dass es allen gut geht.» Wer sein Boot verliert, sollte sich möglichst rasch bei der 112 oder 117 melden.

Da der Wohlensee ein Vogelreservat ist, behalten die Polizisten auch Flora und Fauna im Auge. Marco Krummen deutet zur Wand des Bootshauses, an der eine Barriere aus gelbem Gummi hängt. «Sollte mal Öl in den Wohlensee gelangen, können wir damit eine schwimmende Ölsperre errichten und die Feuerwehr kann den Schadstoff absaugen.»

Dramatische Momente
Krummens Einsatzgebiet reicht von Rubigen bis Niederried. «Wir sind nicht nur auf der Aare unterwegs, sondern zum Beispiel auch für den Moossee zuständig», erklärt er. Auch Saane, Sense und Schwarzwasser liegen in diesem Gebiet. Bei einem Hochwasser wie im letzten Jahr helfen die Seepolizisten auf den anderen Seen aus.

Jemanden direkt vor dem Ertrinken retten musste Krummen noch nie. «Aufgrund des grossen Gebiets sind wir selten zufällig genau dort, wo gerade ein Unfall passiert», sagt er. Doch: «So tragisch es ist, ist es leider mehrmals pro Jahr unsere Aufgabe, jemand Ertrunkenen zu bergen.»

Diese Unglücke lassen den Polizisten trotz aller Professionalität nicht kalt, das Schicksal der Betroffenen bewegt ihn. Dennoch liebt Krummen seinen Beruf und geniesst den Dienst. Die intakte Natur fasziniert ihn besonders. Nicht selten trifft er geschützte Tiere aus nächster Nähe an. «Hier im Bootshaus war auch schon ein Eisvogel und unten schwamm ein Biber durch. Bei schönem Wetter ist das wirklich der schönste Arbeitsplatz.»

Michèle Graf

Persönlich
Marco Krummen (49) stammt aus Bern und wohnt in Münchenbuchsee. Der gelernte Automechaniker ist seit 2004 Polizist und seit sechs Jahren bei der Seepolizei Wohlensee. Er ist liiert und hat zwei Kinder.

Wichtige Tipps der Seepolizei zum Aareböötle und Sport auf dem See

• An Bord immer eine Rettungsweste tragen
• Schlauchboot gut sichtbar mit Namen, Adresse und Telefonnummer beschriften
• Maximale Nutzlast des Bootes nicht überschreiten
• Boote nicht zusammenbinden
• Einstiegs- und Ausstiegsmöglichkeiten vorab in Erfahrung bringen
• Strömungsgeschwindigkeit
des Flusses und lokale Wetter­prognosen beachten
• Brückenpfeiler meiden und
in der Mitte des Flusses fahren
• Hitze- bzw. Kälteschutz mit­nehmen
• Alkohol erst nach der Schlauchbootfahrt

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