Die Mitglieder der Sanitätspolizei Bern leisten im Jahr rund 23 000 Einsätze. Die Arbeit ist anspruchsvoll und spannend. Wir haben mit einem Ausbildner und einer Studierenden gesprochen.
Schauplatz Murtenstrasse 111, Standort der Sanitätspolizei, ein Bereich von Schutz und Rettung Bern, verantwortlich für alle Unfall-, Notfall- und Krankentransporte in 38 Gemeinden der Region Bern.
Wir stehen in der grossen, hellen Halle, wo gerade mal zwei Ambulanzfahrzeuge stehen. Manfred Geissbühler, Rettungssanitäter und Berufsbildner, sieht unsere fragenden Blicke. «Alle im Tagesdienst verfügbaren Teams sind zurzeit im Einsatz, deshalb ist die Fahrzeughalle fast leer», erklärt er. Der Tagesdienst dauert von 7.15 respektive 8.15 bis 18.15 Uhr, danach kommt das Nachtteam zum Zug. Kommt ein Anruf auf die Nummer 144 der Sanitätsnotrufzentrale, gibts einen Einsatzbefehl aufs Handy, der danach ausgedruckt und mit Einsatzort, Startzeit, Patientenname und Stichwort zum Ereignis versehen wird.
Ein leises, schleifendes Geräusch erweckt unsere Aufmerksamkeit. Zwei Rettungssanitäterinnen gleiten an der Rutschstange vom ersten Stockwerk ins Erdgeschoss direkt in die Halle und eilen zum Ambulanzfahrzeug. Sie werden zu einem Einsatz nach Iffwil gerufen. Der grosse Monitor an der Decke zeigt immer die aktuellen Einsatzorte und die Teams. «Einzelne Teams befinden sich in sogenannten Warteräumen in Moosseedorf und Belp», präzisiert Manfred Geissbühler. «Sonst wäre die Hilfsfrist zu gross, da die Nachbar-Rettungsdienste unter Umständen auch unterwegs sind. Auf diese Weise ist das Einsatzgebiet besser abgedeckt.»
Nicht immer mit Blaulicht
Bei Einsätzen befinden sich immer zwei Rettungssanitäter:innen im Fahrzeug, wobei eine der beiden Begleitpersonen den Wagen steuert. Ein Arzt oder eine Ärztin ist nicht im Ambulanzfahrzeug. Die Sanitätspolizei Bern hat als einziger Rettungsdienst im Kanton Bern das sogenannte Notarzt-Zubringersystem.
Nach Eingang eines Notrufes mit höchster Dringlichkeit rückt eine Zweier-Equipe mit einem Rettungswagen und zusätzlich ein Notarztfahrzeug aus, welches sich auch zum Einsatzort begibt. Wird beim Patienten der Notarzt benötigt, begleitet er das Team. Falls seine Hilfe nicht gebraucht wird, ist er sofort wieder einsatzbereit und kann für andere Einsätze aufgeboten werden.
Wann wird mit Blaulicht gefahren? Dazu Manfred Geissbühler: «Grundsätzlich bestimmt das die Notrufzentrale, welche den Anruf entgegennimmt. Vor Ort entscheiden wir situativ, ob wir mit Sondersignal ins Spital fahren oder nicht. Wenn wir es mit einer lebensbedrohlichen Situation zu tun haben, schalten wir das Sondersignal ein.»
Alle Rettungsfahrzeuge sind mit der gleichen Ausrüstung bestückt: Monitor für Blutdruckmessung und Elektrokardiogramm EKG, Medikamente gegen Schmerzen auf Opiatbasis, gegen Allergien, Übelkeit, hohen Blutdruck, kreislaufstützende Medikamente und so weiter. Am häufigsten würden schmerzlindernde Medis benötigt, weiss Manfred Geissbühler zu berichten. In einem roten Rucksack befinden sich Infusionen und Medikamente. «Damit machen wir vor Ort die Erstversorgung des Patienten, bevor er ins Rettungsfahrzeug transportiert wird», ergänzt Cloé Herzog, die sich im 3. Ausbildungsjahr zur Rettungssanitäterin HF befindet.
Dankbare Patienten
Ein Dankeschön nach dem Einsatz gebe es oft, erzählt Manfred Geissbühler, am häufigsten bei der Übergabe im Spital. Hie und da melde sich jemand nach der Genesung bei der Sanitätspolizei. «Aber zum Alltag gehört es nicht.» Psychologische Betreuung für die Rettungssanitäter:innen – zum Beispiel nach besonders tragischen Einsätzen – werde von der Stadt Bern angeboten, doch bis jetzt habe er noch nie davon Gebrauch gemacht.
«Belastende Situationen besprechen wir im Team, wir unterstützen uns gegenseitig.» Die blau-gelben Engel von Schutz und Rettung Bern, auch wenn sie sich – bescheiden wie sie sind – nicht so sehen (wollen).
Peter Widmer
Manfred Geissbühler wurde 1991 geboren und wuchs in Heimberg auf. Der gelernte Polymechaniker schloss 2018 die Ausbildung zum Rettungssanitäter HF bei Schutz und Rettung Bern ab, wo er seither tätig ist, seit 2022 zusätzlich als Berufsbildner für die praktische Ausbildung.
Cloé Herzog, geboren 1996, wuchs in Belp auf schloss die Ausbildung zur Pflegefachfrau HF ab. Zurzeit ist sie im dritten Ausbildungsjahr zur Rettungssanitäterin HF bei Schutz und Rettung Bern.
Cloé Herzog: «Das Team ist die stärkste Stütze»
Warum wollen Sie Rettungssanitäterin werden?
Mich faszinierte schon von jeher medizinisches Wissen. Im Ausseneinsatz bei der präklinischen Beurteilung kommt mir das Know-how der Pflegefachfrauausbildung zugute. Auch schätze ich den Zusammenhalt in unserem «eingeschweissten» Team. Die Arbeit ist extrem abwechslungsreich, kein Tag ist wie der andere. Im Rahmen meiner Ausbildung zur Pflegefachfrau absolvierte ich eine Schnupperwoche bei Schutz und Rettung Bern. Es gefiel mir so gut, dass ich mich gleich um einen Ausbildungsplatz beworben habe.
Wo möchten Sie nach der dreijährigen Ausbildung eingesetzt werden?
Für mich ist klar, dass ich mich bei Schutz und Rettung Bern als Rettungssanitäterin fest anstellen lassen möchte, wenn ich die Ausbildung im Februar 2023 abgeschlossen habe.
Freude und Trauer liegen in diesem Beruf nahe beieinander. Wie gehen Sie damit um?
Wenn uns etwas bedrückt, ist das Team die stärkste Stütze. Eine gute Sozialkompetenz ist in meinem Beruf sicher sehr wichtig, um die richtigen Worte für Patienten und Angehörige zu finden.
Was sind Ihre beruflichen Ziele?
Kurzfristig sicher der erfolgreiche Abschluss der Ausbildung. Bei Schutz und Rettung Bern möchte ich noch mehr Einsatzerfahrungen sammeln. Ein Fernziel habe ich zurzeit noch nicht.
pw