Slider Bb Dargebotene Hand 5538
Daniela Humbel ist seit 2018 Verantwortliche für Kommunikation und Fundraising bei Tel 143. Fotos: Fabian Hofmann

Den Menschen zuhören und ihnen Zeit schenken

In der Adventszeit fürchten sich viele Menschen vor Einsamkeit. Oder sie sind überfordert wegen anstehender Familienfeste mit kauzigen Verwandten. Ein Gespräch mit Tel 143 kann da oft Wunder wirken.

Bei Konflikten, in Lebenskrisen und anderen anspruchsvollen Situatio­nen sind Menschen angespannt, gestresst, oft auch verzweifelt. Die Freiwilligen von Tel 143 schenken diesen Menschen Zeit und hören ihnen zu – 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr. Die Hilfesuchenden bleiben immer anonym und können deshalb frei reden und ihr Herz ausschütten. 

Tel 143 – Regionalstelle Bern
Rund 2500 Anrufe gehen jährlich bei der Berner Regionalstelle von «Tel 143 – Die Dargebotene Hand» ein, zirka ein Viertel davon in der Nacht. Der Telefon- und Chatdienst ist nicht mit einem kommerziellen Call Center vergleichbar, «bei uns engagieren sich Freiwillige, die der Gesellschaft etwas zurückgeben und mit ihrem Engagement bewirken wollen, dass es anderen Menschen besser geht.» Daniela Humbel, Verantwortliche für Kommunikation und Fundraising, ist seit 2018 bei Tel 143 dabei und möchte mit ihrer Arbeit bewirken, dass noch mehr Leute im Kanton Bern das Angebot kennen, nutzen oder mit einer Spende unterstützen.

Nimmt die Anzahl Anrufe in der Adventszeit zu?
Daniela Humbel: Wir erhalten in dieser Zeit generell mehr Anrufe und die Gespräche sind anders, ernster, besinnlicher und melancholischer. Die Leute ziehen am Jahresende Bilanz, reden über ihre Einsamkeit, vielleicht über den Verlust einer nahestehenden Person. Durch das Reden schöpfen einige auch wieder Hoffnung und sehen auf einmal Wege, wie es im nächsten Jahr vielleicht wieder besser wird. 

Was sind in dieser speziellen Zeit die grössten Sorgen und Ängste der Menschen?
Viele machen sich Gedanken über das anstehende Weihnachtsfest. Die einen haben Angst vor dem Alleinsein, die anderen machen sich Sorgen, weil sie nicht wissen, wie das Fest abläuft. Diese Treffen sind ja meist emotional überladen. Alles und alle sollen perfekt sein, mit dem Resultat, dass schlussendlich alle gestresst, ja verängstigt sind. Es gibt so viele belastende Familien-Situationen und Konfliktfelder, etwa in Patchwork-Familien oder in Familien, die sich nur einmal im Jahr mehr oder weniger freiwillig treffen.  

Es braucht schon etwas Mut, das Telefon in die Hand zu nehmen und die Nummer 143 zu wählen. In welchen Situationen sollte ein Mensch nicht zögern und sich Hilfe holen?
Wer in eine akute psychisch-emotionale Notsituation gerät oder wenn eine Person an den Punkt kommt, an dem sie mit ihren belastendenden Gefühlen und dunklen Gedanken allein nicht mehr fertig wird, sollte möglichst rasch handeln. Für diese Menschen sind wir da. Aber auch für alle anderen, die weniger akut gefährdet sind aber einen grossen Gesprächs- oder Redebedarf haben.

Ihre Freiwilligen sind bekanntlich keine medizinischen Fachpersonen. Wie können sie den Hilfesuchenden konkret helfen?
Es tönt vielleicht banal, aber sie sind einfach immer da, hören zu und schenken den Anrufenden ihre Zeit. Sie sind neutral, bewerten einen Menschen nicht nach Herkunft oder Sympathie, fragen nie nach Namen und sehen auch die Telefonnummer der hilfesuchenden Person nicht. Wir sind überzeugt, dass durch Reden am Telefon oder Schreiben im Live-Chat vorhandene Lösungsansätze aktiviert werden können. Viele bedanken sich am Ende des Gespräches, weil sie durch den verständnisvollen Austausch einen Ausweg aus ihrer belastenden Situation finden konnten.   

Wenn sie merken, dass es jemandem wirklich schlecht geht. Haben sie ein Netzwerk von Spezialisten?
Wir haben Adressen von Fachstellen, die wir auf Wunsch gerne weitergeben.  

Was qualifiziert oder motiviert die Freiwilligen, sich bei Tel 143 zu engagieren?
Sie wollen für Menschen da sein, denen es nicht gut geht. Viele schätzen die Gespräche, weil diese auch ihr Privatleben bereichern können. In einem einführenden achtmonatigen Ausbildungs-Kurs erhalten die Freiwilligen Einblicke in verschiedene Themen wie aktives Zuhören, Gesprächsführung am Telefon und viele weitere. Es ist eine sehr anspruchsvolle Arbeit, die Beratenden hören viel Leid und müssen mit belastenden Themen wie Depression, Suizidalität, Sterben, Sucht, etc. fertigwerden.

Jürg Morf

PERSÖNLICH

Daniela Humbel (40), Verantwortliche Kommunikation und Fundraising Tel 143.

Ausbildung: Kommunikations­planerin und Texterin 

Daniela Humbel wird mit ihrer Familie, ihrer Mutter sowie ihrem Göttibueb und seiner Familie Weihnachten feiern. Sie kocht gerne und serviert ihren Gästen jeweils ein feines mehrgängiges Festessen. 

 

Weitere Beiträge

Weitere Beiträge