Ab 1. April wird der Unternehmer die Geschicke der Gemeinde Bolligen leiten. Er sieht drei grössere «Baustellen»: Sanierung Infrastruktur, Finanzierung und Verwaltungsorganisation.
Herr Bergmann, direkt etwas Ketzerisches zum Einstieg: Würden Sie erlauben, dass Bern mit Bolligen fusioniert?
Vor einigen Jahren wurde eine Machbarkeitsstudie mit den Gemeinden rund um Bern hinsichtlich einer Fusion gestartet. Bolligen hat dabei auch mitgemacht. Am Ende hat sich nur eine Gemeinde dazu entschlossen, die Fusionsabklärungen zu konkretisieren. Bolligen selbst ist wohl noch nicht so weit. Wichtiger ist, dass man für so etwas in der Zukunft offenbleibt. Ausserdem arbeitet Bolligen bisher schon eng in bestimmten Themen, wie zum Beispiel der Feuerwehr, mit Bern zusammen.
Was wird für Sie die grösste Herausforderung als neuer Gemeindepräsident?
Meiner Ansicht nach, gibt es in Bolligen drei grosse «Baustellen», die wir angehen müssen. Zum einen ist das die Infrastruktur in der Gemeinde. Die wurde vor rund 40 bis 50 Jahren im Ganzen gebaut und müsste nun im Ganzen saniert werden. Darunter fallen Schulhäuser, Kindergärten, Betriebsgebäude für Feuerwehr und Werkhof und viele Werkleitungen und Strassen. Eine weitere Herausforderung ist die Finanzierung dieser Sanierungen. Diese anfallenden Kosten müssen entsprechend beglichen werden. Weiter muss die Verwaltungsorganisation angeschaut werden. Hier gibt es einige Verbesserungspunkte. Dies ist insofern wichtig, als dass wir auch als Gemeinde auf Fachpersonal angewiesen sind – und das ist ja bekanntlich Mangelware. Auch eine Gemeinde muss als Arbeitgeberin attraktiv sein.
Sie schreiben auf Ihrer Website, Sie seien «Brückenbauer und Gestalter zwischen der Bevölkerung, den Generationen, dem Gewerbe sowie der Politik». Was bedeutet das konkret für Bolligen und Ihre Amtszeit?
Als Unternehmer bin ich es gewohnt, miteinander Lösungen zu finden und Ziele zu erreichen. Das ist mir ein sehr wichtiges Anliegen. Der Teamgedanke wird bei mir grossgeschrieben. Daher werde ich sehr ziel- und konsensorientiert arbeiten. Deutliche Mehrheiten sind mir lieber als knappe Entscheide. Darauf arbeite ich als neuer Gemeindepräsident hin.
Der Umgang mit Menschen liegt Ihnen?
Ich glaube, das ist eine Stärke von mir, ja. Mir gelingt es, Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen zusammenzubringen und sie für ein gemeinsames Ziel zu motivieren. Das hat mir bei meinen unternehmerischen Tätigkeiten und auch meinen bisherigen Ämtern in der Verwaltung geholfen. Ausserdem finde ich die Arbeit mit Menschen sehr bereichernd. Man lernt immer wieder neue Persönlichkeiten kennen und kann selbst von ihnen etwas lernen.
Wie wollen Sie den Spagat zwischen Unternehmertum, Familie und Gemeindepräsident schaffen?
Tja, das wird tatsächlich eine der grösseren Herausforderungen werden (lacht). Wobei ich in dieser Hinsicht klare Vorstellungen habe und für den Start gut aufgestellt bin. Unsere drei Kinder sind erwachsen – hier müssen wir nicht mehr rund um die Uhr da sein. Unser Betrieb ist gut organisiert, meine Frau Annemarie und unser Sohn Cyril arbeiten bereits mit und übernehmen Verantwortung. Ich will mir dennoch Freiräume für alle Rollen schaffen. Dazu gehört für mich, dass ich mir meine Zeit klar einteile. Heute bin ich zum Beispiel Gärtner, und zwar ausnahmslos. Morgen widme ich beispielsweise meine gesamte Energie der Arbeit als Gemeindepräsident. So kann ich fokussiert arbeiten und entsprechend vorwärts machen. Neben der Arbeit in der Gärtnerei etwa noch fünf bis sechs Telefonate für die Gemeinde zu führen, haut nicht hin. Das würde dem Amt des Gemeindepräsidenten auch nicht gerecht.
Und wie viel Zeit planen sie für welche Tätigkeit ein?
Die Stelle des Gemeindepräsidenten ist auf 50 Stellenprozente angesetzt. In der Gemeinde möchte ich fix zwei Tage pro Woche verbringen und präsent sein. Dazu kommen dann die diversen Repräsentationsaufgaben. Den Rest der Zeit findet man mich hier, in der Gärtnerei.
Warum wollten Sie eigentlich Gemeindepräsident werden?
Ich bin schon seit zehn Jahren Gemeinderat von Bolligen und kenne die Menschen und die Aufgaben und Herausforderungen hier. Da lag
es für mich auf der Hand, diesen Weg einzuschlagen. Ausserdem habe ich bereits vorher in diversen Ausschüssen und Gremien gearbeitet So beispielsweise als Präsident der Berner Blumenbörse. Die Arbeit ist mir nicht fremd und hat mir immer Spass gemacht. Für mich ist das eine Art Ausgleich. Wenn ich in der Gärtnerei arbeite, freue ich mich auf die Zeit im Gemeindehaus und umgekehrt. Das ist eine Wechselwirkung, die sich positiv bedingt.
Sie sind bereits Gemeinderat. Werden Sie Ihr Ressort behalten?
Um die Gemeindefinanzen kümmere ich mich bereits seit sechs Jahren. Es ist sinnvoll, dass ich das weiterführe. Aber ja, oft hat das Gemeindepräsidium das Ressort Planung und Umwelt unter sich.
Warum ist Bolligen attraktiver als Bern?
Vom Bahnhof Bolligen ist man innerhalb von zehn Minuten am Bahnhof Bern und somit mitten in der Stadt. In Bolligen ist es noch ländlicher, aber dennoch gibt es hier alles, was man braucht, um zufrieden und glücklich leben zu können. Der Weg in die Natur ist kurz und es ist ruhig. Der Bantiger lädt zu einem Besuch ein – das machen übrigens auch viele Stadtberner:innen, wenn es dort mal wieder Nebel hat. Für junge Familien ist Bolligen ideal.
Dennis Rhiel
René Bergmann (58) ist Gärtner und Unternehmer und hatte schon immer mit Pflanzen zu tun. Der eidg. dipl. Gärtnermeister ist seit 2013 im Gemeinderat von Bolligen und leitet seit 2017 das Ressort Finanzen. Bergmann wird das Amt des Gemeindepräsidenten am 1. April antreten (kein Aprilscherz).