Slider Bb Tom Winter 0536

«Die Menschen machen die BEA aus»

Die BEA, welche vom 28. April bis 7. Mai 2023 stattfindet, wird 70: Anlässlich des Jubiläums erzählt BERNEXPO-Chef Tom Winter, wie der Spagat zwischen Tradi­tion und Überraschendem gelingt und warum die BEA noch lange keine alte Dame ist.

Tom Winter, nur noch wenige Tage bis zur BEA: Wie hoch ist ihr Durchschnittspuls derzeit?
So gegen 150 (lacht). Das kommt durch eine Mischung von Nervosität, positiver Anspannung und Vorfreude. Die BEA ist kein fixes Produkt, sondern die Summe des Sich-Treffens, von urban bis ländlich, zwischen Tradition und Innovation. Die Menschen machen die BEA aus.

Sind Sie während der BEA selbst viel auf dem Gelände unterwegs?
Ja, sicher. Mein Team und ich brauchen da Ausdauer und Machergeist. Meine schönste Erfahrung im letzten Jahr war eine Episode mit einem Kleintierzüchter vom Land, der mit einem urbanen Hipster über Zwerg­hühner diskutierte. Hier treffen Stadtmenschen auf ländliche Traditionen, eindrücklich. Die BEA schafft diesen Begegnungsort, den es so nirgendwo gibt.

Ist diese Messe für BERNEXPO die wichtigste im Jahr?
Ja, die BEA ist die grösste und auch längste. Mit 30 Messen und 300 Events im Jahr haben wir aber ein breites Portfolio.

Die BEA wird 70: In Menschenjahren wäre sie nun eine Seniorin. Bietet sie dennoch für alle etwas?
Absolut. Sie punktet einerseits mit dem Traditionellen: Tiere streicheln, Dinge ausprobieren können, degustieren. Und andererseits mit den neuen Bereichen: Seit einigen Jahren gibt es z. B. «BE Häppy». Letztes Jahr war die EPFL (École Polytechnique Fédérale de Lausanne) zu Gast. Wir schauen bewusst, dass wir für jüngere Gäste Spannendes bringen.

Es sind die Neuheiten, mit denen Sie begeistern wollen?
Ja, aber die BEA will keine Innova­tionsshow sein. Sie soll bewusst von der Tradition leben. Wir haben eine grosse Offenheit, schauen aber zum Beispiel auch, dass die Stand-Nachbarschaften zusammenpassen. Die Gliederung einer BEA ist über Jahrzehnte bekannt und gewohnt. Wir haben eine tolle Vielfalt, aber sie muss für die Besuchenden lesbar bleiben. Das wollen wir noch klarer machen, gerade im Hinblick auf die Neue Festhalle.

Nach der Messe wird die alte Halle abgerissen: Wie wird der Neubau aussehen?
Sie wird eher ein Premiumprodukt, nicht nur Festhalle, sondern zusätzlich ein multifunktionaler Kongress-Cube mit lichtdurchflutetem Foyer. Sie gibt uns vielmehr Möglichkeiten, gerade bei Kongressen mit über 1000 Teilnehmenden. Dazu gibt es eine Eventtechnik vom Feinsten mit verstellbarem Bühnenbild und einer 26-Meter-LED-Wand. Eine neue Liga.

Vorher gibt es das ByeBye-Fest für die alte Festhalle mit Konzerten und einem Cube: Was hat es damit auf sich?
Das Fest ist ein würdiger Abschied. Im Cube wollen wir die Zukunft der BERNEXPO vorstellen. Man kennt uns für die publikumsträchtigen Messen wie BEA, SwissSkills, Suisse Caravan Salon, aber daneben laufen noch hunderte andere Events. Zugleich blicken wir auf die Geschichte zurück. Es gibt Zonen, in denen man Erinnerungen festhalten kann. Hier erinnern wir an legendäre Konzerte der Rolling Stones oder der Bee Gees.

Verbinden Sie auch Kindheitserinnerungen mit der BEA?
Natürlich. Tiere und Zuckerwatte kommen mir da in den Sinn. Eine BEA spürt man in der ganzen Stadt. Die Trams sind geschmückt, die Spitalgasse ist beflaggt. Ich mag dieses Gefühl, wenn man merkt: Es ist wieder BEA. Gleichzeitig ist sie für uns Bernerinnen und Berner der Frühlingsstart.

Welche Highlights gibt es 2023?
Neben dem 70-Jahr-Jubiläum und der Verabschiedung der Festhalle wird es an der «tunBern.ch» um die Frühförderung in den MINT-Berufen gehen. Und der Cercle de Chefs, also der Zusammenschluss der besten Berner Köche, feiert sein 100-jähriges Bestehen. Neu sind in der Curlinghalle die Kleintiere untergebracht. Wir sind gespannt, wie diese Haustiere Zuspruch finden. Aber ich will diese Highlights nicht herauspicken. Denn hinter der Bühne machen wir ganz viel, was innovativ ist.

Was meinen Sie?
Wir lancieren an der BEA eine neue Webapp, arbeiten an Innovationen im Bereich der Anreise, unserer Vermarktung. All diese Massnahmen sind richtig gut gemacht, wenn man nicht gross darüber reden oder verkrampft innovativ sein muss.

Geht der Trend zur nachhaltigen Messe?
Sehr. Gerade bei Abfalltrennung – weniger Plastik, Wiederverwendung der Bauteile – und Tierwohl gibt es grosse Anstrengungen. Diese Hausaufgaben machen wir, bei 800 Ausstellenden lernen wir jedes Jahr dazu. Als ressourcenintensive Eventbranche tun wir gut daran, jetzt radikal nachhaltiger zu werden. Wir bauen eben Dörfer für zehn Tage. Das darf man hinterfragen.

Sie sagen oft, eine Messe ist ein Ökosystem?
Eine Messe wie die BEA ist eine Plattform, die durch Ausstellende und Gäste gelebt und belebt wird. Wir können nur Themen Raum geben. Letztes Jahr hatten wir eine DJane auf dem Festgelände, jeden Abend kamen ab 23 Uhr nochmals etwa 10 000 Gäste. Das hatten wir so nicht erwartet. Eine BEA plant man nicht auf dem Papier, die passiert da draussen.

Wie haben sich die BEA-Besuchszahlen in den letzten Jahren entwickelt?
2022 hatten wir so viele Gäste wie seit 1997 nicht mehr. Das war nach einem kleinen Abwärtstrend, ein Befreiungsschlag, könnte natürlich ein Post-Corona-Effekt sein. Wir hoffen, der Trend bleibt so positiv. Die Zahlen hängen aber auch z. B. vom Wetter ab. Wir freuen uns jedenfalls auf eine gleich grosse BEA wie letztes Jahr.

Warum kaufen Menschen Produkte immer noch gerne auf einer Messe und nicht online?
Es gibt zwei Effekte: Man kann die Produkte anfassen und dem Hersteller in die Augen schauen. Und viele kommen mit einem Kaufvorhaben, sind in guter Stimmung und entscheidungsfreudig. Spontan ergeben sich auch wunderbare Gelegenheiten.

Welche Bedeutung hat die BEA für Bern wirtschaftlich?
Definitiv bringt die Messe auch Leute in die Stadt, generiert Logiernächte, Ausgaben in Transport, Freizeit und Detailhandel. Die letzten Studien wiesen für jeden Franken Wertschöpfung am Event drei weitere Franken in der gesamten Volkswirtschaft. Das macht die BEA zu einem Event mit Relevanz.

«Die ganze Schweiz auf einer Bühne» ist das Motto 2023. Das ist ein vollmundiges Versprechen, oder?
Das wollen wir aber einhalten. Bern ist Bundeshauptstadt, die BEA soll national bedeutsam und mehrsprachig sein. Dennoch: Wir werden «bödelet» bleiben.

 

Michèle Graf

GESCHICHTE

Am 1. September 1951 feierte die BEA ihre Premiere. Highlights der ersten Durchführung waren ein Hausfrauentag, eine Herbst- und Wintermodeschau und ein Kabarett. Ausserdem gab es ein Gratis-
Kino auf dem Messegelände und einen Ballonwettflug für die Jugend. An der ersten BEA waren 160 Aussteller vertreten. 2020 und 2021 musste die BEA aufgrund der Corona-Pandemie abgesagt werden.

PERSÖNLICH

Tom Winter (48) wohnt in Bern. Er ist im Weissenbühlquartier aufgewachsen und Vater von drei Kindern. Winter war General Sales Manager und Deputy CEO Globus und in Senior Management Positionen in der Telekombranche im In- und Ausland tätig. Seit 2021 ist er CEO der BERNEXPO Groupe.

Weitere Beiträge

Weitere Beiträge