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«Die Nachricht löste mehr Emotionen aus als erwartet»

Am Freitag ist Museumsnacht. Gesamtprojektleiterin Sophie Noyer erklärt, was sie aus der Diskussion um die Oldtimer gelernt hat und wieso Strom sparen an diesem Abend eher symbolischen Charakter hätte.

Sophie Noyer, kommen wir mit unserer Interviewanfrage eigentlich ungelegen? Sie sind so kurz vor der Museumsnacht wohl im Dauerstress.
Keine Sorge: Alles läuft wie geplant, noch leiste ich keine Überzeit. Die stellt sich dann am Freitag von ganz alleine ein, wenn wir mehr oder weniger eineinhalb Tage ohne Unterbruch auf den Beinen sind.

Was sind aus Ihrer Sicht die Highlights der 21. Museumsnacht?
(Überlegt) Schwierig zu sagen. Es soll ja niemand speziell hervorgehoben werden, das Programm ist insgesamt sehr gut abgestimmt. Erwähnen könnte man vielleicht den Tierpark, der zum ersten Mal mit dabei ist. Das Kirchenfeld wiederum hat den Vorteil, dass sich in kurzer Distanz vieles auf einmal anschauen lässt. Andererseits gibt es da die ruhigen Ecken wie beispielsweise das Psychiatriemuseum oder das Zentrum Paul Klee, die dafür etwas weiter weg vom Zentrum liegen.

Schon 2022 konnte die Museumsnacht wieder ohne Corona-Einschränkungen stattfinden. Rechnen Sie trotzdem mit einem Besucheransturm?
Erfahrungsgemäss kaufen die Leute ihr Ticket am selben Tag, am Ticketschalter auf dem Bundesplatz – dort, wo das Erlebnis beginnt. Verkaufsprognosen wage ich keine, es dürften aber mehr Menschen kommen als letztes Jahr. Doch wir waren bereits vor der Pandemie mit den Besucherzahlen zufrieden und haben uns mit Werbung deshalb bewusst zurückgehalten. Wenn wir wieder die Zahlen vor Corona erreichen würden, wäre das fantastisch.

Das heisst?
Damals verzeichneten wir knapp 130 000 Eintritte. Das sind nicht die verkauften Tickets, denn im Schnitt besucht jede Person drei Institutionen. Um Genaueres zu erfahren, lancieren wir dieses Jahr eine Zuschauerbefragung. Ticketverkäufe hängen teilweise auch vom Wetter ab.

Was wünschen Sie sich folglich von Petrus?
Die Museumsnacht ist fast schon bekannt dafür, dass es an jenem Abend mild und trocken ist. Manche Anlässe finden draussen statt – Schnee oder Hagel wären also eher suboptimal.

Wird das Bundeshaus eigentlich trotz Energiekrise in vollem Glanz erstrahlen?
Ja, es wird beleuchtet sein. Auch weil die Energiemangellage weniger akut ausfiel als befürchtet.

Was, wenn Sie bei der Ausgabe 2024 plötzlich Strom sparen müssten?
Wir wären wohl oder übel gezwungen, auf grossflächige Beleuchtungen zu verzichten. Wobei heute vieles via LED funktioniert. Ausserdem dürfen etliche Institutionen den Strom so oder so nicht abstellen, weil sie ihren Kulturgütern gegenüber eine Verpflichtung haben und diese, um ein Beispiel zu nennen, klimatisiert sein müssen. Der Museumsnacht das Licht abzudrehen, hätte wohl eher symbolischen Charakter.

Dasselbe liesse sich allerdings auch über die Oldtimer sagen, die dieses Jahr aus ökologischen Gründen in der Garage bleiben müssen.
Die Museumsnacht ist ein Projekt von Museen Bern. Der Vorstand hat zu dieser Thematik einen Entscheid getroffen und sich gegen die Oldtimer ausgesprochen – diesen gilt es zu respektieren, der Beschluss ist kein politisches Statement. Dem Gurtenfestival redet schliesslich auch niemand ins Line-up rein. Aber klar, die Nachricht löste mehr Emotionen aus als erwartet. Deswegen werden wir solche Dinge in Zukunft behutsamer kommunizieren. 2021 führten wir übrigens eine Museumsnacht pur durch – da fuhren keine Oldtimer, und niemand hat etwas gesagt.

Wie reagieren Sie als Projektleiterin sonst auf gesellschaftliche Trends, auf Themen wie Klimawandel oder Feminismus?
Museen sind keine Orte, in denen bloss verstaubte Dinge gezeigt werden. Das Bernische Historische Museum befasst sich mit dem Thema Rausch, im Naturhistorischen geht es um queere Tiere, das Alpine Museum zeigte eine Ausstellung zu Nordkorea. An der Museumsnacht finden Sie alles, von moderner Kunst über Natur bis hin zur Relativitätstheorie. Sie ist genauso divers wie ihr Publikum.

Ebenfalls ein Zeichen der Zeit: Programmhefte drucken Sie keine mehr. Sie gehörten bereits 2022 der Vergangenheit an.
Richtig. Wir möchten Ressourcen schonen, gleichzeitig haben wir unsere Website überarbeitet. Das Online-Programm hat den Vorteil, dass es bis zum Schluss angepasst werden kann, zum Beispiel dann, wenn eine Künstlerin oder ein Künstler ausfällt. Die meisten Besucherinnen und Besucher haben ein Handy. Wer möchte, kann das Programm nach wie vor ausdrucken. Es sind nur wenige, die das physische Heft vermissen.

Ein weiteres aktuelles Thema ist die Teuerung. Müssen Besucherinnen und Besucher der Museumsnacht dieses Jahr tiefer in die Tasche greifen?
Ein Billett kostet 25 Franken. Diesen Preis haben wir seit 17 Jahren nicht mehr verändert. Was das Essen und Trinken anbetrifft, geben wir keine Richtlinien heraus. Wir empfehlen höchstens, ein Augenmerk auf regionale und saisonale Produkte zu haben sowie dem vegetarisch-veganen Trend Rechnung zu tragen. Wichtig ist uns zudem, vor Ort keine zusätzlichen Eintritte zu verlangen, etwa für eine Führung in einem separaten Raum. Wo es möglich ist, werden daher sogar die jeweiligen Shops geschlossen.

Wie sieht eigentlich Ihr Zeitplan aus? Wann ist Deadline für jene Institutionen, die gerne an der Museumsnacht teilnehmen möchten?
Spätestens im September müssen wir wissen, wer dabei ist. Anfragen im November oder Dezember sind definitiv zu spät.

Wie lauten die Aufnahmekriterien?
Wer Interesse hat, bewirbt sich als Gastinstitution und muss sich an den Gesamtkosten beteiligen. Anschliessend prüfen wir das vorgeschlagene Programm, das ins Gesamtkonzept passen soll. Für die Ausgabe 2024 sind bereits spannende Anfragen eingegangen. Uns ist wichtig, dass die Museumsnacht nicht als PR-Plattform benutzt wird. Die Diskussion um die Oldtimer hat gezeigt, wie schnell ein Thema politisch ausgeschlachtet werden kann.

Yves Schott

Sophie Noyer, geboren am 24. Januar 1979, studierte Medien- und Kommunikationswissenschaften sowie Zeitgeschichte in Fribourg. Nach einem kurzen Abstecher in die Öffentlichkeitsarbeit beim Inselspital wechselte sie zu den Museen Bern. Seit letztem Jahr ist sie Gesamtprojektleiterin der Berner Museumsnacht. Noyer ist verheiratet und hat zwei Kinder.

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