Die Bernerin Doris Hofer macht Menschen fit. Im Interview erklärt sie, wieso sie strikt gegen Diäten ist und was sie von Saftkuren hält.
Wieso nehmen wir im Winter eigentlich zu?
Möglicherweise haben wir diesen Effekt von unseren Vorfahren übernommen, als wir im Winter noch draussen lebten und der Kälte trotzen mussten. Eine andere Erklärung ist sicher die, dass wir im Sommer eher Lust auf leichte Kost wie Salat verspüren, während wir im Winter eher zu etwas Währschaftem greifen.
Wir bewegen uns auch viel weniger.
Ja, wer von der Arbeit nach Hause kommt, liegt tendenziell schneller aufs Sofa als im Frühling, wenn es draussen noch hell ist. Im Dunkeln joggen macht keinen Spass. Zudem sind die Fitnesscenter momentan ja geschlossen.
Was darf man im Winter also essen?
Meine Antwort wird die sogenannten Couch-Potatoes wohl enttäuschen: Ich bin strikt gegen Diäten. Jemandem zu sagen, er oder sie dürfe abends nur einen Salat oder ein Birchermüesli essen, bloss weil er den ganzen Tag vor dem Computer gearbeitet hat, ist doch deprimierend. Bei der Squatgirl-Methode gibt es eine Grundregel: Zu 80 Prozent treffen wir gesunde Entscheidungen, zu 20 Prozent essen wir, worauf wir Lust haben. Die einzige Bedingung ist, sich zu bewegen. Dann liegt auch ein Stück Kuchen oder ein Glas Wein drin.
Wer mit Sport wirklich nichts anfangen kann, sollte aber schon auf die Ernährung achten.
Natürlich. Doch selbst Frauen mit einem Gewicht von 150 Kilo betreiben Yoga und können beweglich sein. Jeder Mensch ist sportaffin, davon bin ich überzeugt. Flamencotanzen ist ebenfalls Sport. Man sollte bei der jeweiligen Übung allerdings schon etwas ausser Atem kommen.
Was spricht dagegen, in der Winterzeit einige Kilos zuzulegen? Im Frühling kann man diese doch schnell wieder loswerden.
Wer so denkt, nimmt nur deshalb ab, weil er anderen gefallen möchte oder tut es aus rein ästhetischen Gründen. Das ist ein komplett anderer Ansatz als ich ihn verfolge. Mir geht es ums Fitsein. Manche wollen zum Beispiel möglichst schnell fünf Kilo abnehmen. Das halte ich für falsch, denn dadurch werden kurzfristige Lösungen gesucht. Ich wünsche mir, dass die Leute sich Zeit nehmen, um in Form zu kommen. Schönheit ist Nebensache. Ich nenne Ihnen ein Beispiel.
Gerne.
In unserem Haus wohnt ein Bodybuilder, ein echter Brocken. Als er vor kurzem in den vierten Stock lief, musste ich ihm ein Glas Wasser geben, weil er völlig ausser Atem war. Was mich persönlich motiviert, ist, nach dem Sport in den Spiegel zu schauen und diesen Glanz, diese Freude in meinen Augen zu sehen. Den Bus noch zu erwischen, den ich sonst verpassen würde. Das ist meine Motivation.
Also halten Sie auch Saftkuren für unnötig?
Richtig. Der Zahnarzt meiner Kinder ernährte sich eine Woche lang von Säften, brach im Badezimmer zusammen, schlug sich den Kopf an der Wanne auf und landete im Koma. Er hatte Glück, dass er wieder aufwachte und keine schwereren Verletzungen davongetragen hat. Ich glaube fest daran, dass unser Körper eine Wundermaschine ist. Er entschlackt von selbst, sofern wir ihm das geben, was er braucht, sprich, wenn wir uns nicht nur von Fast Food ernähren.
Wer soll wie lange und auf welche Art und Weise trainieren?
Eine exakte, individuelle Anleitung existiert nicht. Wenn jemand nie Sport gemacht hat, sind zehn Kniebeugen und zehn Liegestützen über eine ganze Woche hinweg eine tolle Leistung. Trainierte Personen andererseits sind damit unterfordert. Meine Follower fragen mich häufig: Ich bin 1,70 Meter gross – wie lautet mein Idealgewicht? Dazu habe ich keine Antwort. Scarlett Johansson hat einige Kurven und ist trotzdem fit. Nochmals: Es geht um die Fitness und nicht ums Gewicht. Bloss bekunden Frauen tendenziell mehr Mühe als Männer, mit diesen Fragen selbstbewusst umzugehen.
Zählen Spazieren und Laufen denn als Sport?
Besser ist es, wenn man dabei ins Schwitzen oder zumindest ins Schnaufen gerät. Bestehen keine gesundheitlichen Bedenken, sollte man definitiv schnell laufen. Dazu empfehle ich Podcasts aller Art. Kopfhörer aufsetzen und raus aus dem Haus. So geht die Zeit viel schneller vorbei.
Wie raffe ich mich dazu auf, abends, wenn es schon dunkel ist und ich vom Arbeiten müde bin, noch Sit-ups oder Burpees zu machen?
Zuhause zu trainieren, bringt einige Vorteile mit sich. Ich kann etwas Anstrengendes auswählen, weil ich Frust vom Büro loswerden will, oder ich suche mir etwas Ruhiges aus. Ich kann im Pyjama trainieren, genau jene Musik hören, die ich möchte – und es riecht nirgends nach Schweiss (lacht).
Wie lautet Ihr absoluter Geheimtipp?
Wie ich schon erwähnt habe, mögen Menschen schnelle Resultate. Jenes Training, bei dem innert kürzester Zeit die grössten Resultate erzielt werden, ist Hiit. Man gerät dabei völlig ausser Atem, obwohl man nur rund zehn Minuten trainiert. Doch die Übungen bringen den Körper dermassen auf Trab, dass er noch Stunden später weiter Kalorien verbrennt.
Welche Vorsätze fürs neue Jahr soll sich jemand nehmen, der ein schlechtes Gewissen hat?
Gar keine. Er oder sie soll einen Sport entdecken, der Freude bereitet. Ich würde fast darauf wetten, dass diese Person den Sport dann langfristig und regelmässig betreibt.
Yves Schott