Die vergangenen Jahre waren für den Flughafen Bern und Verwaltungsratspräsident Alexandre Schmidt nicht einfach. Das Skywork-Grounding und Corona haben auf die Bremse gedrückt. Es gibt einen Lichtblick: die neue Charter-Saison.

Wo steht der Flughafen Bern nach der zweijährigen Corona-Krise?
Eigentlich hatten wir vier Jahre Krise: wegen des Groundings von Skywork. Jetzt erleben wir die Wiederauferstehung. Wir können durchatmen, aber nicht aufatmen, denn das Grounding von Skywork und die Pandemie haben sich beide vergleichbar negativ auf den Flughafen ausgewirkt. Das war schon eine harte Nuss. Umso mehr haben mich die Leistungsbereitschaft und die Motivation der Mitarbeitenden beeindruckt. Mittlerweile sind wir auf einem guten Weg und blicken optimistisch in die Zukunft.

Was ist Ihr Fazit der vergangenen vier Jahre?
Das geflügelte Wort «Krise als Chance» trifft auch auf Flughäfen zu. Wir haben die Zeit genutzt, Abläufe zu verbessern, unsere Finanzen zu stabilisieren und neue Projekte anzustossen. Mich freut besonders, dass wir auch dieses Jahr auf diejenigen zählen dürfen, welche auch während der Pandemie da waren – ich denke insbesondere an die lokalen Partner, die Airlines und Operators und die Reiseveranstalter wie Belpmoos Reisen. Wer auf Belp setzt, gewinnt! Mit den neuen Projekten und dem ausgebauten Sommerflugplan können wir ihnen und allen Bernerinnen und Bernern etwas bieten.

Was läuft, was läuft nicht?
Also ganz klar läuft: die Chartersaison seit dem 12. Mai. (lacht) Unsere Partner haben die Destinationen stark von 5 auf 12 ausgebaut. Von Belp aus kann man bis im Oktober zu Orten im gesamten Mittelmeerraum fliegen: Vom äussersten Westen wie Jerez de la Frontera bis zum hintersten Osten: Türkei und Zypern. Erstmals überhaupt direkt nach Antalya und Portoroz, daneben Klassiker wie Elba und Palma. Unser Partner Lübeck Air bietet neue Flüge an – so feiert die Anbindung an die Ostsee ein Comeback. Woran wir noch arbeiten müssen: Wir haben Sanierungsbedarf an einigen Punkten der Infrastruktur. Da haben wir mit zwei Hangars begonnen, einiges muss noch folgen.

Was sind Ihre Ideen hinsichtlich der Zukunft des Flughafens?
Eine ist sicherlich, die Sommersaison für unsere Fluggäste zu verlängern. «Von Ostern bis Oktober» lautet hier das Stichwort. Während einer längeren Zeit möchten wir unseren Gästen die Möglichkeit geben, mit Charterflügen ihre Destinationen anfliegen zu können. Weiter haben wir uns die Ökologie gross auf die Fahne geschrieben. Wir bauen im Herbst die erste Photovoltaikanlage des Flughafens auf dem Dach des Terminals. Die kann 40 Prozent des Eigenbedarfs an Energie decken.

Was ist eigentlich mit E-Flugzeugen?
Die E-Fliegerei ist in Belp angekommen. Eine erste Ladestation ist installiert und die lokale Flugschule plant, künftig einen Teil der Schulflugzeuge durch elektrische Flugzeuge zu ersetzen. Wir wollen von Anfang an dabei sein und lernen sowie uns auf die Zukunft vorbereiten. Weiter wird im September das Electrifly-In – wo Pioniere auf die Bevölkerung treffen in Belp stattfinden. So können wir unser Angebot ergänzen. Vom Belpmoos kann man in die Ferien gespickt werden, die Fliegerei lernen, es gibt eine Vielfalt an Helikopterangeboten, die Rega hat einen bedeutenden Standort, der Bund ist stark präsent – und vieles mehr.

Wie steht es um den maroden Bider-Hangar?
Es ist die Rede von einem möglichen Investor. Wer ist das und wie sind die genauen Pläne? Der Bider-Hangar atmet die Zeit der Flugpioniere. Wenn man dort drinsteht, spürt man, wie es damals war. Nur leider: Die Instandhaltung des Gebäudes kostet viel Geld. Die Finanzierung zu sichern, ist eines unserer Projekte. Es wird das Privileg des Investors – sollte die Partnerschaft zustande kommen – sein, genauer darüber zu informieren.

In ihrem Geschäftsbericht für das Jahr 2021 schreiben Sie, das erste Halbjahr sei schwach gewesen, das zweite hingegen sehr gut. Woran liegt das?
Das erste Halbjahr war noch geprägt von Corona. Die Reiserestriktionen haben sich stark auf die Verkehrszahlen ausgewirkt. Nach den Lockerungen im zweiten Halbjahr haben die Verkehrszahlen zugenommen. Man hat gemerkt: Die Leute wollen wieder verreisen. Zusammen mit weiteren Kostensenkungen, den Kurzarbeitsgeldern und der Härtefallentschädigung des Kantons verlief das zweite Semester am Ende viel besser als gedacht. Das Defizit liegt bei rund 64000 Franken. Ein vertretbares Ergebnis.

Auf dem Flughafen werden auch viele Ausbildungen absolviert. Könnte sich Bern zu einem Aviatik-Ausbildungs-Mekka wandeln?
Das ist es schon! Hier gibt es viele Möglichkeiten, das Fliegen zu lernen. Sei es auf einem Helikopter oder einem Motor- oder Segelflugzeug. Der Flughafen Bern bietet dazu einzigartige Möglichkeiten im Rahmen einer anspruchsvollen topografischen Lage, in der man immer wieder unterschiedliche Szenarien, darunter das Instrumentenanflugverfahren, üben kann. Und das ohne den vielen Flugverkehr, den zum Beispiel Kloten hat. Das Ausbildungsangebot haben übrigens viele Personen auch während der Pandemie genutzt. Die Nachfrage ist enorm gestiegen.

Linienflüge vs. Charter: Wie ist da Ihre Meinung nach der Pandemie?
Linienflüge sind ein Traum, den für unseren Standort bereits viele geträumt haben. Ich werde ihn vorerst nicht träumen. Unsere Priorität muss und wird sein: Abbau der Altlasten, Ausbau der Charterflüge und der Infrastruktur, Steigerung der Kundenzufriedenheit und Entwicklung der Mitarbeitenden.

Wird der Flughafen in diesem Sommer zu einem Event-Areal?
Unsere Abflughalle wird oft für Events angefragt und wir vermieten diese gerne. Das Ambiente ist für einen spannenden Event einfach unschlagbar. Die neue Flughafenhotellerie sowie das Restaurant werden bald zur Beliebtheit des Flughafens beitragen. Es kommen immer Menschen vorbei, die nicht fliegen, sondern einfach nur die Umgebung des Flughafens geniessen. Es gibt kaum einen zweiten Ort, an dem man dem Flugbetrieb so nahekommt wie hier.

Seit dem 12. Mai läuft der Flugbetrieb endlich wieder. Was erwarten Sie?
Natürlich erwarten wir, dass unsere Fluggäste zurückkehren und viel Freude an unserem Flughafen haben. Es wird hier zugehen wie in einem Bienenschlag. Flieger kommen an, kurz danach startet wieder ein anderer. Die Leute kommen und gehen. Bei uns lohnt es sich, sich bereits zuhause die Sonnencrème einzureiben – so schnell erfolgen Anreise, Check-in und Abflug von Belp. (lacht) Kunden sagen uns immer wieder, sie gewännen dank unserer rekordmässigen Abwicklung einen ganzen Ferientag.

Was wünschen Sie sich persönlich für den Flughafen?
Ich wünsche mir, dass die Zufriedenheit der Mitarbeitenden weiter besteht. Für das Publikum wünsche ich mir, dass wir unser Ziel erreichen und den Charterverkehr Ostern bis Oktober anbieten können, damit alle Ferienwünsche erfüllt werden. Zudem wünsche ich mir, dass die Infrastrukturprojekte erfolgreich abgeschlossen werden.

Dennis Rhiel