Feuerwerk? Ja, aber bitte mit Augenmass. Im Interview zum Nationalfeiertag erklärt Stapi Alec von Graffenried (57), ob er zuhause Lampions aufhängt und was er unter dem Begriff Heimatliebe versteht.
Herr Stadtpräsident, haben Sie eigentlich Haustiere zuhause?
Ja, unsere Katze. Wie sie auf Feuerwerk reagiert, kann ich Ihnen jedoch nicht sagen, da wir am 1. August nie zuhause sind. Flüchten mussten wir mit ihr jedenfalls noch nie. (lacht)
Ich frage deswegen, weil dieses Jahr in Bern am Nationalfeiertag zum ersten Mal kein Feuerwerk inszeniert wird.
Ja, es gibt kein Gurtenfeuerwerk mehr. In den vergangenen Jahren war immer mal wieder unklar, ob das Feuerwerk stattfinden kann, sei es wegen der Trockenheit oder schlechtem Wetter. Und: Die Begeisterung dafür wurde in den letzten Jahren kaum grösser. Der Gemeinderat möchte zudem aus Sicherheitsgründen ein Feuerwerkverbot in der Altstadt, zum Schutz der vielen Personen und auch zum Brandschutz. Motto: Fiire statt Füüre! Das Feuerwerken in der Altstadt wurde in den letzten Jahren etwas gefährlich. Das Verbot würde aber frühestens ab nächstem Jahr gelten.
Wie stehen denn Sie persönlich zum Feuerwerk?
Mit Mass habe ich nichts dagegen, ich habe insbesondere Verständnis für die Jungen, die es ein wenig knallen lassen möchten. Aber deswegen muss nicht grad eine Feinstaubwolke über der Stadt hängen.
Haben Sie als Bub denn nicht selbst oft und gerne Knallkörper gezündet?
Klar! Ich mochte alles Feuern und Brennen, am liebsten «römische Kerzen», weniger die Knallerei. Und ich feure noch heute gerne, aber vorwiegend zuhause im Cheminée. (lacht)
Grundsätzlich ist ein Feuerwerk doch etwas Schönes? Vor allem, als die einzelnen Bilder via Radio musikalisch begleitet wurden.
Ja, auch mir gefiel das Feuerwerk mit Musikbegleitung ab Radio als gemeinsamer feierlicher Abschluss des 1. August. Einen solchen gemeinsamen feierlichen Moment möchte ich weiterhin ermöglichen.
Fairerweise müssten Sie eingestehen, dass es Ihnen als Politiker im Grunde genommen ums Klima geht. Obwohl ein Feuerwerk in der globalen Erderwärmung keine Rolle spielt.
Es stimmt, dass wegen eines Feuerwerks die Welt nicht untergeht. Die Luftqualität ist aber am ersten August sehr schlecht – für viele ist das belastend. Und ein langes Feuerwerk muss es für mich wirklich nicht sein. Nach fünf Minuten warte ich meist nur noch aufs Schlussbouquet.
Hängen Sie zuhause Lampions und Fahne auf?
Nein, weil wir ja nicht zuhause sind. Früher waren wir am 1. August häufig im Berner Oberland, haben Kerzlein in roten Schalen mit Schweizerkreuz angezündet und gingen mit den Kindern an den Lampionumzug. Mittlerweile begnüge ich mich mit dem Bundesfeierabzeichen am Revers. Und nein: Unser Haus malen wir nicht rot-weiss an.
Verraten Sie uns, wovon Ihre 1.-August-Rede handelt?
An der Corona-Zäsur kommt natürlich niemand vorbei. Ich werde sagen, dass die Schweiz unter der Führung des Bundesrats in dieser Krise äusserst gut funktioniert hat. Die Pandemie – und das ist ein ideales 1.-August-Thema – hat uns zudem aufgezeigt: Wir können nur gemeinsam agieren, um die Herausforderungen unserer Zeit zu bewältigen.
Apropos: Wie haben Sie diese Zeit persönlich erlebt?
Sie stellte auch für mich einen grossen Einschnitt dar. Existenzielle Sorgen oder Todesangst verspürte ich nie. Hingegen mache ich mir Sorgen um unser wirtschaftliches Wohlergehen, da herrscht nach wie vor grosse Unsicherheit.
Würden Sie sich als Patrioten bezeichnen?
Ja, aber ich würde nie sagen, wie stolz ich bin, Schweizer zu sein. Ich bin extrem dankbar, hier und heute leben zu dürfen. Ich finde das Leben in der heutigen Zeit grossartig. Jedenfalls viel besser als zur Zeit des Hieronymus von Erlach. (lacht) (Von Erlach liess im 18. Jahrhundert den Erlacherhof erbauen, d. Red.) Heute in der Schweiz leben zu können, empfinde ich als riesiges Privileg. Das ist aber auch eine Verpflichtung, solidarisch zu sein mit weniger Privilegierten. Das ist für mich Patriotismus.
Was wünschen Sie sich und Bern zum 1. August?
Ein grosses Fest im kleinen Rahmen! Ich hoffe, dass die Leute beim Feiern an die Stadt und an die Schweiz denken und dafür eine Spur von Dankbarkeit entwickeln. Für die Zukunft wünsche ich mir in Bezug auf das Coronavirus eine rasche Normalisierung und dass es möglichst vielen Menschen möglichst gutgeht.
Yves Schott