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«Heute begegnet man sich auf Augenhöhe»

Wie läuft eine Ausbildung im Jahr 2021 ab? Was hat sich gegenüber früher verändert? Der Bärnerbär hat bei der Böhlen AG nachgefragt und sich mit Sanitär-Lehrling Dervish Osmani und seinem Ausbildner Stephan Burkhalter getroffen.

Dervish, warum hast Du Dich für eine Ausbildung bei der Böhlen AG entschieden?
Meine Schwester kennt einen ehemaligen Monteur der Böhlen AG und hat mich gefragt, ob ich nicht mal schnuppern wolle. Das hat mir schlussendlich so gut gefallen, dass ich dabeigeblieben bin, obwohl ich eigentlich Logistiker oder Automech werden wollte.

Wie läuft bei euch die Ausbildung ab?
Dervish: Also ganz konkret? Am Montag treffen wir uns alle im Betrieb und der Chef sagt uns, was die Woche über ansteht und danach gehts ab auf die Baustelle. Die restliche Woche gehe ich direkt auf die Baustelle und fange um 7.15 Uhr an. In der Woche bin ich vier Tage im Betrieb beziehungsweise auf der Baustelle und einen Tag in der Schule.
Stephan: Wenn sich jemand für eine Ausbildung bei uns interessiert, schauen wir uns kurz den Lebenslauf an und laden die Person zur einer Schnupperwoche ein. Am Ende gibt es eine kurze Besprechung und wir entscheiden, ob eine Ausbildung bei uns das Richtige wäre. Die Ausbildung hat drei Säulen: den betrieblichen Teil, den schulischen und die überbetrieblichen Kurse. Hier lernen die Auszubildenden schrittweise alles, von der Theorie bis zur Praxis.

Und wie zufrieden bist du mit der Ausbildung? War es die richtige Entscheidung?
Dervish: Ja, das war es. Es macht viel Spass. Vor allem ist die Arbeit nicht immer die gleiche. Man macht viele unterschiedliche, handwerkliche Dinge. Die ganze Zeit im Büro sitzen – das ist nichts für mich.
Stephan: Das stimmt. Mir ging und geht es genauso.

Wie hat sich die Ausbildung in den vergangenen Jahren verändert?
Stephan: Die wohl grösste Änderung ist, dass die Ausbildungszeit von drei auf vier Jahre erhöht wurde. Das Gute ist einerseits, dass die Lerninhalte auf die heutigen Anforderungen angepasst wurden. Andererseits sind die schulischen Lerninhalte und die praktischen Fähigkeiten aufeinander abgestimmt. So ist es für den Ausbildungsbetrieb einfacher, den Lernerfolg der Lernenden zu überprüfen. Ansonsten hat sich viel auf dem Markt verändert. Es gibt neue Produkte und dementsprechend auch neue Methoden und Verfahren. Ich habe beispielsweise in meiner Ausbildung noch viel gelötet. Das macht man heute fast nicht mehr.

Und wie empfindest du die Ausbildung, Dervish? Ist dein Chef zu hart?
Dervish: Nein, er ist nicht zu streng – aber auch nicht zu lasch. Er weiss, wo die Grenzen sind und kann diese gut aufzeigen. Für mich passt das so.

Und der Lehrling? Ist er zu lasch? Waren die früher «härter»?
Stephan: Nein, ganz und gar nicht. Dervish beispielsweise ist sehr aktiv und lernwillig. Es gibt aber auch einige, die man etwas «anstüpfen» muss, damit es läuft. Das ist alles eine Charakterfrage.

Stephan, was ist die blödeste Arbeit, die Du in Deiner Ausbildung verrichten musstest?
Stephan: Blöd war eigentlich nichts. Allerdings herausfordernd. Und das war, als ich das erste Mal im zweiten Lehrjahr allein auf der Baustelle war. Der Monteur meinte einfach: «Hier ist der Plan, hier das Werkzeug, ich bin gegen 17 Uhr wieder da.»

Also stimmt das Vorurteil vom grimmigen, schleifenden Ausbildner doch?
Stephan
: Nein, definitiv nicht mehr. Früher gab es einige Fälle, an die ich mich auch noch erinnern kann. Die Ausbildung wird ganz anders gehandhabt. Heute begegnet man sich auf Augenhöhe. Das ist auch die Philosophie in unserem Betrieb. Das Verhältnis zu den Kollegen, den Auszubildenden und allen untereinander ist sehr gut.
Dervish: Dem kann ich nur zustimmen. Man steht mir immer mit Rat und Tat zur Seite und ich kann jederzeit um Hilfe bitten, ohne mir einen dummen Spruch anhören zu müssen.

Was würdet ihr am System und Konzept der Ausbildung ändern, wenn Ihr könntet?
Stephan: Manchmal wünsche ich mir, näher bei den Auszubildenden zu sein, etwas mehr Zeit zu haben, auf die Bedürfnisse einzugehen und sie noch besser zu coachen.
Dervish: Schwer zu sagen, für mich passt alles so. Allerdings: Mehr als einen Tag Schule sollte es dann doch nicht geben (lacht).

Stephan, würdest du wieder den Weg des Ausbildners einschlagen?
Stephan: Ja, das macht Spass und ist cool. Denn wenn man sich mit den Auszubildenden beschäftigt, ist man immer auf dem neusten Wissensstand. Ich weiss so stets, was in der Branche gerade läuft, unterrichtet wird und die neusten Entwicklungen sind. So geht auch ein Betrieb immer mit der Zeit.

Wie hat sich eigentlich die Corona Krise auf eure Arbeit ausgewirkt?
Stephan: Die Arbeitsauslastung ist ungefähr gleich geblieben. Auf den Baustellen gab und gibt es natürlich die entsprechende Regeln, wie Abstandhalten und so weiter. Da wir kleine Teams auf vielen Baustellen hatten, haben uns die paar Quarantänefälle, die wir hatten, nicht so getroffen. Allgemein wurde durch die Krise etwas Tempo rausgenommen. Es wurde zum Beispiel darauf geachtet, dass nicht mehrere Gewerke im gleichen Raum arbeiten.

Und in puncto Generationen: Könnt ihr etwas voneinander lernen?
Dervish: Ja, sicher. Die Erfahrung, die Ruhe und das Wissen, das mir vermittelt wird, sind grossartig.
Stephan: Seit meiner Ausbildung hat sich viel verändert. Ein grosser Punkt ist da sicher die Digitalisierung, in der uns die Jugend einen grossen Schritt voraus ist. Ich hatte damals nur Papier und Bleistift, heute gibt es vieles digital.

Dennis Rhiel

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