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«Ich habe eher Probleme mit der echten Welt»

TikTok-Star Noemi Nikita sagt, wieso ihr die Schule so wichtig war und wie sie mit dem Druck, ständig etwas Neues posten zu müssen, umgeht.

Noemi, wie wird man eigentlich TikTokerin?
Videos habe ich schon als Kind immer gedreht. Da war ich etwa acht oder neun Jahre alt. Für mich bedeuteten sie eine Art Therapie – ich war nicht die Gesprächigste und konnte so gewisse Dinge verarbeiten. Social Media existierten damals noch nicht einmal.

Und dann?
Mit etwa 14 habe ich angefangen, Bilder auf Instagram zu posten. Diese Fotos gaben mir jenes Selbstbewusstsein, das ich im echten Leben nicht hatte. Mit der Zeit folgten mir 10000 Personen, obwohl ich den Inhalt eigentlich nur für mich und meine Kollegen hochgeladen hatte. Meine Community ist also natürlich angewachsen, ich wollte zuerst gar nie Influencerin sein. Doch später ergab sich eben die Möglichkeit, mit TikTok Geld zu verdienen.

Heute bist du vor allem für deine Schminkvideos bekannt.
Obwohl ich ja auch in Videos zu sehen bin, in denen ich ganz spezielle Tippgeräusche mache. Aber es stimmt: Ich war bereits in der Schule eine der Ersten, die sich geschminkt hat – selbst wenn es teilweise fürchterlich aussah (lacht).

Warst du eine fleissige Schülerin?
Die Schule war mir sehr wichtig. Ich habe die Bezirksschule abgeschlossen und war an einer Ausbildung für Grafikdesign interessiert. Bildung war mir enorm wichtig – ich wollte unbedingt vermeiden, dass andere denken, ich sei doof, bloss weil ich etliche Videos hochlade.

Dir folgen auf TikTok derzeit über zwölf Millionen Menschen. Macht dich das stolz?
Stolz…nein, das klingt überheblich. Klar: Wer hat schon etwas gegen mehr Follower, Einnahmen und Erfolg? Alles andere wäre gelogen. Doch ich bin einfach dankbar, dass ich mein Hobby zum Beruf machen könnte.

Wie viel Zeit investierst du pro Tag in deine Social-Media-Kanäle?
Schwierig zu sagen. Ich baue mir für die Videoclips jeweils ein Set auf und muss es danach wieder abbauen – die längste Umsetzung dauerte wohl etwa sieben Stunden; alleine der Dreh.

Daneben surfst du wohl sicher auch noch privat auf Facebook und Co. rum?
Klar sehe ich mir an, was andere in meinem Business so treiben. Aber daneben? Kaum, nein. Ich benötige viel Zeit, um meinen Tik-Tok-Kanal auf dem Laufenden zu halten, sonst bin eher selten online.

Du stehst doch sicherlich manchmal auf und denkst: Heute habe ich null Lust, etwas zu posten.
Früher häufiger. Da habe ich teilweise bis tief in die Nacht hinein an Dingen rumprobiert, weil ich die Videos so perfekt wie möglich produzieren wollte. Mittlerweile bin ich da deutlich entspannter und weniger pingelig.

Manche Influencerinnen zerbrechen ja am Druck, dauernd etwas posten zu müssen und ständig erreichbar zu sein.
Ich habe eher Probleme mit der echten Welt, wenn ich sehe, was Social Media mit den Menschen da draussen macht.

Das heisst: Du hast ein Leben neben TikTok.
Natürlich (lacht)! Ich treffe mich mit Freunden oder besuche meine Eltern.

Was ist mit Ausgang?
Ich ging schon vor Corona praktisch nie in Bars oder Clubs. Deswegen habe ich die Pandemie selbst kaum miterlebt und kenne praktisch niemanden, der damit infiziert war.

Wirst du manchmal für das, was du tust, angefeindet? Erlebst du Hasskommentare?
Zum Beispiel, dass ich nur Blödsinn mache und mein Geld nicht wert sei?

Zum Beispiel, ja.
Solche Vorwürfe höre ich in der realen Welt ebenso, sogar schon als 13-Jährige – bloss konnte ich damals nicht so gut damit umgehen wie heute. Die schlimmsten Hater blockiere ich einfach, manche Kommentare lese ich gar nie, um mich selbst zu schützen. Man kann es nie allen recht machen, obwohl in der Welt der Influencer ja erwartet wird, dass man perfekt ist.

Apropos: Benutzt du für deine Fotos und Videos einen Filter?
Ich versuche einfach, so gut auszusehen wie möglich (schmunzelt). Gutes Licht ist immer erwünscht – ob mit Filter oder ohne, das muss jeder für sich entscheiden.

Was würdest du auf Social Media nie tun oder zeigen?
So etwas wie Onlyfans (Plattform, auf der Menschen gegen Geld erotische Inhalte zeigen, d. Red.) ist für mich absolut tabu. Ich zeige gerne private Videos, auf denen auch mein Freund zu sehen ist und wo wir uns beispielsweise umarmen – mehr allerdings nicht.

Was sagen eigentlich deine Eltern dazu, dass du dein Geld mit TikTok verdienst und keiner «normalen» Arbeit nachgehst?
Sie sind extrem stolz auf mich. Sie haben miterlebt, wie viel Zeit und Energie ich in all das reingesteckt habe. Sie haben sich nie kritisch dazu geäussert. Dafür bin ich ihnen sehr dankbar.

Und dein Freund?
Nun ja, er macht dasselbe wie ich und hat mich punkto Follower bereits überholt. Möglich ist das nur, weil wir uns gegenseitig sehr stark unterstützen.

Was sind deine Pläne und Träume?
Ich lege so viel Geld wie möglich zur Seite, um eines Tages meine eigenen Beauty-Produkte entwickeln zu können und ich dabei nicht auf fremde Hilfe angewiesen bin. Ich möchte gerne selbstständig bleiben.

Also ist mit 25 noch lange nicht Schluss?
Es wäre doch traurig, das alles hier einfach aufzugeben. Ich sehe ja, was in Zukunft alles möglich wäre. Ich bleibe noch gerade ein bisschen da.

Yves Schott

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