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In der Aarbergergasse ist nun erst um 22 Uhr Schluss

Bei ihm laufen alle Fäden zusammen: Martin Schmid, Mr. Zibelemärit. Der Mann, der den Traditionsanlass organisiert. Er erklärt, was dieses Jahr anders wird und wieso Bern vielleicht schon bald zwei Tage lang feiert.

Sie hat eine braune Schale, schmeckt scharf und bringt uns mitunter zum Weinen. Warum die Bernerinnen und Berner gerade der Zwiebel mit dem traditionellen Zibelemärit einen Ehrentag gewidmet haben, weiss selbst Organisator Martin Schmid nicht so recht und muss lachen.

In seinem Büro bei der Orts- und Gewerbepolizei Bern laufen alle Fäden zusammen. Jeweils über ein halbes Jahr sind er und sein Märit-Team mit der Planung des Zibelemärits beschäftigt. «Anmeldeschluss für Stände ist im Juli, danach beginnen wir mit der Organisation», sagt er und zeigt Stadtpläne, in die jeder Verkaufsstand minutiös eingetragen ist. Kurz vor dem Markttag wird sein Team noch die Bodenmarkierungen für die Standplätze ziehen.

Die letzten Wochen hat Schmid mit Briefings verbracht, das Team ist «im Schuss»; Polizei, Sicherheit, Verkehr, Entsorgung – alles muss koordiniert werden. Die Zusammenarbeit läuft Hand in Hand. Das tönt technisch und doch spürt man sofort, dass dem gebürtigen Oberländer Schmid der so besondere vierte Montag im November richtig am Herzen liegt. «Der Zibelemärit ist immer ein Highlight und uns der liebste im Jahr.» Mit vielen Markttreibenden steht er regelmässig in Kontakt, man kennt sich. «Die Beziehungen zu ihnen schätze ich sehr. Der Spirit ist einfach gut.»

135 000 Stück Pfandgeschirr
Aus Schmids Worten spricht auch eine Bewunderung für Tradition und Handwerk. Stände, die Zwiebelprodukte verkaufen, bekommen in der Regel von ihm immer eine Zusage. «Die Zwiebelzöpfe sind noch heute gefragt, der Brauch ist sehr anerkannt. Unsere Marktleute sind begeistert vom Zibelemärit, wie wir auch.» Die Verkäufe liefen stets super, weiss er zu berichten. Bis zu 60 Tonnen Zwiebeln wechseln am Zibelemärit die Besitzer, im schlechten Erntejahr 2021 waren es nur 20 Tonnen. Ein guter Schnitt liegt bei 50 Tonnen, so Schmids «Zibele-Statistik» der letzten Jahre.

Das Team versucht jedes Jahr aufs Neue, optimale Bedingungen zu schaffen. Eine stabile Stromversorgung, ein sinnvolles Pfandgeschirrsystem mit 135 000 Stücken, praktische Auf- und Abbauzeiten. Viele Stände haben ihren traditionellen Platz. Sehr wichtig für den Wiedererkennungseffekt. «Und wenn jemand mit seinem Platz unzufrieden war, versuchen wir im nächsten Jahr etwas Passenderes zu finden», so Schmid. Vom zwei Meter Tischchen bis zwölf Meter Grossstand ist alles dabei; die Marktfahrenden kommen aus Bern, den umliegenden Kantonen und gar aus Süddeutschland. Schliesslich ist der Markt schweizweit populär.

Der Aufbau geht schon am Sonntag und in der Nacht los. Um Mitternacht stehen Schmid und Team dann am Bundesplatz, geben Auskunft, zeigen Standplätze. Flexibilität sei in ihrem Job das Wichtigste, so Schmid.
Inzwischen organisiert er den Berner Traditionsanlass zum vierten Mal. Nach dem regulären Markt 2019 folgten zwei Coronajahre, die für den Zibelemärit einen Einschnitt bedeuteten. 2020 gab es nur Zwiebelwochen, 2021 schenkte man keinen Alkohol aus.

«Die Anzahl der Stände ist gesunken. Viele ältere Menschen, die auf dem Markt verkauften, haben den Unterbruch auch zum Anlass genommen, sich zur Ruhe zu setzen», stellt Schmid einen Generationenwechsel fest. Registrierte man früher fast 600 Stände, sind es dieses Jahr 413 plus eine Handvoll Konfetti-Verkäufer. Rund ein Viertel verkauft Zwiebeln, ein Viertel Essen und der Rest Waren aller Art.

Kombiniert mit höheren Sicherheitsbestimmungen, haben Schmid und sein Team ein Konzept mit «mehr Luft» erdacht. «Dort, wo sich die Menschen früher gedrängt haben, haben wir Stände teilweise nicht mehr auf beiden Seiten der Gasse zugelassen. Auch die Stände, die Alkohol ausschenken, stehen nun so verteilt, dass sich keine Menschentrauben bilden», sagt er zum sogenannten Crowdmanagement. Im Herzstück des Marktes, auf dem Bundesplatz, gibt es seit 2021 ebenfalls mehr Freiraum.

Die Änderungen kamen bei Besuchenden und Marktfahrenden gut an. Und schon vor Jahren wurden gefährliche Keulen und klebriger Schaum verboten, was zur allgemeinen Entspannung beigetragen hat. Für abgesagte Stände gibt es kein spontanes Nachrücksystem mehr. «So haben wir weniger Unruhe am Markttag selbst.»

Die Suche nach den Anfängen
Als Anhänger des Zibelemärits hat Schmid sich auch ein wenig in die Geschichte des Traditionsanlasses eingelesen. Über die Herkunft des Marktes gibt es mehrere Vermutungen. «Eine These besagt ja, dass 1405 bei einem Brand in Bern die Fribourger zuhilfe kamen.» Als Dank dafür hätten die Berner ihnen erlaubt, fortan jeden Herbst ihre Zwiebeln in der Stadt zu verkaufen.

Eine andere Theorie verordnet den Zibelemärit als zusätzlichen Teil des Martinimarktes, den es schon im 15. Jahrhundert gab. Schmid hat auch gehört, dass der Markt früher nur im Zibelegässli stattfand und von dort aus gewachsen ist. Ob das stimmt? Er schüttelt zweifelnd den Kopf und lacht: «Ich weiss es nicht. So alt bin ich nicht, dass ich hätte dabei sein können.»

2022 sollte, so hofft Schmid, das letzte Jahr mit Corona-Auswirkungen gewesen sein. Besuchszahlen zwischen 50 000 und 70 000 Menschen wären toll. «Wir wünschen uns, dass der Boom wieder losgeht und wir ‹Full House› haben.» Allein 50 bis 100 Cars bringen Zwiebelfans am 28. November in die Stadt. Viel Logistik für nur einen Markttag. Da glänzen Schmids Augen: «Mein Wunsch wäre es, dass wir den Markt etwas ausbauen könnten. Vielleicht über zwei Tage hinweg, das wäre auch für die Stadt toll und Besuchende attraktiv. Ein bisschen vom Märit zum Volksfest.»

Schmid träumt von einem Begleitprogramm oder einer Late-Night-Zibelemärit-Party. Noch ist das Zukunftsmusik. Und der Kern des traditionellen Marktes soll natürlich erhalten werden. «Der Zibelemärit muss der Zibelemärit bleiben.»

Dieses Jahr erwartet die Besuchenden auf dem Kornhausplatz und in der Aarbergergasse erstmal eine andere Neuerung: Hier dürfen die Stände bis 22 Uhr statt bis 18 Uhr öffnen. After-Work-Zibelemärit? Kein Problem. Schmid ist gespannt, wie das ankommt.

Er selbst ist Fan der traditionellen Morgenstunden. «Das ist die schönste Zeit. Um vier Uhr nachts, wenn die ersten Leute durch die Stadt schlendern und manche Fahrer noch aufbauen. Die Lichter strahlen, es kommt Leben in den Märit.» Obgleich Schmid von Amtswegen her Dienst schieben muss, geniesst er das Erlebnis aber auch. «Ich esse natürlich auch einen Zwiebelkuchen, der muss einfach sein.»

Michèle Graf

Martin Schmid (52) ist als Sektionsleiter Markt, Gastgewerbe und Verkehr bei der Orts- und Gewerbepolizei Bern unter anderem für die Organisation des Zibelemärits verantwortlich. Der gelernte Schreiner und ehemalige Polizist wohnt mit seiner Partnerin und der gemeinsamen Tochter in Thun.

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