Der Schweizerhof in Bern. Ein Luxushotel mit edlen Suiten und viel Komfort. Iris Flückiger (42) hat das Berner Luxushaus fünf Jahre lang geführt. Mit Erfolg. Ende August hat sie den Schweizerhof verlassen. Ihr nächstes Ziel: Kambodscha. Was macht sie dort? Und an was erinnert sie sich aus ihrer Zeit in Bern?
Warum gehen Sie ausgerechnet nach Kambodscha?
Südostasien war für mich und meinen Partner Jürg Wirz schon immer ein Thema. Entscheidend war für uns nicht das Land, sondern das Projekt.
«Hätten die Besitzer aus Katar nicht investiert, wäre das Hotel heute ein Warenhaus.»
Sie werden in Kambodscha ein 5-Sterne-Luxusresort leiten?
Nein, ich werde im Rahmen des wohltätigen Projekts «Smiling Gecko» ein kleines Bungalowresort führen, ein Gastronomie- und Hotelbetrieb, in dem Touristen übernachten werden. «Smiling Gecko» wurde 2012 vom bekannten Schweizer Fotografen Hannes Schmid gegründet. Es ist ein Hilfsprojekt mit dem Ziel, Armut und Hunger in Kambodscha zu bekämpfen.
Mal ganz ehrlich: Haben Sie keine Mühe, das schöne Bern zu verlassen?
Nein, für mich ist das kein Problem. Ich liebe Bern und ich weiss, dass ich jederzeit hierher zurückkommen kann. Gerade jetzt, kurz vor unserer Abreise, werde ich mir bewusst, wie toll und wunderschön die Stadt ist.
Warum ist Bern im Vergleich zu Zürich und Genf keine Luxusdestination?
Der Tourismus in der Stadt Bern ist massiv im Aufwind, die Logiernächte zeigen stark nach oben. Der Hotellerie geht es gut.
Mit anderen Worten: Sie verlassen den Schweizerhof mit schwarzen Zahlen.
(lacht) Sagen wir es so: Verglichen mit den Vorjahren mit sehr positiven Zahlen.
Der Schweizerhof gehört einem Staatsfonds aus Katar. Viele Berner waren im Vorfeld der Wiedereröffnung im Juni 2011 skeptisch. Der Tenor: «Unser Schweizerhof in arabischen Händen, schrecklich!» Wie haben Sie die Scheichs aus Katar erlebt?
Mit den Scheichs hatte ich nie direkt zu tun. Die Menschen aus dem Management-Team waren meist angenehm und freundlich. Hätten die Besitzer aus Katar nicht mehr als 54 Millionen in den Schweizerhof gesteckt, wäre das Hotel heute vielleicht eine Bank oder ein Warenhaus. Man hat auf der Grundlage der Geschichte des Hauses ein fantastisches Hotel verwirklicht. Wir dürfen stolz sein.
«Was wir aktuell in Bern erleben, ist doch kein Massentourismus!»
Nehmen die Investoren aus Katar Einfluss auf den Hotelbetrieb? Immerhin befindet sich im ersten Stock des Hauses die Botschaft von Katar.
Ich war als General Manager für die operative Führung des Hotels verantwortlich – nicht die Besitzer aus Katar. Die sind zufrieden, wenn wir Erfolg haben. Wir sind auf dem besten Weg dazu. Ich frage Sie: Spüren Sie irgendwo im Hotel so etwas wie arabischen Einfluss?
Nein. Das Wiener Schnitzel in der Jack’s Brasserie schmeckt eigentlich fast so gut wie in Wien – und nicht so wie in Doha.
(lacht) Sehen Sie!
Gebetsteppiche in den Zimmern und Suiten sucht man im Schweizerhof vergebens?
Nein, es gibt sie. Für unsere muslimischen Gäste. Jedes gute Schweizer Fünfsterne-Hotel bietet den arabischen Gästen Teppiche und den Koran an.
Wie viele Gäste aus dem arabischen Raum steigen im Schweizerhof in Bern ab?
Nicht sehr viele, höchstens drei Prozent. Knapp 50 Prozent unserer Gäste kommen aus der Schweiz.
Darunter viele Parlamentarier. Kritische Hoteliers sagen: Die Politiker belagern die Berner Hotels während Wochen und Monaten, doch sie sind nicht bereit, anständige Zimmerpreise zu bezahlen.
So ist das nicht. Klar, die Politiker haben Spezialraten, so wie andere Geschäftskunden auch.
Sie verdienen also Geld mit den Politikern?
(lacht) Ja. Wenn andere Hoteliers es nicht schaffen, zumindest kostendeckend zu sein, machen sie wirklich etwas falsch.
Was war Ihr persönliches Highlight in den über acht Jahren, die Sie im Schweizerhof waren?
(Denkt lange nach) Ich glaube, es ist meinem Team und mir gelungen, dem Hotel wieder einen Namen und eine Seele zu geben, das Haus klar zu positionieren.
Wie ist denn das Hotel Schweizerhof positioniert?
Wir sind ein offenes, dynamisches, frisches und ungezwungenes Boutique-Stadthotel im Fünfsterne- Segment. Es gibt hier keine Hemmschwellen. Wir sind offen für alle Bernerinnen und Berner.
Bus-Touristen aus Asien, die fast keine Hotelübernachtungen generieren. Die einzigen, die von dieser Art Tourismus profitieren, sind Souvenir- und Uhrenhändler. Ihre Meinung dazu?
Was wir aktuell in Bern erleben, ist doch kein Massentourismus! Wir sind weit davon entfernt. Kommt hinzu, dass gerade Gäste aus Asien immer mehr auch in Bern übernachten.
Bern werde schon heute von Chinesen erobert, sagen gewisse Leute.
Ja, die Chinesen sind da. Natürlich kommen immer mehr Touristen aus China in die Schweiz. Andererseits verlieren wir Gäste aus Europa, weil uns der starke Franken zu schaffen macht.
Zurück zu Ihrer Person: Gab es bei Iris Flückiger in den letzten Jahren ein aktives Leben neben dem Schweizerhof?
Zugegeben, manchmal kam mein Privatleben schon zu kurz. Mit Freunden zusammensitzen, ein gutes Essen, eine schöne Flasche Wein, spannende Gespräche. Ja, das liebe ich schon. Mein Partner Jürg und ich sind gesellige Menschen.
Was ist Ihr Lebenstraum?
(Denkt lange nach) Träume habe ich viele, einer wird jetzt verwirklicht – in Kambodscha. Ich möchte in Zukunft Hotels führen, wo ich meine Vision des Hauses umsetzen kann. Natürlich wünsche ich mir auch eine gute Gesundheit, und dass es meiner Familie und meinen Freunden gut geht. Sie sehen, ganz simple Dinge.
Peter C. Moser