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Man begegnet ihr fast jeden Tag

Bruno Wild ist seit Anfang des Jahres neuer Präsident der Burgergemeinde Bern. Viele kennen sie zwar vom Namen her, wissen aber kaum, was sie eigentlich macht. Dabei ist das ganz einfach.

Fast jede oder jeder hatte in Bern schon mal mit der Burgergemeinde zu tun. Bewusst oder unbewusst. Doch was sie genau ist, wissen die wenigsten. Jemand, der sich allerdings genau mit der Burgergemeinde auskennt, ist Bruno Wild. Der 61-Jährige ist seit dem 1. Januar ihr Präsident.

In der Cafébar im Generationenhaus – das übrigens von der Burgergemeinde betrieben wird – erzählt Bruno Wild über das Konstrukt «Burgergemeinde»: «Der Unterschied ist, dass die politische Gemeinde eine Territorialgemeinde ist, sie hat einen zugewiesenen geografischen Raum und die dort lebenden Bürgerinnen und Bürger sind Gemeindemitglieder. Die Burgergemeinden sind Personengemeinden. Das heisst, dass man als Person der Gemeinde zugehörig ist. Dies kann entweder durch Abstammung, Adoption oder aktive Bewerbung um das Burgerrecht geschehen.»

In der Schweiz gibt es momentan 2200 politische Gemeinden und 1400 Burgergemeinden und Korporationen. Eine davon ist die Burgergemeinde Bern mit ihren 18 750 Angehörigen, bestehend aus Angehörigen der Zünfte und Gesellschaften und den Burgerinnen und Burgern ohne Zunftangehörigkeit.

Die Burgergemeinde ist gleich strukturiert wie eine politische Gemeinde. Es gibt das Stimmvolk, das an der Urne über Themen abstimmt und Wahlen vornimmt, das Parlament, genannt Grosser Burgerrat, die Exekutive, genannt Kleiner Burgerrat, und das Präsidium. Dieses ist für den Ratsbetrieb zuständig, bereitet die Geschäfte vor und repräsentiert die Burgergemeinde nach aussen.

Dabei greift Bruno Wild auf seinen breiten Erfahrungsschatz, den er sich während seiner Jahre als CEO einer international tätigen Firma angeeignet hat, zurück: «Die Firma, in der ich gearbeitet habe, wird sehr dezentral geführt und sie besteht aus verschiedenen Kulturen. Da die Bälle in der Luft zu behalten, ist immer eine Herausforderung. Ähnlich ist es in der Burgergemeinde mit ihren verschiedenen Institutionen und Abteilungen.»

Der neue Präsident möchte den rund 800 Mitarbeitenden der Gemeinde und den rund 300 Personen, die sich für ihr Funktionieren ehrenamtlich engagieren, nicht vorschreiben, was sie zu tun haben. Vielmehr vertraut er ihnen und lässt sie ihre Arbeit machen. Denn sie wüssten selbst am besten, wie es funktioniert. Vielmehr möchte Wild als Brückenbauer fungieren, der die einzelnen Institutionen und Abteilungen der Gemeinde zusammenführt und -hält. «Ich fühle mich für alle unsere Leute verantwortlich: die Mitarbeitenden und die Ehrenamtlichen», sagt er.

«Kein aktives Lobbying»
Die Burgergemeinde ist in der Berner Kantonsverfassung festgeschrieben. Dort werden auch ihre Aufgaben geregelt. Als oberster Grundsatz gilt, dass sie sich nach Massgabe ihrer Mittel zum Wohl der Allgemeinheit einsetzen soll. Konkret kümmert sich die Burgergemeinde um das Generationenhaus im Burgerspital am Bahnhofplatz, das Casino Bern, das Naturhistorische Museum, die Alters-
institution «Der Burgerspittel» und um viele weitere Institutionen.

Ausserdem pflegt und bewirtschaftet sie verschiedene Wälder rund um Bern. Für die Bernburgerinnen und Bernburger gibt es sogar ein einen eigenen Sozialdienst, weil die Burgergemeinde sowie die Zünfte und Gesellschaften für die gesetzliche Sozialhilfe und den Kindes- und Erwachsenenschutz ihrer Angehörigen zuständig sind und auch die finanziellen Lasten dafür tragen. Zudem fördert sie das kulturelle Leben in der Stadt, der Region und im Kanton. «Ich denke, man ist in Bern direkt oder indirekt fast jeden Tag mit der Burgergemeinde in Kontakt», fasst der Präsident das Engagement der Gemeinde zusammen.

Doch wenn so vieles in der Stadt mit der Burgergemeinde zusammenhängt, warum wissen dann so wenig Menschen etwas über sie? «Wir halten uns in der Öffentlichkeit nicht zurück, denn alles, was wir machen, kommt der Allgemeinheit zugute. Auf der anderen Seite haben wir auch nicht das Gefühl, uns dauernd verkaufen zu müssen», erklärt Bruno Wild. «Man weiss vielleicht nicht sofort, dass die Burgergemeinde hinter einer Institution steht, aber das stört uns nicht.» Lobbying betreibt die Gemeinde im Übrigen nicht. «Natürlich setzen wir uns mit den entsprechenden Personen und Ämtern in Verbindung, aber es ist nicht so, dass wir aktives Lobbying im Sinne eines Eigeninteresses verfolgen.»

Wie wird man nun Burger?
Darf eigentlich jede oder jeder Mitglied der Burgergemeinde werden? «Der Wunsch ist grundsätzlich, dass man Personen dabei hat, die einen Bezug zu Bern haben.» Wichtig sei auch der Wille, etwas zum Wohle von Bern beizutragen. Dennoch dürfe man sich von einem Burgerrecht keinen direkten persönlichen Vorteil versprechen, wie der Präsident sagt: «Da wird man enttäuscht. Aber der übergeordnete Nutzen wäre das soziale und kulturelle Engagement, die Vernetzung mit den Leuten und die sinnstiftende Möglichkeit, für das Gemeinwohl zu wirken.»

Und wie wird man Burgerin oder Burger? «Das wird man entweder über den Familienstamm, wenn beispielsweise schon Mutter oder Vater dabei waren. Oder man bewirbt sich um das Burgerrecht.»
Bruno Wild ist das langfristige Denken quasi anerzogen worden. Seine Eltern haben die Familie bei der Zunft «Zu Schmieden» und somit auch der Burgergemeinde einburgern lassen und hätten freiwilliges gesellschaftliches Engagement immer vorgelebt. «Ich würde sagen, viele, die sich einburgern lassen, haben schon innerhalb der Familie erste Bande mit der Gemeinde geknüpft.»

Der neue Präsident ist seit über 20 Jahren aktiv in der Burgergemeinde Bern tätig und hat dort verschiedene Aufgaben übernommen. «Man wächst mit der Organisation. Bei mir hat das
alles gut zusammengepasst», beantwortet er die Frage nach dem Grund für die Übernahme des Präsidialamtes. «Aber ein Ämtli-Sammler bin ich nicht», lacht der 61-Jährige. «Ich möchte einfach
etwas zurückgeben.»

Das wichtige Anliegen
Die Burgergemeinde versteht sich als etablierte Partnerin von Stadt und Kanton. Entsprechend sind ihre Ziele und Projekte auf Langfristigkeit ausgelegt. «Uns ist ein wichtiges Anliegen, dass wir das Projekt Museumsquartier Bern weiter vorantreiben können. Zudem wollen wir uns für neue Wohnformen, gerade im Alter, einsetzen. Es gibt immer etwas zu tun.»

Dennis Rhiel

Bruno Wild (61) ist in Bern aufgewachsen und hat Betriebswirtschaft und Recht studiert. Vor seiner Präsidentschaft hat er über 22 Jahre lang ein internationales Unternehmen geführt. Wild ist verheiratet und Vater zweier erwachsener Kinder. In seiner Freizeit ist er gern in der Natur, betreibt Wassersport und fährt Ski.

Die Burgergemeinde Bern wurde 1833 im Zuge der Neuorganisation des Gemeindewesens gegründet. Ihre Wurzeln reichen aber bis ins Mittelalter zurück. Die Burgergemeinde kümmert sich um das Wohl der Bevölkerung und fördert das kulturelle, soziale und wissenschaftliche Leben. Sie ist in der Kantonsverfassung als öffentlich-rechtliche Körperschaft anerkannt und unterliegt dem Gemeindegesetz. 18 750 Personen gehören der Gemeinde derzeit an.

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