Seit zehn Tagen lebt Alicia Schüpbach ihren Traum. Die neue Miss Bern über ihr liebstes Schimpfwort, Schönheits-OPs und ihre stimmlichen Vorzüge.
Alicia, erst 18 und schon Miss Bern. Du bist rückblickend betrachtet eine der jüngeren Frauen, die sich das Krönchen geholt hat.
Das ist wirklich der Hammer! Ich habe zuerst daran gezweifelt, ob es klappen könnte, gerade weil ich eben so jung bin. Jedoch wurde mir bereits öfter gesagt, dass ich für mein junges Alter eher reif bin.
Wie erklärst du dir das?
Gute Frage. (überlegt) So ist halt wohl einfach mein Charakter. Auch meine Freunde sagen mir, dass ich sehr offen auf andere Menschen zugehen würde. Vielleicht liegt es an meiner Einstellung, das zu tun, wozu ich Lust habe.
Möglicherweise hast du diese Einstellung von deinen Eltern übernommen.
Definitiv. Sie haben mir stets alle Freiheiten gelassen, ich durfte schalten und walten, wie ich wollte, solange ich ihr Vertrauen nicht missbraucht habe. Ganz grundsätzlich würde ich unser Verhältnis als sehr kollegial beschreiben.
Deine Mutter ist Halb-Honduranerin. Sprichst du Spanisch?
Eben nicht, ich bin wirklich ein Tütschi. (lacht)
Du hast die grosse Chance vergeben, zweisprachig aufzuwachsen.
Ich könnte mich ohrfeigen. (lacht)
Wie häufig gehst du nach Honduras?
Meine Grosseltern wohnen da – samt der riesigen Familie. Meine Grossmutter hat 13 Geschwister. Ich war aber erst einmal da, Honduras ist ein gefährliches Land, die Kriminalität hoch. Ich erinnere mich, dass meine Mutter erzählt hat, wie sie einmal dort im Stau gestanden sei und sich nur einige Meter daneben eine Schiesserei abgespielt hat. Trotzdem werde ich meine Familie bald wieder besuchen.
Was ist an dir typisch honduranisch?
Man sagt doch, dass Latinas gerne tanzen…
Stimmt. Tanzt du denn gut?
Viele behaupten das zumindest. (schmunzelt) Persönlich jedenfalls habe ich keine Hemmungen, auf der Tanzfläche Vollgas zu geben. Falls das dann ein wenig blöd aussieht: egal. Und übrigens: Ich singe auch gerne!
Wann singst du?
Unter der Dusche! Meine Eltern nennen mich deshalb Troubadix.
Oje! So schlimm?
Nein, aber so häufig. (lacht)
Wir gehen nicht weiter darauf ein. Findest du als Halb-Honduranerin eigentlich, dass wir Schweizer häufig etwas zu verklemmt sind?
Meine Botschaft lautet: Macht das, worauf ihr Lust habt! Meine beiden Vorbilder sind Roger Federer und Pink. Zwei Personen, die sich nie haben verbiegen lassen und ihr Leben leben. Man sollte nie zu sehr darauf achten, was andere von einem halten.
Gutes Stichwort. Was für eine Art Miss möchtest du sein, womit willst du punkten?
Eine, die keine Berührungsängste kennt. Die sich auch an sozialen Projekten beteiligt, Kindern in einem Spital oder Betagten in einem Altersheim den Tag verschönert. Vor einigen Jahren habe ich mit meinem ehemaligen Musiklehrer als Schulabschlussprojekt ein Strassenkonzert in Interlaken durchgeführt und damit Spenden für Kinder in Afrika gesammelt.
Sind Miss-Wahlen im Jahr 2019 überhaupt noch nötig?
Was ich in den nächsten Monaten erleben werde, ist einmalig. Diese Chance habe ich sonst nie mehr, davon kannst du deinen Kindern erzählen. Bei Miss-Wahlen geht es ja längst nicht mehr nur um äussere Werte. Genau das ist mir wichtig: dass die Leute mich so kennenlernen, wie ich wirklich bin. Und ich bin kein Tussi, sondern das komplette Gegenteil davon.
Am Wahlabend musstet ihr in Dessous auf der Bühne rumlaufen. War dir das unangenehm?
Überhaupt nicht. Ich fühle mich in meinem Körper absolut wohl. Und man sah dort nicht mehr, als wenn ich mich im Bikini im Freibad gezeigt hätte. Um auf deine vorhergehende Frage zurückzukommen: Ja, Miss-Wahlen sind zeitgerecht, denn gerade in diesem Lingerie-Durchgang ging es um Frauen, die Mut beweisen und stark sind. Das trifft den Zeitgeist doch perfekt.
Was gefällt dir an deinem Körper und was weniger?
Ich bin sportlich und zufrieden mit meinem Körper. Ich könnte nichts Konkretes nennen, das mir gar nicht passt.
Wie bleibst du in Form?
Ich habe lange Handball als Leistungssport betrieben, doch nun sind beide Schultern kaputt. Nun schaue ich mich nach einer Alternative um. Ich brauche einen «Rüedu»-Sport… als YB-Fan könnte ich eigentlich mit Fussball anfangen. Momentan halte ich mich mit Joggen fit.
Wie viele Whatsapp-Nachrichten und Facebook-Anfragen hast du nach deiner Wahl eigentlich erhalten?
Wahnsinnig viele! Ich kam fast nicht nach mit Zurückschreiben. Ich finde es unglaublich schön, dass die Leute an mich gedacht haben.
Wirst du auf der Strasse bereits erkannt?
Gestern ging ich Mittagessen holen. Zwei Männer liefen an mir vorbei, ich hörte, wie der eine sagte: «Das ist doch die neue Miss Bern.» Da musste ich innerlich schon lachen.
Was ist mit Datingvorschlägen oder Liebesbekundungen?
Die gab es auch, aber …
… du bist vergeben. Was sagt dein Freund zu deinem Erfolg?
Er war am Wahlabend wahnsinnig herzig. Er meinte: «Schatz, ich bin so stolz auf dich!» Er war sogar noch aufgeregter als ich.
Denkst du, dass sich an eurer Beziehung nun etwas ändert?
Nein. Denn wir vertrauen uns voll und ganz, er steht hinter mir, egal, was passiert. Er war es auch, der mich für diesen Anlass motiviert hat. Er weiss, dass ich nur ihn will und umgekehrt. Eifersucht war nie ein Thema, wenn du das meinst.
Wie lange seid ihr schon zusammen?
Seit dem 7.7. dieses Jahres. Wir kannten uns schon zuvor, aber nur als Kollegen.
Wie hat es gefunkt?
Ich ging an seine Matches, er spielt Rollhockey. Wir haben uns immer häufiger getroffen – und irgendwann war es dann mehr als nur Freundschaft. (lächelt)
Zum Schluss noch einige Kurzfragen: Welches ist deine beste, welches deine schlechteste Eigenschaft?
Meine beste…? Ich bin ein sehr sozialer Mensch. Meine schlechteste: Ich habe einen dicken Schädel und bin sehr stur. Wenn ich etwas will, dann erreiche ich es auch. (lacht)
Dein liebstes Schimpfwort?
Scheisse!
Würdest du Geld ausgeben für Schönheits-OPs?
Jeder und jede soll das tun, was er oder sie für richtig hält. Ich selbst bin mit mir zufrieden, aber man weiss ja nie, was in zehn Jahren ist.
Wie viel Alkohol trinkst du?
Nicht so viel. In den nächsten Tagen wahrscheinlich kaum mehr etwas, da ich häufig fahren muss. Klar genehmige ich mir ab und zu einen Schluck – betrunken war ich aber noch nie.
Worin bist du echt gut, worin gar nicht?
Ich kann Menschen zum Lachen bringen. Geduld gehört nicht zu meinen Stärken. Ausgenommen der zwischenmenschliche Bereich.
Was bereust du?
Gar nichts. Was ich bis jetzt erlebt habe, musste irgendwie so sein; ich bin sehr glücklich mit meinem Leben.
Möchtest du mal Kinder?
Nicht gerade in naher Zukunft, aber irgendwann sicher, ja.
Wie feierst du Weihnachten?
Ich verbringe die Feiertage mit meiner Familie und meinem Freund. Es gibt ziemlich sicher Fondue Chinoise.
Yves Schott