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«Mit Gebühren soll nicht ‹Kasse gemacht› werden»

Am 18. Juni stimmt Bern über eine massive Erhöhung der Parkkarten- und Parkiergebühren ab. Preisüber­wacher Stefan Meierhans erklärt, wieso er sich in die Diskussion eingemischt hat und warum er einen Maximaltarif von 400 Franken empfiehlt.

Stefan Meierhans, 720 statt 264 Franken. Was dachten Sie, als Sie diese Zahlen zum ersten Mal hörten?
Ich äussere mich hier nur zu meiner Empfehlung zu den Parkkartengebühren in Bern. Die habe ich im Rahmen meines verfassungs- und gesetzmässigen Auftrags an die Stadt Bern gerichtet: Die Stadtregierung hat mir im Hinblick auf die Behandlung im Parlament ihren Vorschlag unterbreitet. Der ging wesentlich weniger weit: Da war «nur» von zirka einer Verdoppelung der Preise bei den Parkkarten (von Fr. 264.– auf Fr. 492.– pro Jahr, Anm. d. Red.) die Rede. Dass das Parlament dann auf eine Verdreifachung verzichtet hat, entspricht zumindest in der Richtung meiner damaligen Empfehlung.

Sie sagen, Sie hätten ein Empfehlungsrecht – weshalb denn?
Weil das Volk das so bestimmt hat: Es hat die Institution des Preisüberwachers in unsere Bundesverfassung hineingeschrieben. Der Grund ist einfach: Wenn der Wettbewerb nicht für tiefe Preise und bestmögliche Leistung garantiert, dann soll einer oder eine da sein, die schaut, dass die Leute nicht «übers Näscht abgschrisse» werden. Das ist mein Auftrag – und dem komme ich soweit möglich nach.

Warum verbieten Sie denn nicht einfach eine Preiserhöhung – zum Beispiel bei den Parkkarten oder den Parkgebühren?
Weil der Gesetzgeber das nicht so vorgesehen hat: Sobald eine politische Behörde – also die Stadtregierung, der Stadtrat oder das städtische Volk –
einen politischen Preisentscheid fällen, kann ich nichts verbieten: Die Politik hat Vorrang. Aber der Gesetzgeber hat die jeweiligen Behörden verpflichtet, den Preisüberwacher obligatorisch anzuhören. Sie müssen auch begründen, wenn sie von meiner Empfehlung abweichen. Ich habe in solchen Fällen nur – aber immerhin – ein verschärftes Empfehlungsrecht.

Nützt denn dieses Empfehlungsrecht etwas? In Bern hat sich die Stadtregierung ja daran gehalten.
Das darf sie grundsätzlich auch – wenn sie es begründet. Meine Empfehlungen bei den Parkgebühren haben recht häufig Erfolg: Jüngst zum Beispiel in Arth SZ zirka eine Halbierung, und in Heiden AR soll es eine Reduktion um rund 80 Prozent geben. Bei den Parkkarten waren zum Beispiel auch saftige Erhöhungen in Zürich geplant, die ich in einer Empfehlung kritisierte. Die Zürcher Stadtregierung hat nun von sich aus auf eine Erhöhung verzichtet.

Nun geht es in der Abstimmung um 492 Franken. Laut Ihnen dürften die Anwohner-Parkkarten aber nicht mehr als 400 Franken kosten.
Zur Abstimmung äussere ich mich nicht – das wird das Stimmvolk entscheiden. Es trifft aber zu, dass ich in der Regel einen Maximaltarif von 400 Franken pro Jahr empfehle.

Die Stadt Bern will mit den neuen Tarifen einfach die leeren Kassen füllen. Was sagen Sie dazu?
Im konkreten Fall soll und muss nun das Stimmvolk entscheiden. Ganz grundsätzlich bin ich der Auffassung, dass mit Gebühren nicht «Kasse gemacht» werden soll – sie sollen höchstens ihre Kosten decken. Was darüber hinaus geht, ist nicht illegal – aber braucht zumindest eine klare gesetzliche Grundlage, zu der sich auch das Stimmvolk äussern können soll.

Die SP sagt, jeder Parkplatz verursache direkte Kosten von 1500 Franken pro Jahr. Es brauche endlich «Kostenwahrheit». Ist das aus Ihrer Sicht korrekt?
Kalkulationen mit indirekten beziehungsweise externen Kosten sind immer sehr unsicher – das ist in allen Fällen so. Und die Frage ist: Werden indirekte Kosten immer gleich berücksichtigt? Ein Beispiel: Fahrer von E-Bikes haben leider zahlreiche Unfälle mit massiven Konsequenzen. Muss man das mit einer Gebühr auf alle E-Bike-Fahrer überwälzen? Auch das ist ein politischer Entscheid, den nicht ich fällen muss.

Hat das Referendum im links-grünen Bern überhaupt eine Chance?
Das müssen und sollen die Stimmbürger:innen frei entscheiden. Ich hoffe, möglichst viele machen von ihrem Stimmrecht Gebrauch – je grös­ser die Stimmbeteiligung, je breiter abgestützt ist ein Entscheid.

Yves Schott

PERSÖNLICH

Stefan Meierhans, geboren am 23. August 1968 in Altstätten SG, ist seit Juni 2008 Schweizer Preisüberwacher. Zudem ist er Mitglied der Partei Die Mitte (früher: CVP). Zuvor arbeitete er unter anderem bei Microsoft als Berater für politische Angelegenheiten und war für das EJPD im Stab des Vorstehers tätig. Meierhans ist verheiratet, hat zwei Töchter und lebt in Bern.

DARÜBER WIRD ABGESTIMMT

Am 18. Juni kommt es in der Stadt Bern zu einem Doppelreferendum. Die Stimmbevölkerung entscheidet sowohl über die Erhöhung der Anwohnerparkkarten sowie über die Erhöhung des Tarifs für gebührenpflichtige Parkplätze. Geht es nach dem Gemeinderat, soll die Anwohnerparkkarte für die Blaue Zone neu 492 statt wie bis anhin 264 Franken pro Jahr kosten. Rot-grüne Parteien planten gar eine Verdreifachung auf 720 Franken. Teurer werden sollen auch die gebührenpflichtigen Parkplätze: Sie würden in Zukunft 3.30 pro Stunde kosten, aktuell liegt die Gebühr bei 2.20 Franken. Gegen die geplanten Erhöhungen wurden über 3000 Unterschriften gesammelt – so viele wie in den letzten rund dreissig Jahren nicht mehr. Das Referendums-Komitee ist überparteilich und besteht aus Mitte, FDP und SVP.

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