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«Spätestens nach fünf Minuten habe ich mich unter Kontrolle»

Wenn jemand für Tempo steht, dann sie: Marylin Niederhauser. Die Berner Motorrennsportlerin erzählt im Gespräch, welche Bedeutung das Autofahren im Alltag hat und warum für sie ein Leben ohne PS undenkbar ist.

Wie sind Sie privat unterwegs?
Mit dem Auto. Ich wohne auf dem Land, da sind für mich die öffentlichen Verkehrsmittel keine sinnvolle Alternative. Auf dem Velo bin ich höchstens sportlich in der Freizeit anzutreffen.

Was bedeutet das Auto für Sie?
Es ist extrem wichtig für mich. Ich kann mir ein Leben ohne Auto nicht vorstellen, denn es passt zu meinem Lebensstil. Autofahren ist einerseits eine Preisfrage, andererseits ist es halt einfach bequem. Ich gönne mir den Luxus, spontan und effizient unterwegs zu sein und ohne fixe Abfahrtszeiten unabhängig von A nach B zu fahren. Würde ich in der Stadt wohnen, wäre das Auto als Transportmittel zur Arbeit kein Thema. Aber hier auf dem Land ist es sehr zeitsparend.

Geben Sie auch privat Gas?
Ich fahre gerne zackig, aber immer innerhalb der erlaubten Geschwindigkeitslimiten. Auf den öffentlichen Strassen bin ich überhaupt nicht risikofreudig.

Welche Art von Bussen mussten Sie bereits einstecken?
Es sind in der Regel Geschwindigkeitsbussen, aber sehr niederschwellige. In Frankreich zum Beispiel sind die Kontrollen mega streng. Einmal habe ich auf ein und derselben Strecke zwei Bussen bekommen.

Bedeutet Autofahren für Sie auch ein bisschen Freiheit?
Ja, sogar eine grosse. Für mich ist Autofahren sehr entspannend. Morgens geniesse ich die Ruhe – niemand, der mich nervt, kein Menschengedränge.

Was machen Sie im Stau?
Ruhe bewahren und Musik hören. Das kann man nicht ändern.

Kennen Sie den vielzitierten Temporausch?
Ja. Es gibt Momente – vorwiegend kurz nach den Rennen –, in denen ich mich beherrschen muss, nicht allzu arg auf die Tube zu drücken. Aber spätestens nach fünf Minuten habe ich mich unter Kontrolle.

Von welchem Auto träumen Sie?
Von vielen. Ich mag alle sportlichen Autos – am liebsten hätte ich einen ganzen Wagenpark. Mir gefallen Porsche, Ferrari oder der Chevrolet Cavaro. Den Cavaro am meisten, weil man ihn nur sehr selten auf der Strasse sieht. Und er ist bezahlbar.

Würden Sie sich als gute Autofahrerin bezeichnen?
Es gibt zwischen dem Rennsport und dem Fahren im Alltag einen grossen Unterschied: Während eines Rennens ist man darauf fokussiert, möglichst schnell zu reagieren, sprich auszuweichen. Da steht man nur ungern auf die Bremse. Das kann im öffentlichen Strassenverkehr zum Nachteil werden. Aber ich fühle mich im Auto hundertprozentig sicher. Ich fahre mühelos lange Strecken und kann gut einparkieren. (lacht) Diese Sicherheit hilft mir und ist von Vorteil, wenn es im Winter rutschig ist auf den Strassen. Das macht mir Spass, während andere Angst haben.

Was ärgert Sie im Strassenverkehr am meisten?
Die Velofahrenden und E-Velofahrenden. Gerade wenn sie unerwartete Überholmanöver vollbringen oder nebeneinander fahren, wird es gefährlich. Wir Autofahrer haben zwar das stärkere Fahrzeug, sind dann aber schuld, wenn etwas passiert.

Welche Charaktereigenschaften braucht es, um eine schnelle Rennfahrerin zu werden?
Ich denke, man darf nie Angst haben. Ich habe Respekt, kombiniert mit dem unbändigen Willen, immer besser zu werden. Ich weiss: Immer wenn ich das Gefühl habe, schnell gewesen zu sein, war ich nicht schnell genug. Denn nach oben gibt es keine Grenze.

Was sagen Ihre KollegInnen über Sie?
Im Rennteam pflegen wir einen sehr familiären, freundschaftlichen Umgang. Sie würden wohl sagen, dass ich offen bin, fröhlich und nicht nachtragend mit einem ausgeprägten Fokus nach vorne.

Haben Sie Zukunftsvisionen?
Ehrlich gesagt ist es momentan sehr schwierig, insbesondere in finanzieller Hinsicht. Ich hoffe, dass ich dieses Jahr nochmal Rennen fahren kann. Die Zukunft ist deshalb noch sehr offen. Ich möchte unbedingt in der Szene bleiben – alternativ wären Coachings denkbar oder der Einsatz als Ersatzfahrerin.

Was tun Sie als Ausgleich zum Motorrennsport?
Ich habe seit Kurzem angefangen zu reiten, das ist sehr erholsam. In Zahlen bedeutet das auch ein Downgrade von 370 PS runter auf 1. Sicher ist: Ich brauche den Adrenalinkick.

Regina Münstermann

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