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Thomas Fuchs will bei den Stadtratswahlen 2024 wieder antreten «Wahrscheinlich muss ich nochmals einspringen»

Es sei «mühsam» geworden im Stadtrat. Deshalb ist Thomas Fuchs per 3. Juli zurückgetreten. Lange dürfte das SVP-Urgestein der Stadtberner Politik aber nicht fernbleiben. 

Thomas Fuchs, Sie treten mitten in der aktuellen Legislaturperiode zurück. Wieso?
Zum einen, damit jemand nachrutschen kann. Es ist nicht motivierend, immer nur erster oder zweiter Ersatz zu sein, ich kenne das aus eigener Erfahrung aus dem Nationalrat. Wenn diese Personen jetzt in die Politik einsteigen, haben sie den Vorteil, bei den nächsten städtischen Wahlen 2024 bereits über einen gewissen Bekanntheitsgrad zu verfügen. Zweitens …

… lassen Sie mich raten: Sind Sie vor allem genervt von Links-Grün?
Es ist mühsam geworden im Stadtrat. Ich kannte das zwar schon von früher, doch mittlerweile hört man einander kaum mehr zu. Erschreckend ist, dass Extremforderungen, die früher belächelt wurden, mittlerweile salonfähig sind. Einem lokalen Gewerbetreibenden wird gesagt, er soll den Mund halten – fürs Ausländerstimmrecht sind die Linken hingegen immer zu haben. 

Wenn Sie von Extremforderungen sprechen: Das kann die SVP mindestens so gut wie die Gegenseite.
Weil wir in Bern mittlerweile dermassen in der Minderheit sind, dass wir uns so Gehör verschaffen müssen. Wir sind übrigens durchaus zu Kompromissen bereit, was sich von linker Seite selten behaupten lässt. Dort lautet das Credo: Wir haben eine satte Mehrheit, wozu sollten wir Rücksicht nehmen? Es kam vor, dass im Rat eine Politikerin von der linken Seite zu uns rüberlief und Erich Hess und mir befahl, jetzt «d Schnurre» zu halten. Vom Ratspräsidenten wurden wir schon öfters ohne Begründung unterbrochen. Und einmal zeigte uns eine Stadträtin sogar den Mittelfinger. 

Natürlich, das geht nicht. Aber Sie provozieren ebenfalls oft und gerne.
Wenn wir erklären, Schwarze würden vor der Reitschule dealen, weshalb die Polizei sie kontrollieren müsse, hat das nichts mit Racial Profiling zu tun, sondern ist schlicht eine Tatsache.  

Aus Ihrer Sicht vergiftet die linke Politik das Klima?
Ja, eindeutig. Das beste Beispiel ist für mich der Antrag der Jungen Alternative, die im neuen Lorrainebad einen separaten Liegebereich für sogenannte Tinfa-Personen verlangt. Also für Transgender und andere. 

Der Antrag der Jungen Alternative kam durch.
Eben. Das ist dann wie im Zoo, wo man hingehen und glotzen kann. Das hat doch nichts mit Gleichstellung zu tun.

Fakt ist: Der Stadt geht es, von den Finanzen einmal abgesehen, sehr gut. Alle politischen Entscheidungen werden vom Volk an der Urne zudem grossmehrheitlich unterstützt.
Das ist so. Bern entwickelt sich immer mehr zu einem links-grünen Biotop. Wenn in der Stadt in Zukunft weniger als 50 Prozent der Bevölkerung kein Auto mehr besitzen, können Sie praktisch keine Anliegen für Autofahrer mehr durchbringen. Das Gleiche beim Staat: Je mehr Leute von ihm abhängig sind, desto weniger werden ihn bekämpfen, sonst würden sie sich ja ins eigene Fleisch schneiden. Jene, die keine Steuern zahlen, lässt eine drohende Steuererhöhung kalt. Gewisse Leute arbeiten ja bereits jetzt nur noch so.

Was meinen Sie?
Viele wollen noch 60 oder maximal 80 Prozent arbeiten. Die Metzgerei Grunder in der Altstadt, ein Familienbetrieb seit 1906 und in Bern die letzte ihrer Art, sucht eine Nachfolge. Bis jetzt haben die Inhaber allerdings niemanden gefunden – möglicherweise muss der Laden also bald schliessen. Gesamtschweizerisch haben dieses Jahr übrigens 17 Personen eine Metzgerlehre begonnen. 17! 

Nun kann jede und jeder selber entscheiden, was oder wie er arbeiten möchte.
Klar, bloss werden die Forderungen dieser Menschen nicht bescheidener, haben wollen sie trotzdem alles. Das wird nicht funktionieren. Die Finanzlage der Stadt Bern zeigt in eine eindeutige Richtung. Zum Glück gibt es noch ein paar kräftige Steuerzahler wie die CSL Behring. Dass Finanzdirektor Michael Aebersold aufhört, scheint mir logisch. Er gehört zu den Vernünftigeren in seiner Partei und probiert jetzt gerade noch, den Absprung zu schaffen.

Was ist Ihnen aus all der Zeit im Stadtrat geblieben?
Die meisten von jenen, die im Parlament einst auf der linken Seite sassen und von denen ich dachte, dass sie kaum zu Höherem berufen sind, tauchten später wieder irgendwo in einer Chefposition in der Verwaltung auf. Was beweist, wie die Beziehungen innerhalb der Behörden spielen. Und wer knapp 200 000 Franken im Jahr verdient, kann es sich natürlich schon leisten, nur 80 Prozent zu arbeiten. In Berns Verwaltung wimmelt es von ehemaligen Parlamentariern. Ein Systemfehler, weil sie ihre linken Positionen dann einfach in einer Führungsposition vertreten. Ganz im Sinne der kommunistischen Denkart eines Marsches durch die Institutionen. 

Wer ist der extremste Politiker im Stadtrat?
(Überlegt kurz) Die Liste ist relativ lang (lacht). 

Welches ist Ihr grösster Sieg?
Bauprojekte, bei denen wir deutliche Verbesserungen erzwungen haben. Das Tram nach Bern-West wurde dank unseres Widerstands eindeutig günstiger, der Friedhof Bümpliz blieb bestehen. Und wir konnten auf offiziellen Amtsformularen den Berner Bären retten, der durch ein grosses «B» hätte ersetzt werden sollen. Allein durch die Ankündigung von Opposition wurden Projekte verbessert oder gestoppt wie zum Beispiel die Feuerwehrsteuer für alle Bernerinnen und Berner. 

Und Ihre grösste Niederlage?
Niederlagen habe ich nie persönlich genommen. Gleichzeitig ist es mir ein Rätsel, wieso die Erhöhung von Parkplatzgebühren durchkommt, wenn doch viele nun mehr bezahlen müssen – indirekt selbst jene, die kein Auto besitzen. Was ich an uns Bürgerlichen kritisiere, ist, dass wir manchmal etwas naiv sind. Wir glauben, mit Kompromissen die Gegenseite zu besänftigen, obschon fix ausgehandelte Lösungen später trotzdem torpediert werden. Wir lassen uns da zu fest an der Nase rumführen.

Können Sie sich ein Comeback im Stadtrat vorstellen?
Das wäre möglich. Es ist unser Ziel, bei den Wahlen nächstes Jahr möglichst viele bekannte Köpfe auf die Liste zu bringen, um Stimmen zu holen. Wahrscheinlich also, dass ich da nochmals einspringen muss (lacht). 

Unter welchen Voraussetzungen treten Sie an?
Wenn die Linken so weitermachen wie bisher. Und das ist ziemlich wahrscheinlich (lacht). 

Bitte verlieren Sie zumindest ein gutes Wort über linke Politiker.
Sie legen teilweise einen derart naiven Optimismus an den Tag, dass sich immerhin behaupten liesse: Sie haben es eigentlich gut gemeint. 

Wie würde das Buch über Ihre Zeit im Stadtrat heissen?
«Nicht aufgeben, sonst wird es noch schlimmer.»

Yves Schott

PERSÖNLICH

Thomas Fuchs, geboren am 18. Juni 1966, war von 1995 bis 2002 Stadtrat der SVP. Im Juni 2002 wurde er in den Berner Grossrat gewählt. Wegen der Amtszeitbeschränkung verliess er diesen 2018. Seit 2021 ist er erneut Stadtrat und seit 2022 wieder Grossrat. 2011 war er für einige Monate Nationalrat, wurde aber nicht wiedergewählt. Fuchs arbeitet für eine Schweizer Grossbank, ist Oberst der Schweizer Armee und Ehrenmitglied der Jungen SVP Schweiz. Er lebt in Niederbottigen.

 

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