Die Berner Schalen, die bekannten Pflanzentröge, werden in der ganzen Stadt aufgestellt. Dieses Mal hat sich Stadtgrün in Zusammenarbeit mit Schmetterlingsexperte Papa Papillion etwas Besonderes einfallen lassen: einen Brutplatz für Schmetterlinge.
Der Bärnerbär hat Lukas Zurbuchen, Berufsbildner für Pflanzenproduktion und Zierpflanzen bei Stadtgrün Bern, gefragt, was genau es mit den Schmetterlingen in den Berner Schalen auf sich hat.
Lukas Zurbuchen: 2020 hat Corona das Produzieren und Aufstellen der Blumenschalen verhindert. Wir hatten schon damals die Idee, insektenfreundliche Duft- und Blütenpflanzen zu einem vielfarbigen Blumenarrangement zu kombinieren. Das wurde jetzt realisiert.
Wie war das Echo auf die Aktion?
Es war überraschend und durchwegs positiv bis begeistert! Wir wollten nicht nur auffällige Blumenpracht bieten, sondern auch etwas für die Insekten tun. So gibt es bunte Nektarpflanzen, Fenchel und Dill als Futterpflanzen für die Schwalbenschwanz-Raupen. Viele Leute haben das erstaunt und erfreut beobachtet.
Und nächstes Jahr? Welche Blumen können wir erwarten?
Wir werden mit unseren Schalen noch einmal die Menschen in der Stadt anregen, die Farbenpracht der Blumen zu bestaunen und die Vielfalt der Insekten zu entdecken. Diesmal jedoch ohne Futterpflanzen für die Raupen.
Stadtgrün Bern hat bei der Aktion eng mit Schmetterlingszüchter Papa Papillon aus Bümpliz zusammengearbeitet.
Papa Papillon, was konnten Sie auf den hundert Schalen beobachten?
Papa Papillon: Man könnte meinen, dass sich der regenreiche Sommer negativ auf die Fauna der Kleintiere ausgewirkt hätte. Dem war aber nicht so. Schon früh begannen Honig- und Wildbienen, an den Nektarblüten zu saugen. Ebenso sah ich an sonnigen Plätzen Tagfalter, die überwintert hatten: Kleiner Fuchs, Tagpfauenauge, Admiral und C-Falter waren die häufigsten.
Und diese Schmetterlinge legten Eier?
Nein, nein. Das machen sie auf den Brennnesseln, und davon gibt es im Stadtgebiet leider nur wenige. Erst sehr spät kamen die ersten Schwalbenschwanz-Weibchen, angezogen vom Duft und vom Blütenstaub des Gewürzfenchels. Ich denke, dass sie in der Stadt Bern während des ganzen Sommers über mehrere Tausend Eier gelegt haben. Wie das so ist, kamen viele Eier und Raupen in die natürliche Nahrungskette. Vögel, Fledermäuse, Igel, Käfer, Spinnen, Wespen und andere Fressfeinde vertilgten einen grossen Teil davon, auch auf den Blumentrögen.
Jetzt verpuppen sich die überlebenden Raupen?
Längst nicht alle. Zum Verpuppen und Überwintern brauchen sie einen geeigneten Platz, wo sie sich an Seidenfäden aufhängen können – manchmal an trockenen Pflanzenstängeln. Meist verlassen sie die Blumenschalen und suchen Holz, einen Baumstamm, Busch oder auch einen Zaun, einen Balken oder eine Wand. Bei dieser Suche werden sie oft Beute von Vögeln oder kommen im Stadtverkehr unter die Räder.
Wie können sie gerettet werden?
Die Raupen werden sorgfältig entfernt und in die Zuchtanlage gebracht. Hier überwintern sie als Puppe artgerecht während der Kälte, bis dann im Frühling die Schmetterlinge schlüpfen.
Sollte Stadtgrün diese Aktion nicht im nächsten Jahr wiederholen, damit es wieder mehr Schmetterlinge in unserer Stadt gibt?
Nein, diese Förderung ist zwar der beste Anschauungsunterricht, trägt aber nicht zur langfristigen Vermehrung dieser Tierart bei. Früher gab es in jedem Garten Rüebli oder Fenchel. Deshalb heisst die Raupe auch Rüebliraupe. In diese Richtung müssen wir zurück, indem wir in unseren Gärten schmetterlingsgerechte einheimische Wildblumen pflanzen. Am besten den Fenchel an sonniger Lage setzen, vorzugsweise den mehrjährigen Gewürzfenchel. Wer dort eine Raupe entdeckt, kann sie in einen geeigneten Netzbehälter, einem Aerarium, auf einem zweiten Fenchel im Topf grossziehen. So ist die Raupe vor Fressfeinden geschützt. Mit etwas Geduld kommt man so zu einer eigenen treuen Population.
Wie viele Schmetterlinge werden fliegen? Wann und wo?
Es sind etwas über 200 Falter. Der Zeitpunkt des Schlüpfens wird von der Natur bestimmt. Vielleicht lassen wir sie quartierweise fliegen oder machen in der Elfenau einen fröhlichen Flugtag.
Marc de Roche