Hinterwäldlerisch. Geldgierig. Asozial. Frauenfeindlich. Gölä und Trauffer wird vieles in den Mund gelegt. Nun nehmen die beiden Berner zu all diesen Vorwürfen Stellung.
Ihr gebt als Büetzer Buebe zwei Konzerte im Letzigrund. Wenn beide Auftritte ausverkauft sind, spielt ihr vor fast 100 000 Personen. Trotzdem sind die Medien nicht immer gerade nett zu euch.
Trauffer: Das liegt in der Natur der Sache. Was erfolgreich ist, kann aus Sicht eines Journalisten offenbar nicht gut sein. Loco Escrito meinte zu uns, er begreife nicht, wie man nicht stolz sein könne auf zwei Jungs, die den Letzigrund füllen. Aber wir leben halt in einer Neidgesellschaft.
Bligg ist ebenfalls erfolgreich und holt sich gute Kritiken ab. Vielleicht hat der Protest ja schlicht mit den Songtexten zu tun. Gegen deinen «Geissepeter», Trauffer, liefen manche Frauen Sturm.
Gölä: (ironisch) Der ist voll sexistisch! Und meine Kinder singen den sogar noch mit.
Trauffer: Ernsthaft: Was die Leute nicht begreifen, ist, dass wir unterhalten. Und Unterhaltung wird von vielen Kulturschaffenden halt angeprangert. Der grosse Kurt Felix meinte einst, man solle die leichte Unterhaltung nicht unterschätzen. Wenn es so einfach wäre, zu unterhalten, wie gewisse Kreise suggerieren, würden das andere sicher auch tun wollen. Aber so leicht ist es eben nicht.
Gölä: Wenn Patent Ochsner in der Mühle Hunziken auftreten, möchten sie doch nur unterhalten. Wir machen das genau so, vielleicht in einem etwas grösseren Stil. Das mag man wahrscheinlich weniger. Kunst soll klein bleiben, weil es andernfalls keine Kunst mehr wäre.
Sagen wir es anders: Einigen seid ihr zu konservativ und zu wenig aufgeklärt.
Gölä: Aufgeklärt? Ich habe vier Kinder. Ich muss wohl aufgeklärt sein.
(lacht)
Ernsthaft: Würdest du dich als fortschrittlich bezeichnen?
Gölä: Ja klar, extrem sogar. Das glaubt mir nur niemand, weil das niemand sehen will, weil man mich am liebsten als Neandertaler sehen möchte. Ich fahre einen Elektro-Töff und produziere selber Strom. Es heisst immer, man solle keine Vorurteile haben. Bloss haben genau diese Leute uns gegenüber die grössten Vorurteile. Alles, was sie predigen, halten sie selbst gar nicht ein.
Apropos fortschrittlich: Nehmen wir mit dem Vaterschaftsurlaub ein aktuelles Beispiel. Wie steht ihr dazu?
Gölä: Zu meiner Zeit gab es sowas nicht. Wenn man wegen jedem «Boboli» Ferien braucht…ich finde, wir verweichlichen je länger, je mehr. Man hat doch am Wochenende Zeit für Kinder.
Trauffer: Ich denke, das sollte individuell betrachtet werden. Viele Frauen sind heute berufstätig, bei mir in der Firma liegt der Frauenanteil in der Geschäftsleitung bei 75 Prozent. Doch mir wird lieber noch dreimal der «Geissepeter» um die Ohren geschletzt. Wir handhaben das sehr fortschrittlich: Wenn die Frau arbeiten will und der Mann einen Teilzeit-Job wünscht: kein Problem. Pauschal einfach mal Ferien zu geben – das sehe ich hingegen nicht ein.
Gölä: Schau, der Mensch macht einen Fehler: Es heisst immer, der Staat bezahlt. Es ist aber der Bürger, der das berappt. Wir leben in einer Zeit, in der jeder nur fordert, aber niemand mehr leisten will. Das geht nicht auf. Sonst schaut nach Griechenland, dann seht ihr, was passiert, wenn alle mehr Freizeit haben und früher pensioniert werden. Wollt ihr die Krise? Irgendwann kommt der Knall – und diesen Preis bezahlt dann unser Nachwuchs. Ja, wir werden älter, deswegen müssen wir länger arbeiten, sonst kommen wir nicht durch.
Nächstes Themenfeld: Klima. Gölä, du hast gesagt, du hättest eine Solaranlage zuhause und würdest einen ElektroTöff fahren.
Gölä: Genau. Zudem bewirtschafte ich vier Hektar Land, wir feuern klimaneutral mit Holz. Ich trage meinen Teil dazu bei. Und dann würde ich gerne wissen, was jene fürs Klima tun, die dafür demonstrieren, ausser, dass sie im Büro Strom aus Atomkraft beziehen.
Einige entscheiden sich für Ökostrom.
Gölä: Und wer kann sich das am Schluss leisten? Dasselbe gilt für CO2 -Abgaben auf Flugtickets. Jetzt will man dem kleinen Bürger auch noch einreden, er dürfe nicht mal mehr in die Ferien fliegen. Hört doch auf damit! Es ist unfair, wenn Flugreisen am Ende den Reichen vorenthalten bleiben.
Trauffer: Meine Holzspielwaren, mein Haupttätigkeitsfeld, sind im Gegensatz zum Plastikspielzeug aus China, das in fast jedem Laden verkauft wird, mehr als klimaneutral. Dort liefern wir, in einer Nische zwar, unseren Beitrag mit FSC-zertifiziertem Holz. Privat feure ich auch mit Holz und habe eine Solaranlage auf dem Dach.
Es gibt Stimmen, die am 1. August das Feuerwerk verbieten wollen.
Gölä: Mag sein, vielleicht wollen uns die Feinstaubhüstler das ja ebenfalls wegnehmen. Am Schluss brauchst du gar nicht mehr zur Welt zu kommen, weil das bereits verboten ist.
Wir haben deine Ironie verstanden …
Gölä: Ja doch, stell dir vor, wie viel CO2 so ein Kind ausstösst. Abartig!
Trauffer: So extrem wie er sehe ich das nicht. (lacht) Es ist sinnvoll, dass ein reiches und intelligentes Land wie die Schweiz eine Vorreiterrolle besetzt. Doch es wäre dann schon mal an der Zeit, dass andere Staaten, namentlich China, nachziehen. Ich war eben erst in Griechenland in den Ferien. Die ganze Insel mit ihren zig Millionen Touristen wurde erst vor rund sechs Jahren vom Dieselgenerator abgehängt. Was ich sagen will: Vorreiterrolle ja, aber irgendwann ist ein Punkt erreicht.
China baut derzeit gerade Dutzende neue Flughäfen.
Gölä: Die Chinesen pfeifen doch auf den Klimaschutz!
Trauffer: Und hier wird jedem Bauern auf seinem alten Mäher ein Katalysator aufgezwungen.
Gölä: Abgesehen davon, dass wir wissenschaftlich praktisch jeden Tag riesige Fortschritte erzielen. Das Positive sollte auch betont werden. Nämlich, dass die Jungen Freude daran haben, einen mechanischen Beruf zu erlernen. Klimaschutz in der Theorie ist gut und recht, aber irgendjemand muss das Ganze zusammenbauen, zum Beispiel die besseren, effizienteren Motoren.
Was geht euch derzeit am meisten auf den Zeiger?
Gölä: Der Klimahype. Das gebe ich offen und ehrlich zu. Trauffer hat mir neulich vorgeworfen, er glaube bald einmal, dass ich alleine für den Klimawandel verantwortlich sei. (schmunzelt)
Vielleicht ist das ja so.
Gölä: Das denke ich auch. (lacht)
Trauffer: Mich nervt die Neidkultur, vor allem in Onlineforen. Wenn Roger Federer in Rapperswil eine Villa baut und deswegen hunderte von Hasskommentaren erntet – da frage ich mich schon, in welcher Welt wir leben. Der Mann hat sich das doch selbst erarbeitet. Er kann von mir aus vier Villen errichten.
Gölä: Abgesehen davon, dass er Arbeitsplätze schafft und Steuern einbringt.
Trauffer: Und er hätte ja nach Dubai ziehen können.
Lo & Leduc haben in einem Interview mal angedeutet, dass sie euch nur bedingt zu ihren engsten Freunden zählen …
Gölä: Schade, dabei wollten wir die beiden doch als Vorgruppe. (lacht laut)
Sind die beiden für euch tatsächlich ein rotes Tuch?
Trauffer: Überhaupt nicht. Sie waren über zwanzig Wochen Nummer eins in der Hitparade. Klar freue ich mich für sie, das ist doch genial. Bloss bedienen sie ein ganz anderes Publikum, da müssen sie wohl halt den einen oder anderen etwas doof finden.
Gölä: Ich mag es jedem gönnen, der Erfolg hat. Was sie predigen, leben wir vor: Wir sind tolerant.
Vielleicht solltet ihr Lo & Leduc trotzdem noch anfragen.
Gölä: Ich denke, wenn man ihnen genug Gage bietet, kommen die schon.
Ihr habt euch bei den Dreharbeiten von «Maa gäge Maa» auf dem Jungfraujoch ordentlich die Köpfe verbrannt. Wie geht es euch mittlerweile?
Gölä: (stottert ironisch) Ich … h … habe … g … glaube ich k … keinen bl … bleibenden Schaden. Und du, Trauffer?
Trauffer: Fünfzig Prozent von uns beiden haben etwas gelernt.
Gölä: Meine Erkenntnis: Das Klima ist schädlich für mein Gesicht.
Yves Schott