Melanieoesch

«Wegen eines Kindes werde ich nicht aufhören»

Melanie Oesch liebt und lebt Musik. Nun kommt die Sängerin mit ihrer Familie im Dezember nach Bern. Eine Stadt, die sie so sehr mag. Obwohl sie ihr Herz auch ein wenig an Irland verloren hat.

Ihr tretet am 8. Dezember im Kursaal in Bern auf, es ist euer grosses Tour-Finale. Wieso gerade Bern und nicht das Berner Oberland, also zuhause?
Wir stehen seit 22 Jahren auf der Bühne. In all dieser Zeit hatten wir meist kein eigenes Konzertprogramm – wir haben mal für diesen Veranstalter und für jenen Kulturverein gespielt.

Das hat sich geändert?
Wir machen das häufig immer noch, im Zweijahresrhythmus stellen wir aber etwas Eigenes auf die Beine: eigene Show, eigene Setlist, ein eigenes Gesamtkonzept. Wir haben diese Idee vor zwei Jahren für unser 20-jähriges Jubiläum ausprobiert; sie ist beim Publikum sehr gut angekommen und hat auch uns grossen Spass gemacht.

Deshalb jetzt also der Kursaal.
Für uns war klar, dass unser Abschluss hier stattfinden muss. Bern ist der Mittelpunkt, nicht nur geografisch. Es herrscht eine angenehme, familiäre Atmosphäre, die Bühne ist toll. Die Leute kommen gerne hierher. Der Kursaal bildet ein würdiges Tourende.

Die grosse Bühne oder die Mehrzweckhalle – wo spielt ihr lieber?
Der Mix machts. Mal ein kleines Theater, dann ein Anlass in einem Festzelt mit 2000 Menschen und dann vielleicht wieder ein Open-Air mit 10000 Personen. Die Abwechslung fordert uns immer wieder von Neuem heraus und hält uns frisch.

Die obligate Frage: Wie gefällt dir Bern als Stadt?
Für mich ist sie eine Art Heimat. Klar, ich ging in Thun zur Schule, aber Bern finde ich so unglaublich schön, dass ich das manchmal kaum in Worte fassen kann.

Jetzt übertriebst du aber.
Doch, ich mag den Groove wahnsinnig gerne, die französischen Einschläge, die Lauben. Und noch etwas: Ich werde in Bern überraschenderweise öfters angesprochen als an anderen Orten. (lacht)

Du kommst von Oberlangenegg. Die Gemeinde zählt zum Berner Oberland, was man dir aber kein bisschen anhört.
Wir sind die letzte Gemeinde, die noch zum Oberland gehört, haben aber eigentlich fast mehr eine Emmentaler Mentalität. Wenn wir den Leuten in der Region sagen, dass wir aus Oberlangenegg stammen, sagen sie häufig: «Das ist ja gar nicht im Oberland!» (lacht)

Du bist ein Landmeitschi, das darf man sicher so sagen. Ein Leben in der Stadt käme für dich nie in Frage?
Nein, definitiv nicht. Dafür geniesse ich die Momente, in denen ich in der Natur auftanke, viel zu sehr. Sie geben mir einen guten Ausgleich zu Hotels und Städten. Ich brauche viel Grün um mich herum, um mich wohlzufühlen.

Ist das ländliche Publikum anders als jenes in der Stadt?
Wir merken den Unterschied kaum. Die Hauptsache ist, dass die Menschen unsere Musik mögen. In der Sportwelt herrscht bezüglich Rivalität eine andere Mentalität vor, uns persönlich kümmert es wenig, ob jemand aus einer Metropole oder einem «Chrache» zu uns kommt.

Eure Tournee heisst «Wäutebummler». Was hast du bis dato von der Welt gesehen?
Die am weitesten entfernten Orte respektive Länder waren wohl Shanghai und die USA. In Europa reisen wir des Öfteren nach Deutschland, Österreich, Frankreich und Italien. Aber wir haben auch Finnland, Irland oder Estland erleben dürfen.

Wo hat es dir am besten gefallen?
Bis jetzt heisst mein persönlicher Favorit Irland. Die Leute dort sind sehr musikaffin und folkig veranlagt. Hier wird Musik ohne grossen Klimbim und äusserst authentisch gelebt. Was mich beeindruckt hat, ist der Humor der Einwohner, obwohl es dort während unseres Aufenthalts praktisch nur geregnet hat. Ausserdem durften wir mit einer irischen Band Songs austauschen und so unseren Horizont erweitern.

Wie haben die Iren auf euch reagiert? Dort kennt man doch keinen Jodel.
Der Eindruck täuscht. Im Ausland wird Jodel nicht unbedingt mit der Schweiz verbunden. Schon in der Romandie etwa herrscht häufig die Meinung vor, das Jodeln komme aus Österreich, weil dieser Klang dort viel früher nach aussen, in andere Regionen getragen und in die Unterhaltungsmusik integriert wurde. Iren und sogar Amerikaner kennen den Jodel sehr wohl, er tauchte dort bereits in den 20er-Jahren in den Charts auf. Spannend ist ausserdem, dass die Menschen überall fasziniert auf dieses Genre reagieren.

Du hast soeben die Unterhaltung angesprochen …
Ja, wir wollen unsere Zuschauerinnen und Zuschauer bei den Konzerten auf eine Reise mitnehmen. Der Unterhaltungsfaktor ist uns sehr wichtig.

Immer mal wieder bezeichnen euch Leute, manchmal absichtlich etwas abschätzig, als Schlagersänger. Nervt das?
Wir reden hier ja von ganz verschiedenen Sparten. Wenn sich jemand damit nicht so gut auskennt, kann ich es dieser Person kaum verübeln. Deswegen betone ich immer, dass wir im Bereich Volksmusik tätig sind – weil das Wort «Musik» hier vorkommt, was beim Begriff «Schlager» nicht der Fall ist. Und dann gibt es die anderen, die ganz bewusst verächtlich über uns reden. Nun, wenn sich jemand über unsere Musik aufregt, kann er oder sie ja weghören.

Klingt nicht danach, als würdest du regelmässig Zeitungsberichte über euch verfolgen.
Punktuell tue ich das, doch. Ich renne aber nicht jedem Artikel hinterher. Fragen, die wir von Fans via Facebook oder Instagram gestellt bekommen, versuchen wir aber so gut als möglich zu beantworten, das ist uns wichtig.

Apropos: Du hast mal erwähnt, dass du ursprünglich Journalistin werden wolltest. Worüber hättest du gerne geschrieben?
Mich faszinieren die Geschichten hinter den Kulissen. Keine Tagesaktualitäten, und Politik ist sowieso nicht mein Gebiet. (lacht) Natürlich hätte ich über Musik berichtet, weniger im Bereich des Mainstream, sondern eher im Rahmen von Hintergrundreportagen.

Wie hätte eine Konzertkritik über Oesch’s die Dritten ausgesehen?
Eine gute und schwierige Frage. (überlegt) Als Aufhänger hätte ich wohl die Vielfalt genommen. Viele denken ja: «Die jodeln bloss», und wenn sie uns dann live erlebt haben, merken sie, dass wir noch ganz viele andere Sachen präsentieren.

Du wirst im Dezember 32, hast einen Freund – Kinder könnten bald ein Thema werden. Wie lange möchtest du noch weitersingen?
Solange es uns Spass macht! In diesem Bereich sind wir sehr offen. Die andere Geschichte ist eine Frage der Organisation – man kann sich anpassen. Aufhören wegen eines Kindes werde ich jedenfalls nicht.

Yves Schott

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