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Wie intelligent sind eigentlich Bernerinnen und Berner?

Zweisprachige Frühförderung, zu wenig Budget, Sportklassen für Jugendliche mit Talent. Gemeinderätin Franziska Teuscher (GB) sagt, wo die Stadt Bern im Bildungsbereich punktet und wo es noch hapert.

Was lässt sich zum Bildungsangebot der Stadt Bern ganz generell sagen?
Es ist sehr vielfältig. Das fängt an bei der Frühförderung im Vorschulalter, damit alle Buben und Mädchen bereits beim Eintritt in den Kindergarten über gute Deutschkenntnisse verfügen. Ein wichtiger Fokus in Sachen Bildung liegt auch auf der Migrationsbevölkerung, zum Beispiel bei Deutschkursen für Erwachsene. Daneben bildet die Stadt viele Lernende aus, es existieren diverse Weiterbildungsmöglichkeiten. Sprich: Es gibt für alle etwas.

Sie sind mit dem Angebot zufrieden?
Grundsätzlich ja. Was mir Sorgen macht, ist, dass die Ressourcen des Kantons nicht immer mit den städtischen Aufgaben mithalten können, beispielsweise im Bereich der Logopädie. Trotz wachsender Zahl von Schülerinnen und Schülern erhalten wir kein zusätzliches Geld.

Was hat sich seit 2013 getan, in der Zeit also, seit Sie Bildungsdirektorin sind?
Enorm viel, denn die Kinderzahlen sind im Steigen begriffen: Seit meinem Amtsantritt haben wir in den Stadtberner Volksschulen gegen 100 neue Klassen eröffnet. Dieses Wachstum geht in den nächsten Jahren weiter. Das stellt uns vor die Herausforderung, genügend resp. genügend zeitgemässen Schulraum zur Verfügung zu stellen. Ausserdem führen wir seit diesem Sommer die Classes bilingues, wo Kinder bereits ab dem Kindergarten zweisprachig unterrichtet werden. Die Nachfrage ist übrigens ziemlich gross. Mit Pilotprojekten sammeln wir seit dem Schuljahr 2018/19 zudem Erfahrungen mit Ganztagesschulen.

Was kann die Stadt dafür tun, dass Jugendliche für ihre Weiterbildung an einem Gymnasium oder für die Lehre gerüstet sind?
Die «Berufliche Orientierung» ist von der 7. bis zur 9. Klasse ein fixer Bestandteil des Lehrplans 21. Hierbei wird sehr stark darauf geachtet, dass sich die Jugendlichen für eine Ausbildung entscheiden, die ihren Kompetenzen und Wünschen entspricht. Wichtig ist auch der Einbezug der Eltern: Eine Erhebung hat gezeigt, dass Eltern auch für Jugendliche noch immer die wichtigsten Bezugspersonen sind. Zudem haben einige Eltern ein falsches Bild davon, was etwa ein Gymnasium für ihre Kinder bedeutet.

Was ist mit Kindern und Jugendlichen mit besonderem Talent?
Besonders begabte Kinder und Jugendliche werden mit Kursangeboten speziell. Zudem gibt es Sportklassen, in denen Jugendliche, die Leistungssport betreiben, ab der 7. Klasse Schule und Sport verbinden können Solche Angebote gibt es auch in Gymnasien und Lehrbetrieben.

Was hat sich im Bereich der Kitas getan, ein Angebot, das in den letzten Jahren aufgrund der veränderten gesellschaftlichen Situation immer beliebter wurde?
Dank der Kitas ist es heute für beide Elternteile möglich, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen. Aber Kitas sind auch pädagogisch wertvoll: Hier lernen Kinder Verantwortung und Rücksicht zu nehmen, tauschen sich mit Gleichaltrigen aus und lernen gegenseitig voneinander. Sprich: Für das Erlernen von Sozialkompetenz sind Kitas äusserst wichtig. Städtische und private Kitas arbeiten gut zusammen. Allerdings gibt es in gewissen Quartieren bereits Wartelisten für Kita-Plätze.

Welchen Bildungsweg haben Sie selbst eingeschlagen?
Ich habe den Kindergarten und einen Teil der obligatorischen Schule in der Länggasse besucht. Die Matur machte ich am Gymnasium Kirchenfeld – danach habe ich in Bern Biologie studiert und in Zürich ein Nachdiplomstudium in Umweltwissenschaften absolviert.

Aufgrund von welchen Kriterien haben Sie sich entscheiden, genau diesen Weg zu gehen?
Der Einfluss meiner Eltern war sicherlich vorhanden. Sie haben mich bestärkt, das zu tun, was mich interessiert. Mich faszinierten seit jeher Zusammenhänge und komplexe Systeme. Das sind zentrale Themen in der Biologie und in den Umweltwissenschaften.

Politikerin ist hingegen kein Beruf, den man erlernen kann.
Politik wurde für mich erst an der Uni ein Thema, wo ich in die Studentenpolitik einstieg. Das Thema Bildung dominierte damals, wir lancierten unter anderem die Volksinitiative «Uni für alle». Gleichzeitig wurde ich beim WWF und Pro Natura aktiv, parlamentarische Politik hat mich noch nichtsehr interessiert. Parlamentspolitik ging mir irgendwie zu langsam. Durch mein Engagement in der Umweltbewegung und der Gewerkschaft kam ich schliesslich zum Grünen Bündnis (GB), wo ich auf Anhieb in den Stadtrat und zwei Jahre später in den Grossrat gewählt wurde, obwohl die Aussichten, direkt ins Stadtparlament gewählt zu werden, zunächst eigentlich ziemlich klein waren. Ich stellte fest, dass man in einem Parlament durchaus etwas bewegen kann. Von 1995 bis zu meiner Wahl als Gemeinderätin politisierte ich im Nationalrat für die Grünen.

Wie intelligent sind eigentlich Bernerinnen und Berner?
Uns wird nachgesagt, bedächtig zu sein und daher überlegt zu handeln. Das sind keine schlechten Voraussetzungen, um intelligente Entscheidungen zu fällen. (lacht) Im Ernst: In der Stadt Bern leben. Menschen aus 165 Nationen. Sie bilden ein Potenzial, um intelligente Lösungen in Politik, Wirtschaft und Wissenschaft zu finden. Nicht zuletzt sind wir ja bekannt für Schokolade und für wichtige Beiträge in der Klima- und Weltraumforschung.

Yves Schott

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