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«Wir wollen das Festival in einer besseren Version übergeben. »

Lena Fischer und Rolf «Bobby» Bähler sprechen inmitten von Baggern und Gerüsten über ihr allererstes Gurtenfestival, hitzig diskutierte Line-ups und das Erbe, das sie in die Zukunft führen.

Welche Gefühle überkommen Sie beim Anblick der Grossbaustelle, wenige Wochen vor Festivalbeginn?
Lena: Da ich nicht im Bau tätig bin, fahre ich nur alle paar Tage nach oben auf den Hügel, für Sitzungen oder Medientermine. Deshalb nehme ich die Fortschritte umso bewusster wahr und denke: Schon bald geht es los!
Bobby: Für mich ist es die Umsetzung dessen, was wir von langer Hand geplant haben – das ist befreiend, weil die Theorie in die Praxis übergeht. Ich staune jeweils, wie schnell es vorangeht und das Gelände Form annimmt. Zwei Wochen vor dem Festival vereint das gesamte Team seine Kräfte vor Ort.

Wartet die Jubiläumsausgabe mit Überraschungen auf?
Lena: Am Sonntag wird das Zeltbühnengelände geschlossen sein, was dem Setting bis 2017 enspricht. Ansonsten wird passieren, was angesagt ist!

Was bedeutet es für Sie, dass das Festival einen Tag länger dauert als sonst?
Bobby: Das werden wir sehen…! (lacht)
Lena: In der Planung ist es kaum ein Mehraufwand, weil nicht zusätzlich oder anders gebaut wird. Hingegen braucht es mehr Personal und dieses ist herausgefordert, seine positive Energie einen Tag länger zu versprühen.
Bobby: Das Festival um einen Tag zu verlängern, halte ich für die beste Art, das Jubiläum zu feiern: ein Geschenk an alle Menschen, um den «Güsche» voll auszukosten.

Länger feiern heisst mehr Hunger: Wie gestaltet sich das Food-Angebot?
Lena: Die grosse Veränderung haben wir letztes Jahr vollbracht mit neuen Ständen und 50 % vegetarischen Angeboten. Dieses modernisierte Konzept führen wir fort, sodass alle ihren Hunger vielseitig stillen können – auch über mehrere Tage hinweg.

Welche sind Ihre allerersten Gurten-Erlebnisse?
Lena: Ich war mit 14 Jahren zum ersten Mal am Gurtenfestival und habe auch auf dem Hügel übernachtet, obwohl ich in der Stadt Bern gewohnt hatte. Ich fand das Gesamterlebnis mit Musik, Menschen und Aussicht grossartig. Meine Heimatstadt so zu erleben: wow!
Bobby: Als 16-Jähriger kam ich aus dem beschaulichen Münsingen hierher – und war überwältigt. Von da an wusste ich: Ich will in der Eventbranche arbeiten.

Haben Sie danach kein Gurtenfestival ausgelassen?
Lena: Ich war in verschiedenen Funktionen am Festival tätig … für eine Promo haben wir Leuten Sonnencreme eingerieben – das wäre heute wohl undenkbar! (lacht) Später habe ich Musikschaffende hier bei ihren Auftritten begleitet, beispielsweise Seven.
Bobby: Mein erster Festivalbesuch hatte mich dazu motiviert, das Schlossgut-Festival in Münsingen auf die Beine zu stellen. 2001/2002 begann ich meine Laufbahn in der Eventbranche und engagierte mich fortan für das Gurtenfestival.

Was hat Sie zum Rollenwechsel von Gästen zu Gastgebern bewogen?
Bobby: Ich mag es, komplexe Herausforderungen zu lösen, mit dem Ziel, dass Tausende Menschen durchdrehen vor Freude. Diese Emotionen auszulösen, ist für mich sinnstiftend. Privat mische ich mich nur ungern unter die Menge …
Lena: Musik und Kultur sind mein Ding, aber ich bin lieber hinter der Bühne. Mich motiviert es, meinen kleinen Teil dazu beizutragen, dass Menschen unvergessliche Momente erleben. Diese Freude während den Konzerten in den Gesichtern zu sehen, ist die grösste Belohnung.
Bobby: Das Festival ist ein zeitgemässer Spiegel unserer Gesellschaft. Hier treffen sich Menschen jeglicher Couleur und mittlerweile aus drei Generationen. Wir haben die ehrenvolle Aufgabe, dies geschehen zu lassen und den Ort dafür zu erschaffen.

Das Gurtenfestival ist geschichts­trächtig – was löst dieses «Erbe» bei Ihnen aus?
Lena: Vieles von damals ist heute unvorstellbar, gerade im technischen Bereich. Ich finde es beeindruckend, dass das Format über Jahrzehnte erhalten geblieben ist. Wir wollen sicherstellen, dass die Geschichte weitergeschrieben wird, unabhängig von uns als Personen.
Bobby: Die Entwicklung ist verblüffend. Zu erwähnen ist jedoch, dass das Festival schon dazumal 15 000 Menschen auf den Hügel lockte. Man durfte grillen und musste sein Geschirr selbst mitbringen – heute setzen wir Mehrwegkonzepte um. Wir besinnen uns auf bodenständigere Werte. Das grösste Ziel ist, dereinst das Festival in einer besseren Version als der heutigen in andere Hände zu übergeben.

Das Line-up wird stets viel und heiss diskutiert. Wie stehen Sie dazu?
Lena: Es gibt zwar einen Teil von Menschen, die das Festival mehr wegen des Klassentreffen-Vibes besuchen als wegen der Musik. Dennoch liegt uns viel daran, mit den Acts zu überzeugen. Deshalb investieren wir beträchtliche Ressourcen in das Booking, damit sich ein kuratiertes Gesamterlebnis ergibt.
Bobby: Es ist und bleibt ein Musikfestival: Die Kunstschaffenden, die auftreten, steuern auch die Diversität des Publikums – es liegt in unserer Verantwortung, die heutige Zeit musikalisch abzubilden und den Zeitgeist zu treffen. Nebst den «sichereren Werten» scheuen wir uns nicht davor, die Leute zu überraschen – oder gar zu schocken. (lacht)

Daniela Dambach

PERSÖNLICH

Lena Fischer war bereits in unterschiedlichen Funktionen am Gurtenfestival tätig, ehe sie 2019 als Leiterin «Marketing  &  Kommunikation» in die Geschäftsleitung eintrat. Die 34-jährige Bernerin, die bei «Sony Music» und zuletzt im Management-Team (redkey) von Seven arbeitete, ist unter anderem für das Booking mitverantwortlich.

Rolf «Bobby» Bähler, am 23. April 1983 in Münsingen geboren, fasste nach seiner Lehre als Elektroinstallateur in der Event-Branche Fuss und prägte die Berner Szene unter anderem mit seinen Engagements im Club Bonsoir, Bierhübeli oder City-Pub. Seit 2019 ist er in der Geschäftsleitung des Gurtenfestivals.

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