Anja und Christian Häni erzählen ihre Liebesgeschichten zum Titelsong des neuen Halunke-Albums «Du verliebsch di» und was sie an Endo Anaconda bewunderten.
Welche autobiografischen Erinnerungen verbindet ihr mit der Zeile «Du verliebsch di immer wider, aber nid in mi» aus eurer aktuellen Single?
Anja: Ich habe diese Erfahrung in meiner Jugend ein paar Mal gemacht. Zum Beispiel gab es in der ersten Klasse einen Roger, in den alle verliebt waren, der aber letztlich keine von uns auserwählt hat.
Christian: Bei mir ist es auch die klassische Geschichte des Mädchens, auf das alle standen. Nur war sie zwei Klassen über mir und hat mir einmal auf dem Heimweg gesagt, dass wir zusammen wären, wenn ich einen Kopf grösser wäre. Das war auf der einen Seite ein Kompliment, aber auch eine finale Absage, die weh getan hat.
Wer hat sich zuerst verliebt, als ihr euch begegnet seid?
Anja: Bei uns war’s Liebe auf den ersten Blick.
Christian: So kitschig wie es tönt! (Lacht) Dabei habe ich nie an sowas geglaubt. Man kann es sich ja wirklich nicht erklären. Wir sind sehr unterschiedliche Menschen, und vielleicht genau deshalb ergänzen wir uns so gut.
Was hat euch auf Anhieb aneinander gefallen?
Anja: Ich glaube schon, dass «Häni» optisch in mein Beuteschema gepasst hat. (Lacht)
Christian: Ich fand ihre Stimme und den Zuger Dialekt sehr anziehend. Da ich sonst fast nur Berndeutsch höre, klingt er geradezu exotisch.
Hatten sich Scream damals schon aufgelöst?
Christian: Nein, noch nicht, aber die Zeit war bald reif, denn wir waren «Giele», die mit der Band gemeinsam erwachsen wurden, aber irgendwann merkten, dass sie unterschiedliche Interessen haben.
Wie sind Halunke entstanden?
Christian: Wir haben zuerst nur Underground-Konzerte gegeben, anfänglich sogar nur mit Masken, weil es mir wichtig war, nicht als Sänger von Scream beurteilt zu werden, weil das sonst ein riesen Stempel gewesen wäre.
Und was für eine musikalische Vorgeschichte hattest du?
Anja: Ich habe mal Klavier gespielt, dann aber wieder damit aufgehört. Durch die Arbeit im Bierhübeli und bei der Eventagentur Appalooza bin ich dann aber ins Musikbusiness hineingewachsen.
Wie hat sich deine Rolle bei Halunke entwickelt?
Anja: Zuerst habe ich das Booking und Management gemacht, später im Studio Backing Vocals gesungen. Als Halunke einen Auftritt am Gurten Festival hatten, wo ich in der Organisationen mitwirkte, forderte mich «Häni» mehr aus Jux auf, auch mal live Backing Vocals zu singen.
Christian: Ich fand es erstaunlich, wie selbstbewusst und abgebrüht Anja auf die Bühne ging, als wäre es das Normalste auf der Welt.
Auf den Bandnamen seid ihr bei einem Stiller Has Konzert gekommen. Aus welchem Lied stammt er?
Christian: Es war kein Song, sondern Endo (Anaconda), der uns inspirierte. Was mich bei ihm immer faszinierte, waren seine Texte. Das um die Ecke Denken und die ausufernde Sprache. Sein Mut machte mich mutiger.
Anja: Für mich war Endo ein bisschen ein Halunke, ein sympathisches Schlitzohr.
Eure Lieder sind ebenfalls bilderreich und humorvoll. Wie ist eigentlich «Rote Teppich» entstanden, der euch beim breiten Publikum bekannt machte?
Christian: Wir machen sonst nie Ferien, aber 2019 entschieden wir uns, mal einen Monat in einem abgelegenen Haus im Tessin auszuspannen – und schrieben dann trotzdem ein Album. Eines Morgens hat mich die Aussicht auf die Rebberge und den Lago Maggiore, die wie ein roter Teppich unter uns lagen, zu diesem Lied inspiriert. Es war jedoch eine Zangengeburt, bis aus einem Uptempo-Song nach längerem Pröbeln diese Ballade geworden war. Am Ende bekamen wir darauf viel positives Feedback. Manche Leute heirateten sogar dazu! (Lacht)
Und wie wurde daraus «Für di»?
Christian: Wir hatten eine Idee für den Preis, den man sich nicht kaufen kann, der «Radio Bingo Show» unseres Freundes Beat Schlatter: Die Personalisierung eines unserer Songs. Die Gewinnerin, eine über 80-jährige Frau, wollte mit ihr dem Pflegepersonal, zu dem auch ihre Enkel zählen, für seine Leistung während der Pandemie danken. Damit daraus nicht einfach ein «nettes Liedchen» wurde, haben wir bei Pflegenden und Pflegeorganisationen recherchiert, um so unseren Respekt und unsere Wertschätzung auszudrücken.
Zurück zu einer anderen «Paarbeziehung». Wem ist die neue Hymne «Compañero» gewidmet?
Christian: Ich habe diesen Song für meine zwei besten Freunde geschrieben, die lustigerweise beide Simon heissen und mir verzeihen, dass ich ein furchtbarer Freund bin. Ich melde mich zwar bei ihnen, aber es ist schwierig, mit mir etwas abzumachen, weil ich selten Zeit habe. Aber wir sind uns trotzdem sehr nahe.
Anja: Auch da ist meine Situation ähnlich, weil ich schon seit zwanzig Jahren von meinem Heimatort Baar weg bin. Obwohl ich meine Jugendfreundinnen nicht viel sehe oder höre, habe ich mit ihnen eine engere Beziehung als mit manchen Freundinnen, die ich später kennengelernt habe.
Reinhold Hönle
PERSÖNLICH
Der Berner Christian Häni (42), Ex-Sänger von Scream («Aquarium»), und die Zugerin Anja Häni (45) gründeten 2010 das Duo Halunke, das für seine Debüt-CD «Souerei» mit dem «Best Talent»-Award von SRF 3 ausgezeichnet wurde. Die letzten Alben «Flamingo», «Ponyhof» und «Superheld» erreichten die Top-10 der Hitparade. Das von Thomas Fessler (Hecht) produzierte «Du verliebsch di» hat mit seinen eingängigen Mundartpop-Songs mindestens ebenso viel Chart-Potenzial.