Porträtklassval

Bei Valsecchi und Nater gehört Streiten zum Programm

Was sich liebt, das neckt sich: Diego Valsecchi und Pascal Nater feiern mit dem Kabarettabend «Rosenhochzeit» ihr zehnjähriges Bühnenjubiläum. Die Premiere steigt in Bern – was nichts als logisch ist.

Zwei verschiedene Welten und trotzdem verbunden – so beschreiben die beiden in einem neu geschriebenen Lied ihre langjährige Bühnenbeziehung. Die Dynamik zueinander zu thematisieren, hat bei den beiden Kabarettisten, die als Duo Valsecchi & Nater durch die ganze Schweiz tingeln, Tradition. «Das interessiert die Leute», so Valsecchi. «Kleine Streitereien, die auf der Bühne ausgetragen werden, gehören dazu.» Valsecchi ist aus einem kleinen Walliser Dorf nach München in die weite Welt gezogen und schliesslich in Bern zum gefeierten Schauspieler bei Bühnen Bern geworden. Nater stammt aus Winterthur, hat in Bern Musik studiert und sich in der freien Theaterszene und als Radiojournalist betätigt. Valsecchi ist das extrovertierte Bühnentier, Nater der introvertiertere Tüftler, der am Klavier sitzt. Die Kombination von Satire und Musikkabarett mit eigens geschriebenen Liedern in Mundart ist in der Schweiz ziemlich einzigartig. «Wir sind das männliche Pendant zu Knuth und Tucek», erklären beide unisono. Was nervt den einen am anderen? Valsecchi schaut bestürzt. «Das würde er nie sagen», meint Nater. «Als Zweierkiste ist man aneinandergebunden, wird müssen harmonisch sein.» Da die beiden ihre Konfikte auf der Bühne austragen, kommen sie privat umso besser klar. «Man ist nie sich selbst auf der Bühne. Wir sind überhöhte Personen von uns selbst», sagt Valsecchi. «Das stimmt», fügt Nater an. «Auf der Bühne bin ich noch neurotischer und meine Glatze hat noch weniger Haare.» In ihrem vorletzten, vierten Bühnenprogramm mit dem Titel «Macht Liebe!» legten sich die beiden wortwörtlich auf die Couch eines Therapeuten, die Politologin Regula Stämpfi wurde als Expertin in Form eines auf der Bühne stehenden Lautsprechers zugeschaltet. «Unsere auf der Bühne ausgetragenen Konfikte widerspiegeln oft gesellschaftliche Auseinandersetzungen», so Valsecchi. So gerieten sich die beiden etwa schon bei der Frage, wer nachhaltiger lebe, in die Haare. Der Therapeut musste intervenieren, als der eine dem anderen vorwarf, ein Avocado-Fresser zu sein. Doch «Macht Liebe!» war in diesem Programm tatsächlich Programm: «Hüt mache mer mal öppis Nöis, mir verträge öis», singen sie im überhöhten Stil des Musical-Genres.

Das Fiasko in Deutschland
Mit dem fünften Programm feiern Valsecchi & Nater nun unter dem Motto «Rosenhochzeit» das zehnjährige Jubiläum und die Wiedervereinigung mit dem Publikum nach der langen coronabedingten Bühnenabstinenz. Eine Reise durch die letzten zehn Jahre versprechen die beiden. Ihr legendärer Song «Kuno» darf dabei nicht fehlen. In diesem Lied geht es um jemanden, der sich politisch betätigen möchte, aber letztlich durch den komplizierten Prozess mit lauter Vernehmlassungen ausgebremst wird. Kuno ist eine typische Valsecchi & Nater-Figur. Nater hat die Tücken des sich Engagierens selbst erlebt und daraufhin den Song geschrieben. «Jeder kann ein Kuno sein», sagt Valsecchi. Auch die mittelständische Herkunft ist immer mal wieder Thema bei Valsecchi & Nater. «Wir sind mit miefgen Mehrzweckhallen aufgewachsen», meint Nater. «Und treten immer noch in solchen auf», lacht Valsecchi. Dass die Premiere in der Berner La Cappella stattfndet, ergibt Sinn. Denn in Bern haben sich die beiden Entertainer kennengelernt. Es war während eines Theaterprojektes auf dem Waisenhausplatz. Valsecchi gab den Showmaster aus den Bergen, Nater schrieb Lieder für die Show. Man fand und verstand sich. «Mittlerweile haben wir auch das verfixte siebte Jahr hinter uns», sind sich beide einig. Tatsächlich hatten sie im siebten Jahr eine Krise und erlebten in Deutschland, wo das Publikum davonlief, weil sie dort gänzlich unbekannt waren, ein Fiasko. Kein Drama – denn das eigene Scheitern befördert die Kreativität der beiden Kabarettisten. «Krisen sind gut fürs Geschäft», ist Valsecchi überzeugt. Nur über die momentane Spaltung der Gesellschaft mögen die beiden keine Witze machen. Sie versprechen zwei coronafreie Stunden in ihrem neuen Programm. «Man hat uns immer gesagt, man müsse mindestens zehn Jahre Kabarett machen, um sich zu etablieren», sagt Nater. «Diese Ochsentour haben wir nun hinter uns», fügt Valsecchi an. «Wir sind gespannt, was noch kommt.»

Helen Lagger

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