Michael Mittermeier über sein Programm «#13», das Jubiläum von «Zapped!» und den Podcast von Tochter Lily.
Welche Gefühle verbinden Sie mit der Zahl 13?
Für mich ist 13 eine Glückszahl. Ich habe auch keine einzige schlechte Erinnerung an einen Freitag den Dreizehnten. Deshalb finde ich es total schräg, dass es in Flugzeugen keine 13. Sitzreihe gibt, kein 13. Stockwerk oder Hotelzimmer mit der Nr. 13. So war für mich klar, dass sich mein 13. Programm um diese Zahl und alles, was ihr zugeschrieben wird, drehen muss. Schliesslich ist die 13 auch ein Symbol für unsere Zeit.
In welcher Hinsicht?
Es heisst immer, es wäre fünf vor zwölf, wenn wir unseren Planeten retten wollen. Nein, das war’s in den Achtzigerjahren. Inzwischen ist es bereits viertel nach eins, also nach 13 Uhr! Ich frage mich, welche Uhren haben die Leute? Ich bin sicher: Sogar die Berner denken schon: «Freunde, langsam ist es an der Zeit, in die Gänge zu kommen!»
Und wie sind Sie bei diesem Programm in die Gänge gekommen?
Ich habe eine Sammelsurium-Datei mit Ideen, Notizen und Fragmenten, wo ich mal darüber improvisiert oder gerifft habe, doch ich konnte kein Programm schreiben, solange es unklar war, dass es wieder Auftritte geben würde. Das war energetisch nicht möglich. Dann hat sich dieses Corona-Zwischenprogramm reingeschlichen, als ich merkte, dass es mein Job ist, die absurden und lustigen Geschichten zu erzählen, die mir und allen anderen gerade passierten. Gleichzeitig wollte ich verhindern, dass mir das Virus meine «#13» infiziert. Jetzt interessieren mich eher Dinge wie, was es mit uns macht, dass wir spät dran sind. Beim Autofahren zum Beispiel ist es bei mir so, dass ich aggressiv werde. Dann mahnt mich meine 14-jährige Tochter: «Papa, kannst du bitte ein bisschen runterkommen?» «Ja, okay …» Lily hat ja Recht, denn in der Hast geht so manches schief.
Sie wirkt auch sonst ziemlich clever. War der Familienpodcast ihre Idee?
Nein, der hat sich aus dem ersten Lockdown heraus entwickelt. Meine Frau, Lily und ich sind noch näher zusammengerückt. Es gab keine Schule und nichts. Wir haben gemeinsam Fernsehen geglotzt, auch mal eine ganze Staffel in zwei Tagen, als ob wir überlange Weihnachtsferien hätten … Aber vor allem führten wir ganz viele coole Gespräche, auch über politische Themen. Ich dachte mehr als einmal: «Wahnsinn, wie die Jungen heute denken. Die haben teilweise einen völlig anderen Zugang als wir.»
Und wie entstand dann «Mittermeiers Synapsen Mikado»?
Ich finde, die ältere Generation machte nur schlechte Teenager- oder Pubertätswitze, aber hört zu wenig zu. Also sagte ich zu meiner Frau: «Es wäre total geil, wenn es einen Podcast gäbe, in dem man mit den Kids auf Augenhöhe redet.» Und sie meinte, dann solle ich ihn selbst machen, worauf ich einwarf, dass wir ja nicht raus dürften. «Stell doch einfach dein Handy auf, rede mit Lily, aber filme nur dich.» Zuerst war das nur ein Spassprojekt, aber nach dem extrem positiven Feedback besorgten wir uns nach dreissig Folgen doch noch eine Profiausrüstung.
Ist Lily auf den Showbusiness-Geschmack gekommen?
Nein, darauf hat sie überhaupt keinen Bock, null, aber sie hätte es bestimmt drauf. Wenn sie nicht meine, sondern die Tochter eines Freundes wäre, würde ich sagen: «Du musst sie auf Open Mics schicken. Hör dir an, wie schlagfertig sie ist. Einfach schweinetalentiert!» Dabei ist sie auch mal zehn Minuten über die neuen Abtreibungs-Gesetze in den USA hergezogen oder wollte die AfD erklären und hat dabei den Ku-Klux-Klan als Vergleich herangezogen. Fuck, da raved and ranted meine Lily als ob sie nie was anderes getan hätte! (Lacht)
Sie sind vor ein paar Monaten mit «Zapped! – ein TV-Junkie kehrt zurück» in der Schweiz aufgetreten. Wie fühlen sich die alten Nummern heute an?
Ich finde es geil, das 25-Jahre-Jubiläum dieses Programms auf die gleiche Art zu feiern wie meine Lieblingsband U2 bei 30 Jahre «The Joshua Tree» getan hat. Sie spielten das Album von A bis Z, was bei Stand-Up-Comedy schwieriger wäre, da sich der Humor und vor allem die Realität, die man auf die Schippe nimmt, ständig verändern. Dem habe ich Rechnung getragen, aber das Gerüst bilden immer noch die alten Highlight-Nummern.
Was für ein Publikum sprechen Sie damit an?
Es hat viele jüngere Fans im Saal und wenn ich frage, wer «Zapped!» schon mal live erlebt hat, hebt manchmal die Hälfte des Publikums die Hand. Wenn ich es schaffe, dass auch ein 25-Jähriger aus dem Saal kommt und schwärmt «Was für eine geile Show!», bin ich hochzufrieden.
Und das ist Ihnen gelungen?
Extrem gut, obwohl ich enorm unter Zeitdruck stand, weil so viele Auftritte geplant waren, aber keine Tryouts. Nachdem die Premiere in München wegen den Corona-Restriktionen abgesagt werden musste, fand sie im Winterthurer Casinotheater statt. Da hatte ich echt Schiss, weil ich unsicher war, welche alten Nummern noch verstanden werden. Als ich «Edgar Wallace» machte, merkte ich schnell, dass ich sie abkürzen muss, weil keine Energie mehr drinsteckt. Dagegen hat der «Auslandkrankenschein», wo ich zweifelte, wie der im Zeitalter der Chipkarten wohl ankommt, bestens funktionierte. Als ich mit Torsten Sträter darüber sprach, meinte er: «Das ist eine perfekte Comedy-Nummer, und eine perfekte Nummer darf man nicht ändern. Es reicht, wenn sich die Leute auf sie einlassen.»
Sind Sie in anderen Fällen auf die junge Generation eingegangen?
Ich versuche gar nicht zu viel zu überlegen, sondern weiterhin im hier und jetzt zu sein. Trotzdem drängte es sich auf, auch neue Serien wie «Game Of Thrones» oder «Der Bachelor» in diesem Jubiläumsprogramm einzubauen.
Wie fühlt es sich an, wenn junge Comedians auf Sie zukommen und gestehen, dass Sie Ihr Jugendidol waren?
Total irre! Ich hätte mir nie vorstellen können, dass mal eine «Tagesthemen»-Moderatorin zu mir kommt und sagt: «Ich bin mit dir aufgewachsen und habe all deine Nummern auswendig gekannt», denn ich selbst habe Otto und Emil in meiner Jugend fast wie Heilige verehrt.
Was halten Sie von der Schweizer Comedy-Szene?
Da passiert momentan unglaublich viel, was ich grossartig finde. Open Mic, Poetry Slam und Stand-Up bringen viele Talente hervor. Klar, Hazel (Brugger) schreitet als Ikone voran, aber da kommen nun auch jüngere Comedians wie Fabio Landert, Kiko und Charles Nguela nach.
Woran denken Sie, wenn Sie mit «#13» nach Bern kommen?
Ich bin stolz, dass ich lange der einzige Deutsche Comedian war, der sich relativ gut mit den Verhältnissen hierzulande auskannte, weil ich dort, wo ich toure, immer mit den Leuten rede. So erfuhr ich, dass die Berner für die Zürcher langsam sind, aber diese im ganzen Land als hochnäsig gelten und dafür verschrien sind. Ich schätze die Gemütlichkeit in Bern sehr und fand es unheimlich lustig, dass ausgerechnet dort, wo die Menschen eh schon wegen ihrem «Speed» belächelt werden, pioniermässig Marihuana in den Apotheken verkauft wurde. Was für eine Selbstironie!
Reinhold Hönle
Michael Mittermeier tritt mit seinem Stand-Up-Comedy-Programm «#13» am 8. Oktober in der Kursaal Arena auf. Der Bärnerbär verlost 2×2 Tickets für den Auftritt: Schreibe für die Teilnahme eine Mail mit dem Betreff «Mittermeier» an redaktion@baernerbaer.ch. Darin bitte auch gleich Name und Adresse vermerken, sodass die Tickets rechtzeitig verschickt werden können. Teilnahmeschluss ist der Donnerstag, 6. Oktober 09.00h.