Slider Vonmoos
Seit 2015 ist der Könizer Joël von Moos als Komponist selbständig. Foto: Helen Lagger

Ein einstiger Chorknabe bringt den Tod ins Münster

Joël von Moos hat die erste schweizerdeutsche Totenmesse komponiert. Dabei präsentiert er verschiedene Sichtweisen auf den Tod und lässt diesen als düsteren Sensenmann im Münster auftreten.
­
Die meisten verstehen nicht, was in einer Totenmesse gesungen wird, denn der Text ist gemeinhin auf Lateinisch. Der 31-jährige Komponist Joël von Moos hat nun mit «Totämäss» die erste Version eines Requiems auf Schweizerdeutsch geschrieben. Dem ist eine lange Recherche vorausgegangen, wobei sich von Moos auf alle gängigen Totenmessen abgestützt hat, etwa auf Mozarts berühmtes Requiem von 1791. Verschiedene Sichtweisen auf den Tod werden dabei präsentiert. Sechs Solistinnen und Solisten, ein Chor, Orgel, Akkordeon und verschiedene Glocken wie Trycheln, Totäglöggli und Talerbecken lässt von Moos das Lied vom Tod spielen. Und dieser tritt auch leibhaftig auf. Der Berner Akkordeonist Dejan Skundric betritt in einem szenischen Moment ganz in Schwarz gehüllt das Münster. Er lässt sich von drei Jodlerinnen (Nadja Räss, Daria Occhini, Andrea Küttel) bezirzen und betrügen. Das verspricht grosses Kino. «Mit Plateau-Schuhen haben wir nachgeholfen, sodass unser Tod über zwei Meter gross ist», so von Moos. Bei seinem Auftritt spiele die Orgel den tiefst möglichen Ton, was für zusätzliche Dramatik sorge.

Der Tod spielt Akkordeon
Auch als jemand im Stück stirbt, ist natürlich der Tod gefragt. Skundric spielt dabei auf dem Akkordeon schnell wie der Teufel, eine Agonie oder auf Berndeutsch formuliert «Die letschti Wehr». Dabei schnauft der Chor effektvoll ein und aus – wortwörtlich bis zum letzten Atemzug. Die Verbindung von Klassik und Volksmusik spielt in den Kompositionen von Joël von Moos häufig eine Rolle. Dabei geht es ihm nicht um einen Stilmix, sondern darum, beides organisch zu vereinen. Seine «Totämäss» hat von Moos seinen Grosseltern gewidmet, dem 2021 verstorbenen Grossvater und seiner noch lebenden Grossmutter. «Ich bin in einem Generationenhaushalt aufgewachsen und hatte und habe ein enges Verhältnis zu meinen Grosseltern.» Seine Ideen kommen von Moos oft, wenn er mit seinem Vintage-Motorrad, einer Kawasaki Zephir, unterwegs ist. «Ich bin dann irgendwo auf einem Pass und schreibe in mein Notizbüchlein.» Später sitzt er am Klavier und schliesslich folgt die Knochenarbeit am PC. Von Moos lebt seit 2015 in Bern und seit kurzem in Köniz. Nebst Klavier, Gesang und Schlagzeug widmet sich von Moos als Instrumentalist vor allem der Kirchenorgel. «Als Komponist musst du möglichst viele Instrumente verstehen», so von Moos, dessen Mutter Flötenlehrerin war und dessen jüngerer Bruder Dirigent geworden ist. «Ich lernte als Kind Klavier und sang im Chor der Luzerner Kantorei, jenem Chor, den ich nun für meine Totenmesse verpflichtet habe.» Dass so junge Stimmen den Tod intonieren, findet von Moos reizvoll. Er selbst habe ein gutes Verhältnis zum Tod. «Ich denke, wenn er kommt, sollte man sich nicht wehren.»

Auf den Spuren eines Mystikers
Als freier Komponist Aufträge zu bekommen sei schwierig, so von Moos. So entschied er sich schliesslich für die Selbstständigkeit, gewissermassen, um sich selbst Aufträge geben zu können und studierte an der Hochschule der Künste in Bern Musikmanagement. 2015 gründete er sein Label JVM Productions. Sein professionelles Debut gab von Moos mit «Dorothea» (2017), einer Kantate zu Ehren des Niklaus von Flüe. Der vermögende Bauer und späte Mystiker lebte mit seiner Frau Dorothea und zehn Kindern in Obwalden, im 15. Jahrhundert. Warum wird er 600 Jahre später noch immer verehrt? «Den Ursprung dieser Geschichte hat mich interessiert», so von Moos. Seine Komposition ist ein Dialog zwischen Niklaus und dessen Frau Dorothea – die dieser verliess, um sich zurückzuziehen – geworden. Rezitative und Arien wechseln sich ab. Tiefe Traurigkeit kommt zum Ausdruck, weshalb diese Komposition auch schon an Beerdigungen gespielt wurde. Mit der pünktlich zu Allerheiligen uraufgeführten «Totämäss» setzt von Moos nun sein Schaffen fort, lässt das Toteglöggli läuten und den Sensenmann ins Münster einmarschieren.

Helen Lagger

PERSÖNLICH

Joël von Moos wurde 1991 in Sachseln (Obwalden) geboren. Nach Abschluss des Gymnasiums hat er in Freiburg Medien- und Kommunikationswissenschaften, Germanistik und Schweizerische Zeitgeschichte studiert. An der Hochschule der Künste Bern folgte ein Master in Musikmanagement. Seit 2015 ist er unter dem Label JVM Productions als Komponist selbständig tätig. Von Moos lebt in Köniz.

Aufführungen der Konzert­reihe «REQUIEM 2023»

1. November 2023:
Lukaskirche, Luzern | WELTPREMIERE
Konzertbeginn: 17 Uhr | Türöffnung: 16.15 Uhr

3. November 2023:
Münster, Bern | SPEZIALAUFFÜHRUNG inkl. LICHTKONZEPT
Konzertbeginn: 20 Uhr | Türöffnung: 19.15 Uhr

4. November 2023:
Kirche St. Laurentius, Giswil (OW)
Konzertbeginn: 20 Uhr | Türöffnung: 19.15 Uhr

5. November 2023:
Jugendkirche, Einsiedeln
Konzertbeginn: 17 Uhr | Türöffnung: 16.15 Uhr

Vorverkauf und weitere Informationen:
www.totämäss.ch

Weitere Beiträge

Weitere Beiträge