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Ein Männlein tanzt im Walde

Der Choreograf Joshua Monten inszeniert mit «Faking It» ein Stück mitten im Dahlhölzliwald. Wir haben mit ihm über Fitness, Rituale, Hunde und die Abgeschiedenheit des Waldes gesprochen.

 Treffpunkt ist ein Brunnen im Dahlhölzliwald. Die genaue Stelle hat der Choreograf Joshua Monten dem Bärnerbär per Google Maps zukommen lassen. Ein idyllischer Platz umgeben von hohen Bäumen ist der Schauplatz seiner neusten Tanzproduktion. «Faking It», was sich auf Deutsch mit «Vortäuschen» übersetzen lässt, in ein Stück für vier Tänzer:innen. Zu hypnotischem Sound des neusten Albums des legendären Berner Schlagzeugers Julian Sartorius und in grellen an Fitnessmode orientierten Kostümen, erkunden die Tänzeri:innen den Wald. Inspiriert hat sich Monten an den Aktivitäten, die an dieser Stelle im Wald tatsächlich zu beobachten sind. «Es ist ein Ort, an dem sich Hunde, Frühsportler:innen und Schulklassen  treffen», so der Choreograf. «Bei unserer Gruppe bleibt offen, warum sich sich im Wald versammelt.» Mal wirkt die Truppe als würde sie in einem Bootcamp trainieren, mal als würde sie einen Fruchtbarkeitstanz aufführen. «Das Stück präsentiert einen ganzen Katalog an Ritualen», so Monten. Eine Gemeinschaft treffe sich im Wald, komme zusammen und entdecke schliesslich auch das Publikum, das miteinbezogen werde. Eine klar definierte Bühne gibt es nicht, auch bei leichtem Regen wird weitergetanzt.

In siebe Minuten im Wald
«Ich fühle mich wohl hier», so Joshua über die ungewöhnliche Spielstätte. Die Abgeschiedenheit des Waldes führe zu mehr Freiheit und Authentizität. «Der Boden ist federnd, das lädt zu waghalsigen Bewegungen ein.» Beim Proben hätten er und die Tänzer:innen über Monate mitbekommen, wie die Natur sich verändert habe. Es war mitten im Corona-Sommer als sich hier besonders viele Hunde und ihre Besitzer:innen trafen. «Die Hunde haben sich genau wie wir haben im Brunnen abgekühlt», so der Choreograf. Monten, der in der Nähe von New York aufgewachsen ist und mittlerweile schweizerisch-amerikanischer Doppelbürger ist, fühlt sich in Bern auch wegen der Nähe zur Natur wohl. «In sieben Minuten bin ich mit meinem Fahrrad mitten im Wald.» Der gut ausgebaute öffentliche Verkehr bezeichnet er als «ein Wunder». Amerika fühle sich für ihn mittlerweile fremd an. «Doch ich fühle mich verpflichtet die Ereignisse mitzuverfolgen und zu wählen.» Zum Tanz kam Monten realtiv spät, im Alter von 20 Jahren. Er hatte zuvor Literatur und Anthropologie studiert.

Schwan und Schnauzträger
Als Monten nur so zum Schnuppern am American Dance Festival in North Carolina mitmachte, zog es ihm den Ärmel rein. «Als Mann bis du Mangelware in der Tanzwelt. Das war meine Chance.» Er tanzte bei Bern Ballett vor, dem damaligen Ensemble unter Leitung von Stijin Celis. «Zu meiner grossen Überraschung bin ich genommen worden.» Monten hatte mit geschlossenen Augen zu einem ihm vorgelesenen Text improvisieren müssen. Man erkannte sein kreatives Potential. Von 2004-2008 gehörte er zum festen Ensemble. Er hat diese Zeit genossen. «Einmal war ich ein Schwan in Schwanensee, ein andermal verkörperte ich einen Höfling mit einem riesigen Schnauz.» Als Choreograf ist Monten häufig im Auftrag von verschiedenen Institutionen tätig. So schuf er etwa die Choreografien für das Stück «Le Bal» (2019) für das Theater Orchester Biel Solothurn (TOBS). «Le Bal» erzählt über mehrere Epochen lang, wie die Schweiz sich entwickelte, von der Vor- und Nachkriegszeit, den Vergnügungen und Herausforderungen. Monten schöpfte aus dem Vollen. Liess die Darsteller:innen mal Lindy Hop, mal Steptanz oder Disco-Fox tanzen. «Ich liebe die Vielfalt», so Monten, der in Amerika einst auch Paartanz gelernt hatte. 2012 gründete er seine eigene Compagnie. Seine Stücke sind immer auch Forschungsprojekte, denen Recherchen vorausgehen. Warum es ihn nun in den Wald treibt? «Ich wandere gern und war als Kind bei der Pfadi. Unser Stück ist eigentlich so etwas ein künstlerisches Pfadilager.»

Helen Lagger

PERSÖNLICH

Joshua Monten wurde 1975 in der Nähe von New York City geboren. Er entdeckte im relativ späten Alter von 20 Jahren den Tanz für sich. Durch ein Engagement im Ensemble von Bern Ballett kam er in die Schweiz. 2012 gründete der Tänzer seine eigene Compagnie und tritt seither vor allem als Choreograf auf. Monten ist verheiratet und lebt in Bern.

SPIELDATEN ZUM STÜCK «FAKING IT»

  • 26. August (Premiere) | 18 Uhr
  • 27. August | 18 Uhr
  • 1. September (Schulperformance ab 8 Jahren) | 10 Uhr
  • 2. September | 18 Uhr
  • 3. September | 18 Uhr

Die Aufführungen finden im Dahlhölzliwald statt. Treffpunkt: Waldeingang beim Jubiläumsplatz 18, 3005 Bern. www.joshuamonten.com

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