Mastermind Peter Reber und Rampensau Cuco Dietrich über das Peter-, Sue- & Marc-Musical «Io senza te» an den Thunerseespielen und ihre Abenteuer in Jerusalem.
Was bedeutet es Ihnen, dass Ihr Musical auch bei den Thunerseespielen gespielt wird?
Cuco Dietrich: Für uns ist es wie heimkommen und eine riesen Ehre, dass «Io senza te» nun auf der schönsten aller Musicalbühnen aufgeführt wird!
Peter Reber: Es gab in Bern verschiedene Leute, die nicht verstanden, dass die «Io senza te»-Premiere in Zürich stattfand. Auch wir hätten Bern vorgezogen, doch gab es keine mit dem Theater 11 vergleichbare Lokalität. Und die Thunerseespiele waren 2016 noch nicht offen für ein solches Jukebox-Musical.
Wie ist «Io senza te» entstanden?
Reber: Es ging darum, die Songs, die ich fürs Trio geschrieben habe, in einer anderen Form neu aufleben zu lassen. Entscheidend für die Umsetzung war die Unterstützung von Jean-Marie Fontana von unserer Plattenfirma, der die gleiche Idee hatte. Das erste Buch, das ich zum Lesen bekam, hiess «Djambo, Djambo», doch es war nicht gut genug. Erst als Stefan Huber und Domenico Blass dazustiessen und fünf Exposés machten, nahm die Sache Fahrt auf.
Worum geht es?
Reber: «Io Senza Te» handelt im Wesentlichen von drei Leuten, die Musik machen wollen und im Haifischbecken Showbusiness zu überleben versuchen.
Dietrich: Es ist nicht unsere Geschichte, obwohl es Parallelen gibt und manche Leute sagen, der Jörg Neubauer spielt Pesche, Anja Häseli die Susle und Richie mich.
Reber: Die Figuren singen auch unsere Stimmen und die Mechanismen im Musikgeschäft haben sich in den letzten vierzig Jahren kaum verändert.
In welcher Hinsicht entsprechen Ihnen die Charaktere?
Dietrich: Ich denke, alle sind ziemlich gut getroffen. Anja hat eine wunderschöne Stimme, Jürg ist der Chef und Richie die Rampensau. Wie seine Figur führe auch ich gäng eine Bar! (lacht)
Weshalb haben Sie «Io senza te» als Titel gewählt?
Reber: Er steht symbolisch für unser Trio. «Ich ohne dich» steht im übertragenen Sinn auch für zwei ohne einen. Es brauchte alle drei, um den Peter-, Sue- & Marc-Sound zu erzielen.
Dietrich: Dieser Song ist eine der besten Balladen, die Pesche geschrieben hat. Mit ihr haben wir das letzte Mal am Concours Eurovision teilgenommen und unseren grössten Hit gelandet. Ich singe ihn immer noch gern.
Wie kam es, dass ihr eure Eurovisionssongs in drei Landessprachen und auf Englisch gesungen habt?
Reber: Das war reiner Zufall.
Dietrich: Englisch die Sprache von Pop und Rock, Italienisch ist wunderschön zu singen und Hochdeutsch kam unserer Muttersprache am nächsten, und in der Romandie hat unsere Karriere so richtig begonnen.
Reber: Wir haben den Fernsehwettbewerb «La grande chance» gewonnen und bekamen dort anfangs viel mehr Auftritte als in der Deutschschweiz. Maurice Tézé, der Texte für Stars wie Bécaud und Aznavour schrieb, schlug uns vor, gemeinsam ein Lied für den Concours Eurovision in Dublin zu schreiben. Mit «Les illusions des nos vingt ans» belegten wir 1971 den 12. Platz.
Berndeutsch war fürs Trio kein Thema?
Reber: Nein, wir nahmen nur ein einziges Mundartlied auf, das ich für die Gartenausstellung Grün 80 geschrieben habe: «D’Wält wär voll Blueme.» Es wurde oft im Radio gespielt, aber wir wollten bei unserem internationalen Sound bleiben.
Eine weitere Ausnahme war 1979 «Trödler & Co.» …
Reber: Der erste Klamauk-Song am Concours Eurovision. Wir gingen mit Gerümpel auf die Bühne und fanden es wahnsinnig lustig! (lacht) Wir hatten Pfuri, Gorps und Kniri mal in unserer Sendung «Fernsehkleintheater» und dachten, mit ihnen müsste man diesen riesigen glamourösen Wettbewerb mal auf die Schippe nehmen.
Dietrich: Weil er in Jerusalem stattfand, war er aber auch politisch sehr brisant. Wir brauchten stundenlang, um die Zöllner bei der Einreise davon zu überzeugen, dass wir die Ständerlampe, die Giesskanne und den Gartenschlauch in unserem Gepäck benötigten, um Musik zu machen. Dazu mussten wir am Flughafen sogar ein improvisiertes Konzert geben.
Reber: Bei der ESC-Generalprobe bekam der Regisseur eine Krise, weil er diese Instrumente respektlos fand. Gewonnen hat schliesslich Israel mit dem wunderschönen Song «Halleluja». Danach war ganz Jerusalem auf der Strasse und feierte eine riesen Fete – aus Angst vor einem Terroranschlag unter furchteinflössender militärischer Bewachung.
Dietrich: Mit einem Schaudern erinnere ich mich, dass die Beiz, in der wir Nachtessen waren, einen Tag später in die Luft gejagt wurde.
War die Stimmung unter Ihnen auch schon explosiv?
Reber: Wir haben immer Krach.
Dietrich: Wenn uns keiner beobachtet, geben wir einander «uf d’Schnure»! (lacht) Einmal hatten wir wirklich Lämpe, als ich nach einer durchzechten Nacht in Österreich total kaputt und ohne Stimme zur ESC-Ausscheidung anreiste und mich nicht einmal mehr ganz an den Songtext erinnerte.
Gab es eigentlich ein Buhlen zwischen den Männern um die Gunst der Frau?
Reber: Susle und ich waren die ersten vier Jahre von Peter, Sue & Marc ein Paar – und das genügte.
Dietrich: Ich war der Schlichter – oder der Schlächter? (lacht)
Reber: Die Differenz ist nur ein Buchstabe. Nachdem ich meine Frau Livia 1976 kennengelernt hatte, gab es keine Probleme mehr. Wir sehen uns auch nur noch selten, seitdem Susle im Appenzell lebt, aber dann haben wir es wirklich gut, wie kürzlich bei der «Io senza te»-Premiere an den Thunerseespielen.
Reinhold Hönle