Fabienne Eggelhöfer ist Chefkuratorin am Zentrum Paul Klee. Wir haben mit ihr die aktuelle Gabriele-MünterAusstellung besucht und dabei über Kunst, Klee und Katzen gesprochen.
«Sie war auf faszinierende Weise unabhängig», fasst Fabienne Eggelhöfer, Chefkuratorin am Zentrum Paul Klee, zusammen. Die Rede ist von Gabriele Münter (1877-1962), einer wichtigen Vertreterin des deutschen Expressionismus. Aktuell präsentiert das Zentrum Paul Klee die erste umfassende Retrospektive dieser modernen Pionierin. Münter, die früh Geld geerbt hatte, war finanziell unabhängig und lebte, wie es ihr gefiel. «Sie ist gereist, Velo gefahren, hat Reformkleider getragen und geraucht», so Eggelhöfer. Als Mitbegründerin der Künstlergruppe «Der Blaue Reiter» und Lebensgefährtin des russischen Malers Wassily Kandinsky (1866-1944) war Münter zu ihrer Zeit bestens vernetzt. Doch wie viele ihrer Zeitgenossinnen blieb sie in der Kunstgeschichte lange unbeachtet. «Wir zeigen Münter nicht, weil sie eine Frau ist, sondern weil sie eine gute Malerin ist», stellt Eggelhöfer klar. In ihre Rolle als Chefkuratorin ist Eggelhöfer hereingewachsen. Die Liebe zur Kunst währt schon lange. «Ich habe mit 16 Jahren eine Biografie von Blaise Cendrar gelesen und war total fasziniert von seiner Beschreibung der Pariser Kunstszene.» Nach der Matur begann Eggelhöfer in Fribourg Kunstgeschichte zu studieren, schrieb sich für zwei Semester in Paris ein und schloss schliesslich ihren Master in Bern ab. In der Kleestiftung konnte sie ein Praktikum absolvieren und praktische Erfahrung als Assistentin des Zürcher Künstlers Carlos Matter sammeln. «Ich habe sein Archiv aufgeräumt und gelernt, wie man Ausstellungen macht.»
Eggelhöfer, die Streberin?
Ihre Masterarbeit schrieb Eggelhöfer schliesslich über den Pop-Art-Künstler Andy Warhol, den man fast schon als Gegenspieler zum vergeistigten Paul Klee (1879- 1940) verstehen könnte. «Mich hat interessiert, wie Warhol Strategien aus der Werbung für seine Kunst genutzt hat und umgekehrt», erklärt Eggelhöfer. Eigentlich wollte sie nach dem Studium ins Ausland, da sie Grossstädte liebt. Doch das Zentrum Paul Klee gab ihr immer mehr Verantwortung. Als wissenschaftliche Mitarbeiterin schrieb sie am «catalogue raisonné» und tauchte bei ihren Archivrecherchen immer tiefer ins Werk von Klee ab. «Ich befasse mich schon sehr lange mit Klee und es ist mir noch nie langweilig geworden.» Ins Ausland ging Eggelhöfer schliesslich doch noch, beziehungsweise immer wieder. 2015 und 2016 nahm sie sich eine Auszeit in Los Angeles und forschte zu Klee und den amerikanischen Expressionisten. Wieder zurück kuratierte sie die Ausstellung «10 Americans: After Paul Klee», die sie in Los Angeles, New York und Washington D.C. erarbeitet hatte. Dass Jury Steiner, der einstige Direktor des Zentrums Paul Klee, sie einmal augenzwinkernd als Streberin bezeichnet hat, kommentiert sie lakonisch. «Ich bin gut organisiert. Aber ich arbeite weder abends noch nachts und kann mich auf ein super Team verlassen.»
«Wir sind Katzenmenschen»
14 Mitarbeitende, darunter wissenschaftliche Mitarbeiterinnen, ein Kurator, Registrar und Restauratorinnen führt Eggelhöfer. Wie ist sie als Chefin? «Ich erwarte, dass jede und jeder seine Arbeit macht, denn kontrollieren mag ich nicht.» Mit der aktuellen Direktorin Nina Zimmer versteht sie sich sehr gut. «Sie ist sehr offen und international vernetzt.» Beiden Frauen ist es wichtig, Klee auch nach aussen zu tragen und umgekehrt von aussen Neues nach Bern zu holen. Für die aktuelle Ausstellung reiste Eggelhöfer mehrfach nach München, um mit dem Lenbachhaus und der Gabriele-Münter-Stiftung zu kooperieren. 2019 ging sie nach São Paulo, um dort die erste grosse Klee-Retrospektive zu organisieren und dessen Werk den brasilianischen Konkreten gegenüberzustellen. Privat ist Eggelhöfer mit einem Künstler verheiratet und lebt in Bern. «Wir sind Katzenmenschen», verrät sie. Elvis sei leider gestorben, nun kümmerten sie sich um Mingus. Dass die Katzen nach bekannten Musikern benannt wurden, ist kein Zufall. Die Musik ist nebst der Kunst eine Leidenschaft von Eggelhöfer und ihrem Mann. Ihre riesige Plattensammlung – Jazz, Hip Hop und Indie Rock – hat sie allerdings vor ihrem Los-Angeles-Aufenthalt am Dampfzentrale-Flohmarkt verkauft. «Es gab ein paar tausend Franken, die wir zum Reisen nutzten.» Eggelhöfer sammelt auch Kunst, am liebsten von lebenden Künstlerinnen und Künstlern. So schätzt sie etwa die abstrakte Malerei von Joanne Greenbaum. «Ich habe sie in New York in ihrem Atelier besucht.» Atelierbesuche findet Eggelhöfer etwas vom Schönsten. Bald will sie in Chile Recherchen betreiben, um dort eine Klee-Ausstellung zu organisieren.
Helen Lagger