Slide Capitaniotuere

Gestatten: kreatives Multi-Talent

Der 57-Jährige ist nicht nur Gitarrist und Sänger, sondern auch Zeichner.Bereits zum dritten Mal nimmt er an der Veranstaltung «Saitensprünge – Wenn Musiker malen» im Kornhausforum teil.

Vermenschlichte Tiere sind ein beliebtes Stilmittel der Karikaturisten. Auch der bekannte Berner Musiker Mario Capitanio greift öfter zu diesem Kniff, wenn er seine Gitarre gegen den Zeichenstift eintauscht. So ist auf einer seiner Zeichnungen ein Wein trinkender und Zigarre rauchender Pinguin mit reichlich viel Allüre an einer Bartheke abgebildet – es ist jene im Aarbergerhof. Oder ein Maulwurf kommt als wild groovender Zeitgenosse daher.

Doch Capitanio kann auch realistisch. So hat er etwa die von ihm bewunderten Musiker John Waits oder B.B. King in Aquarell-Technik präzise eingefangen. Exklusiv für den Bärnerbär schuf Capitanio, den man vor allem als langjährigen Gitarristen von Polo Hofer kennt, eine ganze Serie an Zeichnungen, die von 2000 bis 2015 wöchentlich publiziert wurden. Tierrätsel, Politisches und mit viel Lokalkolorit versehene Geistesblitze bannte Capitanio mit spitzer Feder auf Papier. Ein Spanisches Nüssli vor einer Sprachschule stehend bekannte: «In Spanisch bin ich eine Nuss». Polo Hofer (1945 bis 2017) und Endo Anaconda (1955 bis 2022) erhielten in einer dieser Skizzen einen Auftritt als Rock-Dinosaurier, die sich wunderten, im Museum gelandet zu sein. Tatsächlich waren die beiden in einer Ausstellung von 2014 über Schweizer Popmusik ins Museum für Kommunikation eingegangen.

Der letzte Lithograf
Einen Teil dieser mit Aquarell kolorierten Tuschezeichnungen wird Capitanio im Rahmen der Ausstellung «Saitensprünge – Wenn Musiker malen» (siehe Box) im Kornhausforum präsentieren. Der Anlass, der 2016 zum ersten Mal stattfand, geht auf eine Idee von Polo Hofer zurück, der bereits vor Jahren feststellte, wie viele Musiker auch malen können. Die Sängerin Stefanie Keusen gründete nach Polos Vorstellung dafür die passende Plattform. In der ersten Runde von «Saitensprünge» waren auch Zeichnungen des Initianten mit dabei. Polo gilt als schweizweit Letzter, der noch eine Lehre als Handlithograf abschloss. Der Schöpfer von nationalen Hits wie «Wyssebüehl» oder «Alperose» war ein Multitalent, das sämtliche Logos und Covers seiner Bands kreierte, das erste Albumcover der Band Krokus anfertigte oder für die Schweizerische Post eine poetische Briefmarke – halb Schwan, halb Gitarre – schuf.

Capitanio erinnert sich an seinen verstorbenen Freund wie folgt: «Er war dauernd am Zeichnen.» 2005 nahm Polo, den man in seinen Wohnort Oberhofen liebevoll den «Oberhofer» nannte, an einem Malwettbewerb der Gemeinde teil. Sein Bild «Niesen und Nashornkette» gewann allerdings nur den zweiten Preis. «Der Gemeindepräsident meinte, Hofer habe selbstverständlich das beste Bild gemalt, aber es hätten halt so viele Kinder mitgemacht, die es zur berücksichtigen gäbe», so Capitanio lachend.

Schweinekrippe
Capitanio selbst zeichnet, seit er denken kann. Ein Best-of seiner witzigen Schnellschüsse, die er für den Bärnerbär schuf, will Capitanio im Kornhaus an einer gespannten Schnur aufhängen. «Manchmal hatte ich am Tag des Redaktionsschlusses am Mittag noch keine Idee», verrät er über den Stress des regelmässigen Ablieferns. Gemeinsam mit Kumpels brainstormte er dann jeweils rasch, um herauszufinden, was gerade in der Luft lag.

Einen bösen Leserbrief gab es nur einmal. Capitanio hatte anlässlich der grassierenden Schweinegrippe die Weihnachtskrippe statt mit Menschen mit Schweinen dargestellt, was einem Mitglied einer Freikirche sauer aufstiess. Der Italoberner, der mit seinen Bands «The Magic Five» und «Zia Lisa» an allen möglichen Anlässen für Stimmung sorgt, meint: «Klar gibt es bei Karikaturen Grenzen.» Humor auf Kosten von Dritten findet er aber sowieso nicht so lustig. Als nächstes will er sich der «Königsdisziplin», der Ölmalerei zuwenden. Das Casino Burgdorf widmet ihm nämlich demnächst eine Einzelausstellung. «Ich sollte allmählich damit anfangen, die Bilder zu malen.»

Helen Lagger

Mario Capitanio ist am 11. November 1964 in Langenthal geboren und in Burgdorf und Bern aufgewachsen. Der Komponist, Gitarrist und Sänger absolvierte eine Lehre im Gastgewerbe, bevor er sich ganz der Musik widmete. Capitanio war während rund fünfzehn Jahren Gitarrist von Polo Hofer (1945 bis 2017). Er lebt in Bern und ist in einer Beziehung mit
einer Französischlehrerin.

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