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«Mein Vermögen lag unter der Matratze»

Die preisgekrönte Berner Schauspielerin Marlise Fischer («Neumatt») tritt mit Stefan Gubser in «Die Geldwäscher» im La Cappella auf.

Eine indiskrete, wenn auch nicht ernst gemeinte Frage: Wie haben Sie die «Millionengage» für Ihre preisgekrönte Leistung in der SRF-Serie «Neumatt» vor den Steuerbehörden versteckt?
Ich habe mein Vermögen lange wie zu Grossmutters Zeiten unter die Matratze gelegt, um es nicht versteuern zu müssen. Als es so viel wurde, dass ich darauf nicht mehr pfusen konnte, packte ich das Geld in ein Köfferli und ging auf die Bank, um ein Konto zu eröffnen.

Wie hat sie reagiert?
Ich bekam zwei Fötzel, auf denen ich meine Personalien und die Herkunft des Geldes deklarieren sollte. Ich fand, das ginge niemand etwas an, und sagte,
«verschiedene Quellen», worauf ennet dem Schalter die Frage folgte, um welche Summe es sich denn handle … Als ich «zwei Millionen» sagte, waren die Zettel sofort verschwunden und ich innert zehn Minuten im Büro des Chefs. Seither kümmert sich die Bank um mein Geld und ich kann wieder gut schlafen (lacht)!

Und Sie besassen genügend Insiderwissen, um ein Theaterstück über «Die Geldwäscher» zu machen?
Nein, das ist eine ganz andere Geschichte. Regisseur Reto Lang wurde auf der Suche nach interessanten Stoffen für unser Theater auf die Kriminalromane von Peter Beutler aufmerksam. Als wir den Berner Autor und früheren Politiker vor zwei Jahren zum ersten Mal trafen, wurde aus einem kurzen Kennenlernen ein vierstündiges Gespräch, bei dem er uns erzählte, dass er im Herbst 2021 seinen neuen Roman «Die Geldwäscher» herausbringen wird. Wir haben nicht alles verstanden, aber mit offenem Mund zugehört, als er uns schilderte, was ihn inspirierte.

Was hat Sie so gefesselt?
Beutler ist mit seinen 80 Jahren im besten Sinn ein «alter Sozi», der sich darüber entrüstet, was dem ersten Schweizer Whistleblower – im Roman heisst er Konrad Kloter – widerfahren ist, weil er gewisse Transaktionen seiner Bank infrage gestellt hat. Nach einem ersten Mordanschlag auf ihn, seiner Entlassung und der Rückkehr von den Cayman Islands in die Schweiz spielt er seine Informationen den Medien und WikiLeaks zu. Kloter wird der Verletzung des Schweizer Bankgeheimnisses bezichtigt und verklagt. Das Bundesgericht spricht ihn frei, weil er die Daten auf den Cayman Islands abgezapft hatte und das Schweizer Bankgeheimnis im Ausland keine Gültigkeit besitzt. Trotzdem werden ihm die Verfahrenskosten von 350 000 Franken auferlegt.

Wie wurde daraus ein Bühnenstück?
Da es unser Ziel ist, einmal pro Jahr ein Stück uraufzuführen, fragten wir ihn und seinen Verlag an, ob wir die Rechte dafür bekommen könnten. Nachdem sie zugestimmt hatten, begann ein harter Kampf. Wir mussten den komplexen Roman zuerst einmal auseinandernehmen, um die verschiedenen Handlungsstränge zu identifizieren und herauszufinden, wie wir ihn auf die Bühnen bringen können. Schliesslich wurde daraus eine szenische Lesung mit Karikaturen.

Sie haben Stefan Gubser als Bühnenpartner verpflichtet, als Ex-Kommissar ein Fachmann für Kriminalfälle …
Mit seiner «Tatort»-Vergangenheit hatte das aber nichts zu tun (lacht)! Wir suchten einen guten Schauspieler, der sich diesem Thema stellt. Er hat die Herausforderung angenommen, ist sehr unkompliziert und engagiert, ein Glücksfall.

Die Machenschaften rund um die WM in Katar geben ebenfalls Stoff für einen Krimi her. Interessieren Sie sich für Fussball?
Ich habe davon wenig Ahnung, aber ich fand es saumässig spannend, als Argentinien mit Maradona Weltmeister wurde, obwohl damals auch Betrug (seine «Hand Gottes», Anm. der Red.) im Spiel war. Diesmal werde ich die WM wohl boykottieren. Obwohl sich Antikorruptionskämpfer Mark Pieth und Ex-FIFA-Pressechef Guido Tognoni den Mund fusselig reden, passiert nichts. Wenn es um Fussball geht, scheinen die möglichen Akteure beide Augen zuzudrücken.

Theater müssen sich heute einiges einfallen lassen, um überleben zu können. Wollen Sie mit Ihren Uraufführungen Aufmerksamkeit wecken?
Ja, aber ob es gelingt? Ein zweites Markenzeichen ist, dass wir uns keinem bestimmten Theaterstil verpflichtet fühlen. Ein Veranstalter hat mal gesagt, wenn bei uns der Vorhang aufgeht, bekomme man immer etwas anderes. Ich nehme das als Kompliment, denn das wollen wir auch. Die Autoren geben uns den Takt vor.

Für die Nebenrolle der Grossmutter Trudi Wyss in «Neumatt», der sie laut Jury eine faszinierende und eindringliche Vitalität verliehen, erhielten Sie den «Prix Swissperform-Schauspielpreis 2022». Wie waren die Reaktionen?
Es gab welche, aber nicht viele, doch ich freue mich, dass ich diese Wertschätzung erfahren habe! Ich brachte ja nicht viel Kameraerfahrung mit. Für mich war die Serie ein Abenteuer, bei dem ich viel lernte und sah, dass noch einiges dazukommen muss, wenn ich weiterdrehen möchte.

Sind Sie bei der 2. Staffel nicht mehr dabei?
Ob das Grosi gefunden wurde oder gestorben ist, blieb am Ende der 1. Staffel offen …

Reinhold Hönle

Tickets für «Die Geldwäscher» am 4. Dezember im La Cappella zu gewinnen!
Mehr Infos auf dem Facebook- und Instagram-Kanal des Bärnerbär

Marlise Fischer wurde am 26. Februar 1953 in Bern geboren, wuchs im Eisenbahnerquartier über dem Weissenbühl auf und wohnt in Niederscherli. Sie besuchte die Schauspielschule, gehörte insgesamt 14 Jahre zum Ensemble des Stadttheater Bern und war meistens freischaffende Theaterschauspielerin. 2007 gründete sie zusammen mit Reto Lang das Theater überLand. Mit der szenischen Lesung «Die Geldwäscher» gastiert sie am Sonntag, 4. Dezember, im La Cappella (17 Uhr).

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