Hüseyin Matur ist Gründer und Mitorganisator des Marzili Movie. Dieses Jahr präsentiert das Open-Air-Kino im Marzili westafrikanische Filme, Musik und Food.
«Wir sind wie ein altes Ehepaar», sagt Hüseyin Matur über seinen Business-Partner und Freund Jorim Schäfer. Die beiden sind die Initianten von Marzili Movie, einem Open-Air-Kino, das nicht nur Filme zeigt, sondern als Kulturereignis bezeichnet werden kann. Jedes Jahr steht ein anderes Land im Fokus, wobei Filme, Musik und Food darauf ausgerichtet sind und manchmal sogar die jeweiligen Botschafterinnen und Botschafter eingeladen werden.
2003 fand der Anlass zum ersten Mal statt. «Hüssu», wie man Hüseyin in Bern kennt und nennt, hatte während eines längeren Aufenthalts in Australien das mehrtägige Open-Air-Kino Queens Park besucht und war begeistert. Der seit geraumer Zeit in der Event- und Gastronomie Branche selbständig Tätige wollte dieses Erlebnis nach Bern bringen. Dabei holte Matur seinen Freund Jorim Schäfer, Filmfreak und einstiger Operateur bei Quinnie Cinema, mit ins Boot.
Doch die erste Ausgabe fiel sprichwörtlich ins Wasser. Die Aare überschwemmte das Marzili-Bad, wo der Anlass hätte stattfinden sollen. Anfangs war es auch schwierig, die Behörden von dem Event zu überzeugen. Mittlerweile ist die Veranstaltung längst etabliert, dieses Jahr findet bereit die 19. Ausgabe statt.
Matur, der mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Wabern lebt, kennt man auch als einstigen Pächter des Restaurants Fischerstübli, wo er zwischen 2015 und 2019 als Wirt tätig war. «Mein Vertrag ist abgelaufen und wurde nicht erneuert, dann kam die Pandemie», so Matur, der das Ende im Rückblick als Glücksfall bezeichnet. «Ich hatte schon viel Glück in meinem Leben.» Er meint damit nicht, dass ihm immer alles auf Anhieb gelingt. «Du musst das Glück sehen», ist der Unternehmer überzeugt.
Mystisches Flüchtlingsdrama
Das Marzili Movie sollte von Anfang an anders sein als herkömmliche Open-Air-Kinos. Allein die Kulisse ist spektakulär: Eine 18 mal 9 Meter grosse Leinwand, mitten in der Marzili-Badi, ermöglicht den Blick aufs Bundeshaus. Matur erinnert sich, wie er früher – wie viele Berner Teenager – vom Rasen auf der Grossen Schanze aus auf die Leinwand des Orange Cinéma schielte und so gratis in den Filmgenuss kam. «Warum nicht bequemer sitzen?», sagte er sich, als er Marzili Movie konzipierte. «Bei uns liegen die Besucher:innen jeweils auf Liegen und nehmen ihre eigenen Picknickdecken oder sogar Hängematten mit.»
Dieses Jahr ist Westafrika mit Filmen aus Senegal, Ghana und Burkina Faso zu Gast. «Wir recherchierten und stellten fest, dass kulturelle und sprachliche Grenzen fliessend sind, so dass es uns schwerfiel, uns auf ein einziges Land zu konzentrieren», so Matur.
Von der rasanten Komödie bis zu schwerer Kost, wie dem senegalesischen Film «Atlantique», einem Flüchtlingsdrama mit mystischen Elementen, ist das ganze Spektrum vertreten. «Ich selbst mag gute Komödien mit Tiefsinn». Als Jugendlicher jobbt Matur in einem Kino, weil er dann in allen Kinos gratis die Filme schauen gehen durfte. Zum Filmerlebnis gehört bei Marzili Movie auch das jeweils zum Land gewählte Essen sowie Live-Musik dazu. «Wir wollen einen Einblick in eine fremde Kultur gewähren», so Matur.
Nebst dem Kino gehört Maturs Herz dem Fussball. Er ist Vereinspräsident bei «Fussball ohne Grenzen», einer Truppe von Freunden, die Nationalmannschaften überall auf der Welt zu einem Spiel herausfordert. Alle zwei Jahre reisen die Vereinsmitglieder in Länder wie Bhutan, die Mongolei oder Laos und besuchen dabei auch Waisenhäuser und Schulen, wobei sie die Kinder mit Trikots, Hosen und Socken ausstatten und zum Spielen animieren.
Hat man als Amateur-Klub eine Chance gegen Nationalmannschaften? «Wir haben 2:1 gegen Sri Lanka gewonnen», so Matur. Ein neues Gastro-Konzept hat der umtriebige Kreativ-Kopf auch schon im Köcher. Er kann das Haus am neu sanierten Bahnhof Wabern mieten und will dort einfache, lokale Speisen anbieten.
Die Gastronomie hat Matur nie ganz losgelassen. Finanziell lohne sich das Wirten nicht unbedingt, so der auch als Übersetzer beim Gericht tätige Familienvater. «Ich mache es, weil ich Menschen und deren Geschichten liebe.»
Helen Lagger