Stefan Hugi spielt den schusseligen Diener Jacob im Kultstück «La Cage aux Folles». In dieser Rolle kann der Amateurschauspieler dick auftragen und sich von seiner extravertierten Seite zeigen.
Laurent hat sich verliebt und möchte heiraten. Er ist mit zwei Vätern aufgewachsen, wobei Georges sein biologischer Vater ist und Albin dessen Partner, der als Travestie-Künstler in dem gemeinsam betriebenen Cabaret auftritt. Die Familienzusammenführung dürfte schwierig werden: Die künftigen Schwiegereltern von Laurent sind erzkonservativ und stockkatholisch. So die Ausgangslage im Stück «La Cage aux Folles», welches 1973 im Théâtre du Palais-Royal uraufgeführt wurde. Jean Poiret (1926-1992) war damit eine ebenso sozialkritische wie schreiend komische Komödie gelungen. Kult ist auch die französisch-italienische Verfilmung von 1978 mit Ugo Tognazzi und Michel Serrault in den Hauptrollen. Nun inszeniert der Verein «Art and Music Company» das Stück in Bern und bringt es unter der Regie von Alex Truffer auf die Bühne des Theaters Sternensaal Bümpliz.
Schriller Hausangestellter
Der Bärnerbär hat sich mit Stefan Hugi getroffen, der im Stück wohl eine der lustigsten Nebenrollen der Theatergeschichte spielt. Er verkörpert Jacob, den schrillen Hausangestellten von Georges und Albin. Als die beiden Männer ihrem Sohn zuliebe ihr Haus umgestalten, die Mutter von Laurent kontaktieren, um den Eltern von Laurents Zukünftiger ein «normales» Elternhaus vorzugaukeln, muss sich auch Jacob anpassen. Der stets barfuss gehende Paradiesvogel wird in Anzug und Schuhe gesteckt. Dummerweise kann Jacob darin nicht richtig gehen – das behauptet er zumindest – und gerät bei jedem Schritt ins Stolpern. «Jacob hat Narrenfreiheit», so Hugi über seine Figur. «Er ist eine extravertierte und neugierige Person, eine totale Drama Queen.» Hugi geniesst es, diesen überspitzten Charakter zu spielen, bei dem er als Schauspieler dick auftragen könne. Mit ihm selbst habe der Charakter nicht viel gemeinsam. «Obwohl ich natürlich schon auch eitel und extravertiert bin. Sonst würde ich ja nicht auf einer Bühne stehen», fügt er lachend an.
Emotionaler YB-Fan
Hugi hat bereits im «Kuss der Spinnenfrau» (2021) in einem Stück mit einem queeren Thema mitgespielt. Es ist die Geschichte von einer Begegnung zwischen einem aus politischen Gründen Inhaftierten und einem Homosexuellen, der des Kindsmissbrauchs beschuldigt wird. Die beiden teilen sich eine Gefängniszelle. Klar verbinde man die Bezeichnung «queer» mit der LGBTQ+-Szene, aber für ihn treffe der Begriff eigentlich auf alle Menschen zu, die aus dem landläufigen Rahmen fielen, so Hugi. Er selbst kam zum Theaterspielen durch so genannte Mystery Weekends, die von Urs Hostettler, dem Gründer des Spielzeugladens «DracheNäscht» angeboten wurden. «Jeweils während eines ganzen Wochenendes traf man sich in einem Hotel, um eine Rolle zu spielen und ein Verbrechen aufzuklären.» Dabei war Hugi zuerst Gast und schliesslich engagierter Schauspieler, der die Gäste verwirren und ablenken musste. «Es war eine super Ausbildung, da man ständig improvisieren musste.» Hugi spielte mal einen arabischen Scheich, mal einen Polizisten und wurde gar zweimal zum Mordopfer. «Nur der Mörder war ich nie.» 2009 gründete er mit «Theater-Central» schliesslich seine eigene Theatergruppe.
Aus dem Organisatorischen hat er sich zurückgezogen, aber er steht nach wie vor in Stücken dieser Truppe auf der Bühne des Käfigturm Theaters. Dieses reine Gasttheater sei eine der wenigen Amateurbühnen im städtischen Raum. 2011 spielte Hugi im Stück «Love Song» einen gefrusteten Ehemann. «Ich versuche jeweils zu verstehen, was meine Figur sagt, was ihre Ziele sind.» In Shakespeares «Hamlet» gab er den Bösewicht. «Ich spielte mit Claudius eine Figur, die über Leichen geht.» So sei er selbst nicht und trotzdem sei es faszinierend gewesen, die hinterhältigen Seiten in sich selbst zu entdecken und hervorzulocken. Emotionen zeigt Hugi nicht nur auf der Bühne, sondern auch im Fussballstadion. «Ich bin seit Jahren ein glühender YB-Fan. Da werde ich auch mal laut.»
Helen Lagger
PERSÖNLICH
Stefan Hugi wurde 1972 in Bern geboren. 2009 hat der Amateurdarsteller mit dem Theater Central seine eigene Kompagnie mitgegründet und seither regelmässig auf der Bühne des Käfigturm Theaters gestanden. Wenn Hugi nicht am Spielen ist, arbeitet er bei der SBB in der internen Kommunikation und ist im Gastgewerbe tätig. Hugi ist Single und lebt in Wabern.