Maud Koch ist Lehrerin, Tänzerin und Schauspielerin. Momentan spielt sie im düsteren Freilichtspiel «Der Name der Rose» in Rüeggisberg eine Nonne.
«Schwester Sophia setzt sich beherzt für die Armen ein, obwohl sie eine eher schüchterne Person ist», so Maud Koch über ihre Figur in «Der Name der Rose». Regisseur Oliver Stein inszeniert Umberto Ecos düsteres Mittelalter-Drama zurzeit bei der Klosterruine Rüeggisberg (noch bis am 20.8.).
Kurzerhand hat Autor und Schauspieler Theo Schmid Ecos Original um ein paar spannende Frauenfiguren ergänzt. Koch etwa spielt eine Nonne, die mit einem Mordopfer sündig wurde und nun auch noch glaubt, an dem Tod des Liebhabers schuld zu sein. «Es war spannend, sich in eine junge Frau dieser Zeit hineinzuversetzen», sagt Koch über ihre Rolle.
«Den Film mit Sean Connery habe ich schon als Kind gesehen. Ein unglaublicher Cast.» Koch gibt zu, den mehr als 600 Seiten langen Roman, der dem Film als Vorlage diente, nicht ganz zu Ende gelesen zu haben. «Er stand bereits bei meinen Eltern im Büchergestell und ich habe immer wieder passagenweise darin gelesen. Bis zum Ende fehlte mir der Biss.» Koch spielt mehrheitlich auf Mundart. «Berndeutsch ist mir nah und ich kann mich in diesem Dialekt am authentischsten ausdrücken.»
Mit Bern fühlt sie sich eng verbunden und schlägt für unser Treffen das Ländtetor, gleich neben dem Mundart Theater Matte, auf dessen Bühne sie häufig zu sehen war, vor. Hier spielte Koch etwa im Stück «Willkommen in deinem Leben» (2012) in einem weissen Wallegewand die personifizierte Liebe, die – wie könnte es anders sein – blind durchs Leben geht. «Das Ländtetor war lange Zeit der einzige direkte Zugang zur Unteren Altstadt, um auf die Halbinsel zu gelangen, wo Schiffe ankamen», so Koch über diesen Lieblingsort, wo sie gemeinsam mit dem Ensemble des Matte Theaters manche Apérostunde verbrachte.
Im Bärnerbär gelesen
Auch diese Zeitung spielt eine besondere Rolle im Werdegang von Koch. Sie entdeckte im Bärnerbär eine Anzeige und erfuhr, dass für das Gurten Theater Statist:innen gesucht wurden. Koch bewarb sich und wurde berücksichtigt. Regisseurin Livia Anne Richard befand bei den ersten Proben, Koch solle für «Einstein» (2010) eine Sprechrolle übernehmen. «Ich war Ilse Einstein, die Stieftochter des Genies.» Von da an trat sie regelmässig in Mundart-Stücken auf. Etwa als Gladys Eysenach im Freilicht-Spiel «Tüüfelskreis» (2019). «Ich spielte eine launische Narzisstin, das hat mir Spass gemacht.»
Als ehemalige Stepptänzerin, die bis heute gerne Hip-Hop tanzt, hilft Koch ihr gutes Körpergefühl beim Theater. «Wenn ich eine arme Bäuerin spiele, bin ich am liebsten schon bei den Proben barfuss.» Rhythmus und Timing brauche es beim Tanzen wie beim Spielen.
Wie eine Bärenmutter
Koch brennt nicht nur für das Theater, sondern liebt auch ihren Beruf als Lehrerin. Manchmal kann sie beide Leidenschaften verbinden. So unterrichtet sie in Spiez an der Oberstufe, unter anderem das Wahlfach «Theater». Am Ende des Jahres erarbeitet sie gemeinsam mit den Schüler:innen
ein Stück. «Wir improvisieren viel und suchen gemeinsam ein Thema.» Cybermobbing, ein Leben auf der Flucht oder Helikopter-Mütter dienten bereits als Inspirationsquelle und Ausgangslage für Stücke. «Ich beschütze meine Schüler:innen wie eine Bärenmutter ihre Jungen», sagt sie beim gemeinsamen Spaziergang zum Bärenpark. Bären lassen sich zwar keine blicken, dafür entdeckt Koch ein «Fisch-Ballett» in den im Teich auseinanderstiebenden Fischen.
Abtauchen will Koch heute auch noch. Natürlich in die Aare, ein weiterer Lieblingsort der Schauspielerin. «Ich bin stolz auf Bern», sagt sie mit Blick aufs Wasser. «Es ist einfach eine coole Stadt.» Wenn sie mal Fernweh hat, zieht es Koch häufig nach New York. «Ich tauche wahnsinnig gerne in das Grossstadtleben ein und schaue mir Stücke an.»
Koch, die mit einem Marketingverantwortlichen verheiratet ist und zwei Kinder hat, sagt: «Für mich stimmt es, dass ich die Schauspielerei nicht hauptberuflich mache, sondern als intensives Hobby betreibe.» Wenn sich ein Engagement ergibt, freut sie das. Muss sie eine Figur mögen, die sie spielt? «Nicht unbedingt. Aber bei irgendeiner Eigenart muss man andocken können, damit man die Figur aus sich selbst heraus entwickeln kann.»
Am nächsten fühlte sich Koch bisher der Figur der Anna Holzer, die sie in «Holzers Peepshow» 2012 verkörperte. Sie sagt über die Bauerntochter, die von Ruhm und Freiheit träumt: «Sie ist clever, eng mit ihrer Familie verbunden und sieht das Leben positiv.»
Helen Lagger