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Zu seinen Klängen laufen auch Chanel-Models über den Catwalk

Er ist ein international gefragter Komponist und Musiker. Bei einem Besuch im Studio von Mario Batkovic im Berner Progr erzeugt er mit einem Synthesizer ein regelrechtes Gewitter.

Im Kellergeschoss des Berner Progr liegt ein kleines Königreich, regiert von Mario Batkovic. «Für mich ist dieser Ort Tonstudio, Labor und Werkstatt in einem», verrät der 41-jährige Musiker. Der Berner hat als Kind ein Akkordeon von seinem Onkel in Bosnien geschenkt bekommen. «Die Männer im Dorf waren Alleinunterhalter und haben starken Schnaps getrunken», erzählt Batkovic. «Die waren authentischer als manche Punks und haben mich inspiriert.» Doch Batkovic mag nicht auf sein legendäres Akkordeonspiel reduziert werden. «Klar, es ist das Instrument, dem ich am meisten Zeit gewidmet habe, aber ich bin zuallererst Komponist und Musiker, nicht Akkordeonist.» Das Studio ist denn auch vollgestopft mit Gitarren, Synthesizern und selbstgebauten Instrumenten. Ein Experimentalmusiker? «Ich experimentiere zwar, aber es kommt stets auch zu Resultaten.» Batkovic hat in den letzten Jahren die Modeszene in Paris erobert. In der Chanel-Show von 2017, bei der die Herbstkollektion präsentiert wurde, stakten die Models zu seinem hypnotischen Sound über den Laufsteg. «Ich mache analogen Sound, wie es sonst der Synthesizer macht. Die Wellenform bestimmt den Ton.» Jedes Land hängt dem Musiker ein anderes Label an. «In Frankreich spricht man von Jazz, in Deutschland von Neoklassik, in Holland nennt man mich experimentell und in England Avantgarde.» Dabei hasst Batkovic Klischees und Kategorien. Er selbst beschreibt sich als professionellen Fantasten. «Es ist die Fantasie, die uns Menschen antreibt und dazu bringt, Lösungen zu finden.» In seinem kommenden Album beschäftigt sich Batkovic unter anderem mit Selbstreflexion und Selbstbildern.

«Bern ist mein Hollywood»

Den Durchbruch hatte er mit dem Album «Mario Batkovic» (2017). Die Kritiken waren überschwänglich. Das «Rolling Stone Magazine» listete das Werk unter den Top ten der Avant-Garde-Alben von 2017. Batkovic unterschrieb beim britischen Label Invada Records, das Geoff Barrow von Portishead gehört. Seither hat der Berner in Eswatini am Bushfire Festival gespielt, ist vor dem Kreml in Moskau aufgetreten oder in der Elbharmonie in Hamburg. Für zahlreiche Filme wie «Der Imker», «Unser Garten Eden» oder für die Dokumentation über Roger Federer hat er die Musik komponiert. Batkovic selbst bezeichnet sich als Berner Weltbürger. «Bern ist mein Hollywood und die schönste Stadt der Welt.» Wo sonst könne man von seinem Studio in der Aare nach Hause schwimmen und das auch noch in Wasser, das man bedenkenlos trinken kann? Zuhause vermeidet Batkovic es, Musik zu hören. «Sie ist sowieso immer in meinem Kopf.» Wenn er dann doch etwas anderes als seinen eigenen Sound, an dem er Tag und Nacht arbeitet, hört, dann Beethoven. «Er war ein Punk. Es ist ohne Perücke aufgetreten. Das wäre, wie wenn du heute in Unterhosen auf die Bühne gehst.» Batkovic tritt nicht in Unterhosen, dafür in schwarzen Cowboy-Stiefeln auf. Die Leser*innen des Bärnerbär können einen Besuch im Studio des Musikers gewinnen, ihn persönlich kennenlernen und spielen hören. Um zu illustrieren, wie es klingt, wenn er einen seiner Synthesizer betätigt, entfacht er zum Schluss ein regelrechtes Klanggewitter. «So klingt es, wenn man fünfzig Oszillatoren zusammenschaltet.»

Helen Lagger

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