Die Feststellung des Journalisten, dass er seit dem vierfachen YB-Meistertrainer Albert Sing in den Fünfzigerjahren des letzten Jahrhunderts in Bern der mit Abstand beliebteste Trainer sei, nimmt Adi Hütter erstaunt zur Kenntnis. «Ist dem wirklich so, freut es mich sehr.»
Der hohe Beliebtheitsgrad des knapp ennet der Schweizer Grenze zur Welt gekommenen Österreichers kennt viele Gründe. Da ist einmal der erfolgreiche Weg, den er mit seinem Team seit seinem Amtsantritt gegangen ist. Und dann ist es auch seine ausgesprochen sympathische Art. Er ist bescheiden, sachlich, ausgeglichen, auch im Erfolgsfall nie himmelhoch jauchzend oder nach einer Niederlage zu Tode betrübt. Wie er sich in der Öffentlichkeit gibt, wie souverän er sich vor den Fernsehkameras äussert, sein in Berner Ohren wohlklingender Dialekt auch – das alles sind Argumente, dass sich YB-Fans wünschen, er möge mindestens so lange YB-Trainer bleiben wie Kurt Feuz bei Münsingen tätig ist. «Ich gehe nicht davon aus, dass ich 2051 noch YB-Trainer sein werde», sagt Adi Hütter, dessen Vertrag vorläufig noch bis Ende Saison 2018/19 läuft, mit einem Schmunzeln. Und dass er aus oben erwähnten Gründen auf den Notizzetteln manch eines Bundesligisten zuoberst steht, ist genau so unbestritten, wie dass Roger Federer als bester Tennisspieler aller Zeiten in die Geschichte eingehen wird.
Wölfli hat das Vertrauen verdient
Der optimale Start in die Rückrunde mit neun Punkten aus drei Spielen und der Vergrösserung des Vorsprungs um sechs Einheiten auf den Rivalen FC Basel hat Adi Hütter nicht überrascht. «Im Spiel gegen St. Gallen hat mich das Team überzeugt, auch wenn kritisiert wurde, dass wir zu viele Torchancen ausliessen. Das mag stimmen, doch mir gefällt es, wenn die Spieler kombinieren, sich gegenseitig den Ball zuspielen. In Lausanne war es deshalb nicht einfach, weil wir zuletzt auf der Pontaise verloren. Diese Aufgabe hat die Mannschaft souverän erledigt. Schön ist, dass wir nach zwei Niederlagen jetzt auch erstmals gegen den FC Thun gewinnen konnten.» Zufrieden ist Adi Hütter ebenso mit drei Spielern, die derzeit besonders im Fokus stehen. «Marco Wölfli hat das Vertrauen absolut verdient. Er hat die Chance, sich zu präsentieren, gepackt und alles lief bisher so, wie er und wir es uns gewünscht haben.» Auch über zwei seiner derzeitigen Leitwölfe, Guillaume Hoarau und Miralem Sulejmani, ist der Trainer des Lobes voll. «Hoarau ist ein Schlüsselspieler und wir sind alle froh, ist er wieder da. Wir brauchen seine Präsenz und seine Tore. Sulejmani ist momentan überragend. Er hat auch in Lausanne ein Riesenspiel gemacht und ist jetzt dort angelangt, wo wir ihn immer haben wollten. Er schiesst Tore, ist Leader in der Torschützenliste, gefährlich bei Standards, setzt sich sehr fürs Team ein … Was wollen wir mehr?»
Zuerst Sion, dann Basel
Adi Hütter hat keine Veranlassung, etwas zu ändern. Das tut er auch nicht, wenn man ihn auf den Cup-Halbfinal gegen den FC Basel anspricht, auf den die YB-Fans voller Hoffnung warten. «Mein Augenmerk liegt derzeit auf dem FC Sion, für den Cup-Halbfinal hat es erst Platz, wenn die nicht einfache Aufgabe gegen die Walliser hinter uns liegt. Generell schaue ich zuversichtlich in die Zukunft. Die Mannschaft arbeitet hart, um das Niveau zu halten und die Kameradschaft ist ausgezeichnet, es gibt keinen Grund zu klagen.» Also ist bei YB keine Achillesferse auszumachen, wollen wir vom Mann, der seine Aktivkarriere einst wegen der schmerzenden Achillessehne abbrechen musste, wissen? «Nein, wenn überhaupt, dann vielleicht, dass haben wir mit einem Gegentor pro Spiel zu viele Treffer kassiert haben. Aber mit 2,4 Plustoren pro Match lässt sich damit leben.» Sagt’s und verabschiedet sich, in Gedanken nicht beim Cupmatch gegen Basel, sondern beim Meisterschaftsspiel gegen Sion. Auf die Suche nach der Achillesferse des FC Basel wird sich Adi Hütter frühestens am Samstagabend machen.
Pierre Benoi