Rob Spence (52) ist hierzulande einer der wohl bekanntesten Australier. Im Interview erklärt der Komiker, was er an Bern so mag und wieso er Mühe mit Schweizer Pünktlichkeit hat.
Rob Spence, in Ihrem neuen Programm «Mad Men» machen Sie sich lustig über Schweizer und Ihre Eigenschaften. Haben Sie auch einen Lieblingswitz über Berner?
Habe ich, er geht so: Berndeutsch eignet sich sehr gut für Ausländer. Wenn du ein Wort nicht verstehst, hast du genug Zeit, im Wörterbuch nachzuschauen, bis das nächste kommt.
Okay, der ist nicht schlecht. Was haben Sie persönlich für Erfahrungen mit Bern gemacht?
Vor 25 Jahren habe ich in Bern ein Jahr lang an der Monbijoustrasse gelebt. Ich habe in dieser Zeit aber keinen einzigen Freund gefunden und dachte mir: Was ist los mit den Bernern? Es lag aber vor allem daran, dass ich damals praktisch kein Deutsch konnte, vor allem kein Berndeutsch.
Und dann?
Jahre später bin ich mit dem Zirkus Salto Natale wieder hier gewesen, hatte die Sprache gelernt und dachte: was für eine tolle Stadt! Die Menschen sind offen und warmherzig, sie kosten die schönen Kleinigkeiten des Lebens aus und haben einen subtileren Humor als etwa die Zürcher. Bern ist das Herz der Schweiz und die Berner sind sehr sozial, irgendwie ein bisschen südländischer als anderswo hier zu Lande.
Man sagt, die Berner seien langsam, aber liebenswert. Ist das überhaupt noch ein Kompliment? Klingt irgendwie nach Mitleid.
Das ist eine Perspektive. In dieser Zeit, in der wir leben, muss alles sehr schnell gehen und niemand hat wirklich Zeit. Aber trotzdem denke ich, die Berner machen es richtig: besser langsam und freundlich als schnell und ein Arschloch!
Sie sind gebürtiger Australier und nehmen die Schweizer aufs Korn. Ist das nicht ein bisschen frech?
Ganz und gar nicht (lacht). Als Komiker geniesse ich das Privileg eines gewissen Masses an Narrenfreiheit. Meine Fans erwarten das sogar von mir. Zudem sind die Schweizer zum Glück ein Volk, dass über sich selbst lachen kann. Wenn ich zum Beispiel den Sketch über die schnippische Serviertochter im Bergrestaurant erzähle, lachen sich die Zuschauer kaputt. Die Deutschen im Gegensatz können nicht über sich selbst lachen, das finde ich ungesund.
Wie geht der Sketch?
Grundsätzlich lebe ich ja gerne hier, aber beim Service, insbesondere in Bergrestaurants, gibt es doch noch ein bisschen Luft nach oben. In Amerika fragen die Kellner: «Hey, how are you doing, how can I help you?» Hier ist es eher so: «Was wend Sie, wie lang bliibed Sie, wenn gönd Sie wieder?»
Also stimmt es, dass Australier viel freundlicher sind?
Ja, das stimmt. Ich war im Januar gerade da. Und ich habe mich zu Beginn ehrlich gesagt fast wie ein Schweizer verhalten. Doch dort kommen die Leute auf dich zu und behandeln dich wie einen alten Freund. Ich musste zuerst auftauen, und nach einer gewissen Zeit hatte ich mich wieder daran gewöhnt, einfach auf die Leute zuzugehen.
Ich war in Cairns. Dort wurde ich auf der Männer-Toilette angequatscht.
Männer-WCs sind in Australien der beste Ort, um eine Konversation zu starten, denn du hast eine Minute lang nichts anderes zu tun. Ein guter Freund von mir traf vor Jahren Kerry Packer auf der Toilette, er galt als der reichste Mann Australiens. Sie haben da einfach ein bisschen zusammen über ihre Frauen geplaudert.
Sympathisch!
Ja, mir passierte genau dasselbe in der Toilette des Hotels Baur au Lac in Zürich: Beim Pinkeln traf ich da auf Nicolas Sarkozy. Eine Minute lang verband uns das gleiche Ziel! Zum Händeschütteln kams jedoch nicht.
Wie geht eigentlich das klassische Klischee über Australier?
Dass wir alle viel Bier trinken. Wobei das ja auch stimmt! Gut, wir trinken nicht so viel wie die Iren. Die Australier fangen morgens an zu trinken, in Irland hören sie gar nie auf. Nur: Bei uns in Australien ist es häufig sehr heiss, wir haben allen Grund zu trinken (lacht).
Im Zug der allgemeinen Gesundheitswelle wird sicher auch in Australien weniger getrunken.
Ach was. Wer Sport macht, schwitzt mehr und kann sich deshalb erlauben, mehr zu trinken (lacht).
Zurück in die Schweiz: Was gefällt Ihnen hier am besten?
Das Angebot an Freizeitaktivitäten. Zumindest für jemanden wie mich, der viel Sport treibt, ist das Land ein Eldorado: Wandern, Skifahren, Biken usw. Die Schweiz ist quasi ein grosser Freizeitspark.
Und was gefällt Ihnen gar nicht?
Die langen Winter. Ich wohne im Kanton Zug, da liegt häufig Nebel, nach dem Winter habe ich oft den Eindruck, ich hätte Moos auf dem Rücken.
Sie neigen zu Winterdepressionen?
Ich würde sagen: Borderline! Im Ernst: Manchmal geht mir das hiesige Winterklima an den Kragen. Da hilft wirklich nur noch viel Sport.
Sie erwähnten, dass Sie sich in Australien verhalten hätten wie ein Schweizer. Welche anderen heimischen Eigenschaften haben Sie sonst noch angenommen?
Ich habe ein bisschen Schwierigkeiten mit Pünktlichkeit: Als ich in Australien aber mit Freunden um 2 Uhr morgens in einem Pub abgemacht hatte, war ich, ganz Schweizer, schon um viertel vor 2 da. Die anderen kamen dann allerdings erst um 4 Uhr.
Oje. Viertel vor 2 ist aber auch überpünktlich.
In der Schweiz ist es doch so: Wenn du fünf Minuten zu früh bist, bist du immer noch zehn Minuten zu spät.
Rob Spence tritt am 20. April im Bierhübeli in Bern auf.
Yves Schott