Das 30-Jahr-Jubiläum mit dem Satirehit «Zweierleier» war Birgit Steinegger (69) und Walter Andreas Müller (72) beim damaligen Radio DRS 1 vergönnt. Ihr Parodie- und Persiflage-Kracher, der auch am TV trotz Erfolg ein jähes Ende fand, ging noch auf Abschiedstournee. Jetzt geben die beiden Schauspieler ein einmaliges Zweier-Mini-Revival im Theater Käfigturm in Bern.
Sie wirken wie ein Ehepaar, das sich in mehr als 30 Jahren noch immer viel zu sagen hat und hin und wieder liebevoll neckt. Das zeigt sich beim Gespräch und anschliessenden Shooting, bei dem Walter Andreas Müller wie ein Wiesel durch die Zuschauerreihen flitzt und das Fotosujet bestimmt. Birgits Ansage «Ich bring ihn um, morgen bringe ich ihn um», wird von schallendem Lachen begleitet. Das Bild, das dann entsteht, spricht Bände. Hier haben sich zwei vom gleichen komö- diantischen Schlag gefunden und jeder ist eine Klasse für sich.
Bärnerbär: Wer von Euch erinnert sich noch an den allerersten Tag 1984 im Sendestudio?
Birgit: Das war im Radiostudio in Zürich, wir haben uns in der Kantine getroffen. Welche Ehre, als junge Schauspieler das Erbe von Ruedi Walter und Margrit Rainer, die mit «Spalebärg 77a» für Furore sorgten, übernehmen zu dürfen! WAM: Stimmt, das damalige Radiostudio war im Brunnenhof.
Ihr kanntet Euch bereits zuvor
WAM: Oh ja. Wir waren auch in der Vorläufer-Satiresendung «Faktenordner» zu hören, wo Birgit und ich als Gäste Sketche interpretierten. Birgit: Das war damals noch nicht so politisch wie später in «Zweierleier».
Wer gab den Startschuss?
Birgit: «Zweierleier» verdanken wir Edith Bussmann, der damaligen Chefin Unterhaltung und Jürg Kauer. Sie haben die Sendung erfunden. WAM: Birgit und ich sind sozusagen vom Radio verheiratet worden. Gemeinsame Auftritte in Theaterstücken und am Fernsehen kamen erst später.
In Schwänken à la Jörg Schneider?
WAM: Wir haben nur «seriöse» Sachen gemacht (lacht). Dazu gehörten unsere berühmt-berüchtigten LoriotSketche auf der Bühne oder die Heimat-Persiflage «Holzers Peepshow». Birgit: Ich mochte die Schwänke mit Jörg Schneider, Ruedi Walter und Margrit Rainer, ich bin aber nur in einem einzigen Schwank aufgetreten.
Hat es von Anfang an «gefunkt» zwischen Euch beiden?
Birgit: Sehr sogar (lacht). Die Zusammenarbeit mit WAM war über all die Jahre optimal. Es war ein ständiges Nehmen und Geben und das hat immer funktioniert. Das hängt sicher auch damit zusammen, dass wir beide ähnliche Begabungen haben.
Die da wären?
Birgit: Die Liebe zur Sprache, zu den vielen Dialekten in der Schweiz, parodistisches Talent, Wandlungsfä- higkeit und eine grosse Musikalität. Das hat uns stets verbunden, es hätte nicht besser sein können. WAM: Wir haben in der Tat die gleiche Wellenlänge, das hat sich im Laufe der Jahre noch entwickelt und sensibilisiert. Wir kamen uns buchstäblich immer näher. Birgit: Freundschaftlich (lacht). WAM: (zu Birgit) Ich verdanke dir, dass ich im hohen Alter noch angefangen habe Golf zu spielen.
Golft Ihr auch zusammen?
WAM: (zu Birgit) Noch nicht, vielleicht würden wir auf dem Golfplatz zum ersten Mal Krach kriegen.
«Vielleicht würden wir auf dem Golfplatz den ersten Krach kriegen»
Gab es nie Streit in der langen Zeit?
Birgit: Nein, wirklich nie. Wir hatten Auseinandersetzungen und sind uns auch auf den Wecker gegangen. Es waren aber stets konstruktive «Krächer». WAM: Wir ergänzen uns einfach gut. Birgit ist der intellektuelle Teil, ich bin der Bauchteil. Sie ist jemand, der enorm gut analysiert und mit feinem Gespür ans Werk geht. Ich bin der Hals-über-Kopf-Typ. Birgit: Es gab keinen Tag, an dem ich mich nicht auf eine Produktion mit WAM und dem Team gefreut hätte und das ist auch heute noch der Fall.
Wer hatte die Idee für die zwei «Zweierleier»-Supplements im Käfigturm?
Birgit: Das war Theaterleiter Adrian Morgenegg. Ich war sofort begeistert.
Nach dem abrupten Ende 2012, nach 672 Sendungen und 28 Jahren, wart ihr beide noch auf Bühnen-Tournee in der Schweiz und habt dann im 2013 ganz Schluss mit dem Satireprogramm gemacht.
Birgit: Der letzte Auftritt war im Schadau-Saal in Thun, wir spielten vor ausverkauftem Haus. Die Tournee war ein Riesenerfolg und wir spürten, dass da noch viel brachliegt. WAM: Im Publikum gab es eine ungeheure Liebe und Akzeptanz. Das rührte auch von den TV-Auftritten her, die wir in «Punkt CH», «Benissimo» und in «Classe politique» hatten.
Warum wagt Ihr jetzt diesen Re-Start?
WAM: Wir hätten die Tournee damals länger spielen können, aber irgendwann hört halt alles einmal auf. Der Gedanke für ein Kurz-Revival ist nun aber einfach zu verlockend. Birgit: Es ist ja auch kein Re-Start (lacht herzhaft). WAM: Man darf vielleicht davon träumen, falls der Erfolg sehr gross sein sollte, dass wir allenfalls sogar wieder eine Tournee … (grinst) Birgit: (Energisch) Psssst! Davon möchte ich lieber nichts wissen. WAM: Nun, es läuft ja sonst sehr viel, wir hätten wohl ein Zeitproblem.
Birgit erobert die Opernbühnen wie kürzlich in einem Donizetti-Opus am Opernhaus Zürich, WAM die Musicalstages wie 2016 als Milliardär Osgood Fielding in «Sugar» bei den Thunerseespielen.
Birgit: Vielleicht waren meine Auftritte in Zürich, bei denen das gesamte Ensemble umjubelt wurde, einfach ein grandioser Abschluss. WAM: Kommenden Herbst trete ich am Stadttheater St. Gallen wieder in einem Musical auf. Ich bin Horace Vandergelder in «Hello Dolly».
«Zweierleier»-Fans fragen sich zu Recht, warum man Euch vor fünf Jahren das 30-Jahr-Jubiläum im 2014 nicht gegönnt hat.
Birgit: Das haben wir uns auch gefragt, wir hätten die «30» sehr gerne erfüllt. Aber jede Sendung hat auch ihr Verfalldatum. WAM: Wir verstehen gut, dass man nach 28 Jahren etwas Neues sucht. Was uns schliesslich «möge het»: Man liess «Zweierleier» auslaufen und hatte gar keinen Ersatz. Birgit: Man hat uns abgesetzt! WAM: Stimmt. Das wiederholte sich bei den «Zweierleier»-Sketchen für «Benissimo», wo man uns aus den letzten beiden Sendungen herausgeschnitten hat und auch bei der Satiresendung «Classe politique», wo plötzlich Schluss war. Birgit: Wir möchten betonen, dass wir vor allem sehr dankbar sind. Es ist nicht vielen Schauspielern vergönnt, eine so lange Karriere beim Radio und TV machen zu dürfen.
Also keine Ressentiments.
Birgit: Nein, es schmerzt im Moment.
Wen habt Ihr am liebsten parodiert?
Birgit: Bei WAM ist das ja völlig klar, schau ihn an (lacht und zeigt auf ihn). WAM: (rückt die Brille zurecht und imitiert Christoph Blocher). Das ist schon viele Jahre der Chrischdoph. Ich habe Mal spasseshalber gesagt, dass ich mit meinen unzähligen Blocher-Parodien am TV, Radio und an Galas mein Einfamilienhäuschen finanziert habe (lacht). Birgit: (imitiert die jeweilige Stimme) Bei mir sind es Micheline Calmy-Rey,
«Es ist nicht vielen Schauspielern vergönnt, eine so lange Karriere beim Radio und TV machen zu dürfen»
Ruth Dreifuss und Carla del Ponte. Anita Fetz möchte ich liebend gerne wieder einmal parodieren. Sie hat stets sympathisch reagiert. Oder Doris Leuthard und Angela Merkel. Bei den Jüngeren ist es Christa Rigozzi oder Magdalena Martullo Blocher. WAM: Ich würde gerne Alain Berset parodieren, wenn er spricht, stürzt er auf eine spezielle Weise seine Lippen und lispelt ein wenig. Hier wird es alterstechnisch schwierig, das nimmt mir niemand mehr ab.
Blicken wir eher in die Vergangenheit?
WAM: Wir machen ein Best-of-Programm und bringen vor allem die Sketche von damals. Radio fürs Ohr. Birgit: Du meinst Radio fürs Auge! WAM: Stimmt, fast alles von damals, aber auch Nummern mit aktuellem Bezug. Man darf dreimal raten.
Dann ist es die No-Billag-Initiative, über die wir am 4. März abstimmen.
Birgit: Bingo, diese Nummer ist wichtig und wird neu geschrieben. Es sind sogar spezielle Parodien vorgesehen.
Wenn nun «Zweierleier» am Radio weiterginge, wo das Alter, das man Euch nicht ansieht, kein Problem wäre?
Birgit: Danke für die Blumen. Aber klar, ich wäre sofort dabei und hätte keine Mühe, solange wir beide gesund bleiben. WAM: Das Radio erwiese sich in der Tat als dankbares Medium. Wir könnten auch einen Teenager parodieren, ohne dabei die Maskenbildnerin in den Wahnsinn treiben zu müssen. Ich bin ja einiges älter als Birgit (schielt schelmisch zu Birgit). Birgit: Man muss aber auch den Jungen die Gelegenheit geben, wir beide sind nicht die Allein-Seligmachenden. Im Schauspiel ist es wieder anders, dort fehlen mitunter die Alten auf der Bühne.
Gilt es das Ritual mit der Torte noch?
Birgit: Siiicher! Es gab in den vielen Jahren «Zweierleier» immer eine Torte fürs Team, das hat sich so eingespielt. Ich habe etwas Süsses aus Bern gebracht, WAM aus Zürich. Wir haben uns in der Zeit durch alle Konditoreien genascht. Peter Wäch