«Das Jagen habe ich offenbar in den Genen!»

Am 1. Oktober erklingt für die Jäger das «Halali» zur Hebstjagd. Dann ist auch BDP-Nationalrat Lorenz Hess (56) bis Mitte November für rund 18 Tage auf der Pirsch und erlegt vor allem Rehe, um nicht zuletzt auch die Wildsaison einzuläuten. Wir haben den Unternehmer und Politiker im Bundeshaus getroffen und ihm zu seiner Passion als Jäger im Kanton Bern ein paar Fragen gestellt.  

Bärnerbär: Sie sind schon als Kind mit dem Vater durch die Wälder gestreift. War er auch Jäger?

Lorenz Hess: Ja und der Grossvater ebenso. Offenbar habe ich dieses Gen im Blut. Als ich in der Jugend oft mit meinem Vater draussen war, bekam ich alles von Grund auf mit. Das war sehr eindrücklich.

Erhöht die Abgeschiedenheit in der Natur auch die Aufmerksamkeit?

Wenn man im Geschäftsleben und in der Politik wirkt, ist diese Tätigkeit einer der grössten Brüche, die man im positiven Sinn machen kann. Nebst der Natur und der Ruhe aktiviert man auch jene Sinne, die man oft vernachlässigt. Was sagt mir der Wind, wie muss ich ein Gelände beurteilen, wie bewege ich mich möglichst leise fort? Es ist fast wie beim «Indianerle» als Kind.

Seit wann sind Sie Jäger?

Seit ich laufen kann bin ich bei der Jagd dabei. Aufgrund meiner beruflichen Entwicklung habe ich die zweijährige Ausbildung und die Prüfung erst mit 40 absolviert.

Im Kanton Bern gibt es die Patentjagd. Was heisst das genau?

Das bedeutet, dass alle, die die Jagdprüfung gemacht haben, jedes Jahr das Patent lösen können und dann grundsätzlich im ganzen Kanton jagen dürfen. Schweizweit ist das Verhältnis geteilt. Rund die Hälfte der Kantone kennt das Reviersystem. Dort wird das Jagdrecht nur für gewisse Gebiete gepachtet.

Ist Bern ein Paradies für Jäger?

Durchaus. Ich kann in den Bergen auf die Hochjagd, wo wir nach Hirschen und Gämsen Ausschau halten. Im Oktober und November bin ich im Mittelland auf der Rehjagd. Im Seeland und im Berner Jura geht es auf die Wildsaujagd. Aber natürlich gibt es klare Vorschriften, wann welches Wild erlegt werden darf. Man kann nicht einfach rausgehen und wahllos schiessen.

Es gibt Leute, die behaupten: «Jeder, der Fleisch isst, sollte im Leben ein Tier getötet haben.» Richtig?

Ich verstehe alle, die das nicht können. Man muss sich als Jäger stets bewusst sein, dass man ein Tier tötet. Das ist ein spezieller Moment. Wäre ich derart abgestumpft, dass mich das nicht mehr berührt, müsste ich aufhören. Für mich ist es die grösste Verpflichtung, dass der Abschuss so perfekt wie möglich und ohne Folgen für das Tier ist. Darum legen wir höchsten Wert auf die Schiessausbildung. Ich verstehe hingegen die Menschen nicht, die gegen die Jagd sind und gleichzeitig Fleisch essen oder Lederschuhe anziehen.

Wieviel Zeit wenden Sie fürs Amt auf? 

Es ist kein Hobby, sondern eine Leidenschaft. Allein die Vorbereitung und das Schiesstraining brauchen Zeit. Ich arbeite mit meinen drei Jagdterriern Oskar, Viktor und Carlo. Da ich in noch in einer Jagdhorn-Bläsergruppe spiele und auch Verbandspräsident bin, ist der Aufwand grösser. Nebst Sport ist die Tätigkeit als Jäger die primäre Freizeitbetätigung. Der grösste Teil meiner Ferien bilden die Jagdtage im Herbst und im Winter.

Das bedeutet sicher Übernachten. 

Auf der Hochjagd ist es idealer, wenn man eine Hütte zur Verfügung hat. Das Wetter kann schnell ändern. Für die Rehjagd gehen wir in der Regel zu fünft und mit den Stöberhunden auf die Pirsch. Es übernachtet aber keiner von uns im Bantiger oder Gurnigel im Wald.

Kommt die Familie nicht zu kurz? 

(Lacht). Meine Familie ist sehr eingebunden, denn meine Frau jagt selber. Der Anteil an Frauen, die jagen, steigt jedes Jahr. Und sie sind keineswegs die schlechteren Jäger als Männer. Unsere drei Töchter sind schon früh und gerne mitgekommen. Sie haben ein unverkrampftes Verhältnis zur Jagd. Es schadet nicht, wenn Kinder sehen, woher das Fleisch kommt.

Gibt es auch Parlamentarier, die Sie auf das «Halali» ansprechen?

Die es wissen, durchaus. Freunde und Bekannte fragen konkret, ob sie etwa Wildfleisch beziehen können.

Wenn Sie es nicht selber zu Hause zubereiten, oder?

Wir essen tatsächlich viel Wild, das ist bestes Biofleisch. Das Talent zum Kochen hat eindeutig meine Frau.

Welches Wildgericht mundet Ihnen?

Ich liebe ein gutes Stück von der Gämse. Viele Leute haben Mühe, weil das Tier der Ziege gleicht. Aber die Gämse verbringt das ganze Jahr auf der Alp und isst die besten Kräuter.

Werden sie als öffentliche Person von Tierschützern angegangen?

Klar werde ich konfrontiert. Ich stelle jedoch fest, dass wir durchaus auch mit Pro Natura und dem Tierschutz zusammenarbeiten können. Ich darf mit gutem Wissen behaupten: Unsere Tiere sind glückliche Biotiere, bis zu dem Moment, wo der Schuss fällt. Peter Wäch

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